jedes Wort aus meinem Munde, wenn es Sie preisen wollte, müßte albern klingen.
Der Fremde bot ihm das Jnstrument dar und forderte ihn auf, sich nun auch zu zeigen?
Das kann nur ihr Scherz sein. Jch stehe vor Jhnen, wie ich einmal vor einem großen Schauspieler stand. Was der mir sagte mit scharfen eindringlichen Lehren und Worten, mich zurückzuweisen von jener Pforte an die meine Keckheit voreilig pochte, -- Sie haben mir's heute in Tönen gesagt. Meine Geige hat Feiertage von nun an. Wenigstens will ich mich nicht mehr vermessen, anders aufzuspielen, als zum Tanze, -- oder bei Nacht, wenn Alles schläft und ich mich allein höre --
"Und nur ein Freund wacht, gegenüber, der Ant- wort giebt?" sprach der Künstler mit liebenswürdiger Herzlichkeit.
Anton näherte sich einem Tische worauf Musika- lien, andere Papiere, Visitenkarten lagen und eine der letzteren ergreifend, fragte er: darf ich? Er nahm sie und las: Charles Lipinski.
Lipinski! Nun, ich will diesen Namen in meinem Herzen tragen: er soll darin eingegraben stehen neben dem Namen: Ludwig Devrient. Sagen Sie mir --
jedes Wort aus meinem Munde, wenn es Sie preiſen wollte, muͤßte albern klingen.
Der Fremde bot ihm das Jnſtrument dar und forderte ihn auf, ſich nun auch zu zeigen?
Das kann nur ihr Scherz ſein. Jch ſtehe vor Jhnen, wie ich einmal vor einem großen Schauſpieler ſtand. Was der mir ſagte mit ſcharfen eindringlichen Lehren und Worten, mich zuruͤckzuweiſen von jener Pforte an die meine Keckheit voreilig pochte, — Sie haben mir’s heute in Toͤnen geſagt. Meine Geige hat Feiertage von nun an. Wenigſtens will ich mich nicht mehr vermeſſen, anders aufzuſpielen, als zum Tanze, — oder bei Nacht, wenn Alles ſchlaͤft und ich mich allein hoͤre —
„Und nur ein Freund wacht, gegenuͤber, der Ant- wort giebt?“ ſprach der Kuͤnſtler mit liebenswuͤrdiger Herzlichkeit.
Anton naͤherte ſich einem Tiſche worauf Muſika- lien, andere Papiere, Viſitenkarten lagen und eine der letzteren ergreifend, fragte er: darf ich? Er nahm ſie und las: Charles Lipinski.
Lipinski! Nun, ich will dieſen Namen in meinem Herzen tragen: er ſoll darin eingegraben ſtehen neben dem Namen: Ludwig Devrient. Sagen Sie mir —
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jedes Wort aus meinem Munde, wenn es Sie preiſen
wollte, muͤßte albern klingen.
Der Fremde bot ihm das Jnſtrument dar und
forderte ihn auf, ſich nun auch zu zeigen?
Das kann nur ihr Scherz ſein. Jch ſtehe vor
Jhnen, wie ich einmal vor einem großen Schauſpieler
ſtand. Was der mir ſagte mit ſcharfen eindringlichen
Lehren und Worten, mich zuruͤckzuweiſen von jener
Pforte an die meine Keckheit voreilig pochte, — Sie
haben mir’s heute in Toͤnen geſagt. Meine Geige
hat Feiertage von nun an. Wenigſtens will ich mich
nicht mehr vermeſſen, anders aufzuſpielen, als zum
Tanze, — oder bei Nacht, wenn Alles ſchlaͤft und ich
mich allein hoͤre —
„Und nur ein Freund wacht, gegenuͤber, der Ant-
wort giebt?“ ſprach der Kuͤnſtler mit liebenswuͤrdiger
Herzlichkeit.
Anton naͤherte ſich einem Tiſche worauf Muſika-
lien, andere Papiere, Viſitenkarten lagen und eine
der letzteren ergreifend, fragte er: darf ich? Er nahm
ſie und las: Charles Lipinski.
Lipinski! Nun, ich will dieſen Namen in meinem
Herzen tragen: er ſoll darin eingegraben ſtehen neben
dem Namen: Ludwig Devrient. Sagen Sie mir —
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/67>, abgerufen am 26.07.2024.
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