Wunder sei; ein Violinvirtuose, wie es noch nie und nirgend einen gegeben, der dem Zuhörer Thränen in's Auge zu holen verstehe, und wenn er sie mit seinem Geigenbogen aus den Schuhsohlen heraufpumpen solle.
Hört auf, sagte Einer, haltet uns nicht für Nar- ren. Wer ein solcher Meister wäre auf vier Saiten, wie Jhr den jungen Herren schildert, der brauchte nicht Kameele zu führen von Pisa in's Land der Barbaren. Zuletzt wollt Jhr uns glauben machen, er übertreffe den Paganini!
"Was wißt Jhr von Paganini, guter Freund?" schrie Anton, der lebhaft emporsprang. "Habt Jhr ihn jemals gehört? O ich bitte, erzählt mir von ihm."
Natürlich hab' ich ihn gehört und werd' ihn heute wieder hören; und wenn Jhr Lust habt, ihn auch zu hören, so säubert Euer Gewand, legt reine Wäsche an, kämmt und glättet eure schönen Locken, dann geht mit mir zur Stadt, wo heute Abend im großen Opern- hause Nicolo Paganini ein Konzert giebt.
"Corpo di Dio, ich bin auch dabei," sagte Gero- nimo.
Anton stürzte nach dem Stall, um zwischen drei Kameelen Toilette zu machen.
Wunder ſei; ein Violinvirtuoſe, wie es noch nie und nirgend einen gegeben, der dem Zuhoͤrer Thraͤnen in’s Auge zu holen verſtehe, und wenn er ſie mit ſeinem Geigenbogen aus den Schuhſohlen heraufpumpen ſolle.
Hoͤrt auf, ſagte Einer, haltet uns nicht fuͤr Nar- ren. Wer ein ſolcher Meiſter waͤre auf vier Saiten, wie Jhr den jungen Herren ſchildert, der brauchte nicht Kameele zu fuͤhren von Piſa in’s Land der Barbaren. Zuletzt wollt Jhr uns glauben machen, er uͤbertreffe den Paganini!
„Was wißt Jhr von Paganini, guter Freund?“ ſchrie Anton, der lebhaft emporſprang. „Habt Jhr ihn jemals gehoͤrt? O ich bitte, erzaͤhlt mir von ihm.“
Natuͤrlich hab’ ich ihn gehoͤrt und werd’ ihn heute wieder hoͤren; und wenn Jhr Luſt habt, ihn auch zu hoͤren, ſo ſaͤubert Euer Gewand, legt reine Waͤſche an, kaͤmmt und glaͤttet eure ſchoͤnen Locken, dann geht mit mir zur Stadt, wo heute Abend im großen Opern- hauſe Nicolo Paganini ein Konzert giebt.
„Corpo di Dio, ich bin auch dabei,“ ſagte Gero- nimo.
Anton ſtuͤrzte nach dem Stall, um zwiſchen drei Kameelen Toilette zu machen.
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Wunder ſei; ein Violinvirtuoſe, wie es noch nie und
nirgend einen gegeben, der dem Zuhoͤrer Thraͤnen in’s
Auge zu holen verſtehe, und wenn er ſie mit ſeinem
Geigenbogen aus den Schuhſohlen heraufpumpen
ſolle.
Hoͤrt auf, ſagte Einer, haltet uns nicht fuͤr Nar-
ren. Wer ein ſolcher Meiſter waͤre auf vier Saiten,
wie Jhr den jungen Herren ſchildert, der brauchte nicht
Kameele zu fuͤhren von Piſa in’s Land der Barbaren.
Zuletzt wollt Jhr uns glauben machen, er uͤbertreffe
den Paganini!
„Was wißt Jhr von Paganini, guter Freund?“
ſchrie Anton, der lebhaft emporſprang. „Habt Jhr
ihn jemals gehoͤrt? O ich bitte, erzaͤhlt mir von ihm.“
Natuͤrlich hab’ ich ihn gehoͤrt und werd’ ihn heute
wieder hoͤren; und wenn Jhr Luſt habt, ihn auch zu
hoͤren, ſo ſaͤubert Euer Gewand, legt reine Waͤſche an,
kaͤmmt und glaͤttet eure ſchoͤnen Locken, dann geht
mit mir zur Stadt, wo heute Abend im großen Opern-
hauſe Nicolo Paganini ein Konzert giebt.
„Corpo di Dio, ich bin auch dabei,“ ſagte Gero-
nimo.
Anton ſtuͤrzte nach dem Stall, um zwiſchen drei
Kameelen Toilette zu machen.
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/76>, abgerufen am 26.07.2024.
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