mögen dem Menschen noch so fern liegen, unmöglich doch kann es ohne Wirkung bleibe[n a]uf einen ver- waiseten Jüngling von lebhaftem Geiste, wenn man ihm zuruft: Du warst ein Bettler ohne Hoffnung, ich mache Dich zum wohlhabenden Manne! Nehmen wir an, -- was ich in seine Seele und sein Gemüth hinein anzunehmen berechtiget bin, -- es würde ihn für den Augenblick mehr geschmerzt, als beglückt haben, Theodor zu beerben, zu dem er sich jetzt hinge- zogen fühlte, so dürfen wir doch daneben annehmen, daß die Aussicht, in seinem unvergeßlichen Liebenau, als Freund und Adoptivbruder des Gutsherrn einzu- ziehen, zu wohnen, wirken zu helfen, ihn beseeligen mußte. Meine lieben Wälder werd' ich begrüßen, das Grab meiner Alten, unser Häuschen, ...... dacht' er. O Gott, woran dachte Anton nicht, da er an die Heimath dachte!? "Mag Theodor genesen! Mag ich erst nach vielen Jahren die heimathlichen Fluren ererben, die er mir bestimmt; mag er mich meinetwegen überleben! Liebenau gehört ja schon mir, ist schon mein Eigenthum, wenn ich nur vor- wurfsfrei und ohne Sorgen dort athmen darf."
Lange stritten diese freundlichen Bilder mit seiner
moͤgen dem Menſchen noch ſo fern liegen, unmoͤglich doch kann es ohne Wirkung bleibe[n a]uf einen ver- waiſeten Juͤngling von lebhaftem Geiſte, wenn man ihm zuruft: Du warſt ein Bettler ohne Hoffnung, ich mache Dich zum wohlhabenden Manne! Nehmen wir an, — was ich in ſeine Seele und ſein Gemuͤth hinein anzunehmen berechtiget bin, — es wuͤrde ihn fuͤr den Augenblick mehr geſchmerzt, als begluͤckt haben, Theodor zu beerben, zu dem er ſich jetzt hinge- zogen fuͤhlte, ſo duͤrfen wir doch daneben annehmen, daß die Ausſicht, in ſeinem unvergeßlichen Liebenau, als Freund und Adoptivbruder des Gutsherrn einzu- ziehen, zu wohnen, wirken zu helfen, ihn beſeeligen mußte. Meine lieben Waͤlder werd’ ich begruͤßen, das Grab meiner Alten, unſer Haͤuschen, ...... dacht’ er. O Gott, woran dachte Anton nicht, da er an die Heimath dachte!? „Mag Theodor geneſen! Mag ich erſt nach vielen Jahren die heimathlichen Fluren ererben, die er mir beſtimmt; mag er mich meinetwegen uͤberleben! Liebenau gehoͤrt ja ſchon mir, iſt ſchon mein Eigenthum, wenn ich nur vor- wurfsfrei und ohne Sorgen dort athmen darf.“
Lange ſtritten dieſe freundlichen Bilder mit ſeiner
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moͤgen dem Menſchen noch ſo fern liegen, unmoͤglich
doch kann es ohne Wirkung bleiben auf einen ver-
waiſeten Juͤngling von lebhaftem Geiſte, wenn man
ihm zuruft: Du warſt ein Bettler ohne Hoffnung,
ich mache Dich zum wohlhabenden Manne! Nehmen
wir an, — was ich in ſeine Seele und ſein Gemuͤth
hinein anzunehmen berechtiget bin, — es wuͤrde ihn
fuͤr den Augenblick mehr geſchmerzt, als begluͤckt
haben, Theodor zu beerben, zu dem er ſich jetzt hinge-
zogen fuͤhlte, ſo duͤrfen wir doch daneben annehmen,
daß die Ausſicht, in ſeinem unvergeßlichen Liebenau,
als Freund und Adoptivbruder des Gutsherrn einzu-
ziehen, zu wohnen, wirken zu helfen, ihn beſeeligen
mußte. Meine lieben Waͤlder werd’ ich begruͤßen,
das Grab meiner Alten, unſer Haͤuschen, ......
dacht’ er. O Gott, woran dachte Anton nicht, da
er an die Heimath dachte!? „Mag Theodor geneſen!
Mag ich erſt nach vielen Jahren die heimathlichen
Fluren ererben, die er mir beſtimmt; mag er mich
meinetwegen uͤberleben! Liebenau gehoͤrt ja ſchon
mir, iſt ſchon mein Eigenthum, wenn ich nur vor-
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/54>, abgerufen am 27.11.2024.
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