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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.

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gültigen Menschen, der kalt, hochmüthig, lieblos auf
Sie herab sah. Jch selbst bin weit sträflicher, denn
ich habe unendlich größeren Frevel an mir begangen,
habe mich selbst zerstört, und blieb dabei der Betro-
gene, Verhöhnte, während Sie geliebt wurden. Sie
sind also eher zu entschuldigen als ich. Lassen Sie
uns Freunde sein. Wir müssen es werden; wir sind
es eigentlich schon. Eben weil wir so wüthende
Feinde waren, weil unsere Feindschaft entsprang aus
einer Leidenschaft für ein Wesen dämonischer Gat-
tung; weil wir an einem Tage das schmähliche
Joch los geworden sind, in einer und derselben
Stunde.

Bleiben Sie bei mir. Sie stehen allein in der
Welt, im Leben. Jch gehe dem Tode entgegen und
bin auch allein. Harren Sie bei mir aus, bis ich
sterbe. Sie sollen mein Erbe sein! Und rette ich aus
der großen Hinterlassenschaft, die ein zärtlicher, --
ach, allzuzärtlicher! -- Vater mir hinterließ, nichts
als Jhr Heimathdorf, unser Liebenau, so ist das für
Sie, der gar nichts besitzt, sehr viel. Das soll Jhr
Eigenthum werden, wenn Sie mich bis zu meinem
Tode nicht mehr verlassen wollen. Gott hat uns
hier zusammengeführt, daß meine Leiden durch Jhre

guͤltigen Menſchen, der kalt, hochmuͤthig, lieblos auf
Sie herab ſah. Jch ſelbſt bin weit ſtraͤflicher, denn
ich habe unendlich groͤßeren Frevel an mir begangen,
habe mich ſelbſt zerſtoͤrt, und blieb dabei der Betro-
gene, Verhoͤhnte, waͤhrend Sie geliebt wurden. Sie
ſind alſo eher zu entſchuldigen als ich. Laſſen Sie
uns Freunde ſein. Wir muͤſſen es werden; wir ſind
es eigentlich ſchon. Eben weil wir ſo wuͤthende
Feinde waren, weil unſere Feindſchaft entſprang aus
einer Leidenſchaft fuͤr ein Weſen daͤmoniſcher Gat-
tung; weil wir an einem Tage das ſchmaͤhliche
Joch los geworden ſind, in einer und derſelben
Stunde.

Bleiben Sie bei mir. Sie ſtehen allein in der
Welt, im Leben. Jch gehe dem Tode entgegen und
bin auch allein. Harren Sie bei mir aus, bis ich
ſterbe. Sie ſollen mein Erbe ſein! Und rette ich aus
der großen Hinterlaſſenſchaft, die ein zaͤrtlicher, —
ach, allzuzaͤrtlicher! — Vater mir hinterließ, nichts
als Jhr Heimathdorf, unſer Liebenau, ſo iſt das fuͤr
Sie, der gar nichts beſitzt, ſehr viel. Das ſoll Jhr
Eigenthum werden, wenn Sie mich bis zu meinem
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[46/0050] guͤltigen Menſchen, der kalt, hochmuͤthig, lieblos auf Sie herab ſah. Jch ſelbſt bin weit ſtraͤflicher, denn ich habe unendlich groͤßeren Frevel an mir begangen, habe mich ſelbſt zerſtoͤrt, und blieb dabei der Betro- gene, Verhoͤhnte, waͤhrend Sie geliebt wurden. Sie ſind alſo eher zu entſchuldigen als ich. Laſſen Sie uns Freunde ſein. Wir muͤſſen es werden; wir ſind es eigentlich ſchon. Eben weil wir ſo wuͤthende Feinde waren, weil unſere Feindſchaft entſprang aus einer Leidenſchaft fuͤr ein Weſen daͤmoniſcher Gat- tung; weil wir an einem Tage das ſchmaͤhliche Joch los geworden ſind, in einer und derſelben Stunde. Bleiben Sie bei mir. Sie ſtehen allein in der Welt, im Leben. Jch gehe dem Tode entgegen und bin auch allein. Harren Sie bei mir aus, bis ich ſterbe. Sie ſollen mein Erbe ſein! Und rette ich aus der großen Hinterlaſſenſchaft, die ein zaͤrtlicher, — ach, allzuzaͤrtlicher! — Vater mir hinterließ, nichts als Jhr Heimathdorf, unſer Liebenau, ſo iſt das fuͤr Sie, der gar nichts beſitzt, ſehr viel. Das ſoll Jhr Eigenthum werden, wenn Sie mich bis zu meinem Tode nicht mehr verlaſſen wollen. Gott hat uns hier zuſammengefuͤhrt, daß meine Leiden durch Jhre

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/50>, abgerufen am 27.11.2024.