Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

andern Künstlern die Lorbeerkronen) -- und die es
mit großer Geschicklichkeit in der Luft auffing.

Jean näherte sich Anton und sagte ihm leise:
Zara ist ein braver Bursche und ich bin ihm recht gut;
aber gestehen Sie selbst, Herr Antoine, ob ein solcher
Verkehr mit einem quasi-Fische nicht die Menschheit
entwürdiget? Jch bemitleide meinen Freund. Frei-
lich wohl, nicht alle Menschen können bei einem Rhi-
nozeros angestellt sein, denn es giebt zu viele Men-
schen, die Lebensunterhalt suchen und im Verhältniß
viel zu wenig Rhinozerosse; auch müssen Unterschiede
auf Erden statt finden; ich begreife das .... Doch
dieser Unterschied ist zu groß: er stört die Freund-
schaft. Ein Fisch! -- es ist entsetzlich. Addio, Zara,
rief er mitleidsvoll; und: gute Reise, Herr Antoine!
Dann schritt Jean seines Weges, so stolz, als -- --
als ob er selbst ein Rhinozeros wäre.



Der Mönchsrobbe in Schilf-Decken gehüllt lag
in seinem Reise-Cubiculum; der Knecht, eine Art
Caliban, neben ihm. Zara mit Anton saßen auf dem
Verdeck des seltsam konstruirten Wagens. So roll-
ten sie, von gewechselten Pferden befördert, rasch

andern Kuͤnſtlern die Lorbeerkronen) — und die es
mit großer Geſchicklichkeit in der Luft auffing.

Jean naͤherte ſich Anton und ſagte ihm leiſe:
Zara iſt ein braver Burſche und ich bin ihm recht gut;
aber geſtehen Sie ſelbſt, Herr Antoine, ob ein ſolcher
Verkehr mit einem quasi-Fiſche nicht die Menſchheit
entwuͤrdiget? Jch bemitleide meinen Freund. Frei-
lich wohl, nicht alle Menſchen koͤnnen bei einem Rhi-
nozeros angeſtellt ſein, denn es giebt zu viele Men-
ſchen, die Lebensunterhalt ſuchen und im Verhaͤltniß
viel zu wenig Rhinozeroſſe; auch muͤſſen Unterſchiede
auf Erden ſtatt finden; ich begreife das .... Doch
dieſer Unterſchied iſt zu groß: er ſtoͤrt die Freund-
ſchaft. Ein Fiſch! — es iſt entſetzlich. Addio, Zara,
rief er mitleidsvoll; und: gute Reiſe, Herr Antoine!
Dann ſchritt Jean ſeines Weges, ſo ſtolz, als — —
als ob er ſelbſt ein Rhinozeros waͤre.



Der Moͤnchsrobbe in Schilf-Decken gehuͤllt lag
in ſeinem Reiſe-Cubiculum; der Knecht, eine Art
Caliban, neben ihm. Zara mit Anton ſaßen auf dem
Verdeck des ſeltſam konſtruirten Wagens. So roll-
ten ſie, von gewechſelten Pferden befoͤrdert, raſch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0041" n="37"/>
andern Ku&#x0364;n&#x017F;tlern die Lorbeerkronen) &#x2014; und die es<lb/>
mit großer Ge&#x017F;chicklichkeit in der Luft auffing.</p><lb/>
        <p>Jean na&#x0364;herte &#x017F;ich Anton und &#x017F;agte ihm lei&#x017F;e:<lb/>
Zara i&#x017F;t ein braver Bur&#x017F;che und ich bin ihm recht gut;<lb/>
aber ge&#x017F;tehen Sie &#x017F;elb&#x017F;t, Herr Antoine, ob ein &#x017F;olcher<lb/>
Verkehr mit einem <hi rendition="#aq">quasi-</hi>Fi&#x017F;che nicht die Men&#x017F;chheit<lb/>
entwu&#x0364;rdiget? Jch bemitleide meinen Freund. Frei-<lb/>
lich wohl, nicht alle Men&#x017F;chen ko&#x0364;nnen bei einem Rhi-<lb/>
nozeros ange&#x017F;tellt &#x017F;ein, denn es giebt zu viele Men-<lb/>
&#x017F;chen, die Lebensunterhalt &#x017F;uchen und im Verha&#x0364;ltniß<lb/>
viel zu wenig Rhinozero&#x017F;&#x017F;e; auch mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Unter&#x017F;chiede<lb/>
auf Erden &#x017F;tatt finden; ich begreife das .... Doch<lb/><hi rendition="#g">die&#x017F;er</hi> Unter&#x017F;chied i&#x017F;t zu groß: er &#x017F;to&#x0364;rt die Freund-<lb/>
&#x017F;chaft. Ein Fi&#x017F;ch! &#x2014; es i&#x017F;t ent&#x017F;etzlich. Addio, Zara,<lb/>
rief er mitleidsvoll; und: gute Rei&#x017F;e, Herr Antoine!<lb/>
Dann &#x017F;chritt Jean &#x017F;eines Weges, &#x017F;o &#x017F;tolz, als &#x2014; &#x2014;<lb/>
als ob er &#x017F;elb&#x017F;t ein Rhinozeros wa&#x0364;re.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p>Der Mo&#x0364;nchsrobbe in Schilf-Decken gehu&#x0364;llt lag<lb/>
in &#x017F;einem Rei&#x017F;e-Cubiculum; der Knecht, eine Art<lb/>
Caliban, neben ihm. Zara mit Anton &#x017F;aßen auf dem<lb/>
Verdeck des &#x017F;elt&#x017F;am kon&#x017F;truirten Wagens. So roll-<lb/>
ten &#x017F;ie, von gewech&#x017F;elten Pferden befo&#x0364;rdert, ra&#x017F;ch<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[37/0041] andern Kuͤnſtlern die Lorbeerkronen) — und die es mit großer Geſchicklichkeit in der Luft auffing. Jean naͤherte ſich Anton und ſagte ihm leiſe: Zara iſt ein braver Burſche und ich bin ihm recht gut; aber geſtehen Sie ſelbſt, Herr Antoine, ob ein ſolcher Verkehr mit einem quasi-Fiſche nicht die Menſchheit entwuͤrdiget? Jch bemitleide meinen Freund. Frei- lich wohl, nicht alle Menſchen koͤnnen bei einem Rhi- nozeros angeſtellt ſein, denn es giebt zu viele Men- ſchen, die Lebensunterhalt ſuchen und im Verhaͤltniß viel zu wenig Rhinozeroſſe; auch muͤſſen Unterſchiede auf Erden ſtatt finden; ich begreife das .... Doch dieſer Unterſchied iſt zu groß: er ſtoͤrt die Freund- ſchaft. Ein Fiſch! — es iſt entſetzlich. Addio, Zara, rief er mitleidsvoll; und: gute Reiſe, Herr Antoine! Dann ſchritt Jean ſeines Weges, ſo ſtolz, als — — als ob er ſelbſt ein Rhinozeros waͤre. Der Moͤnchsrobbe in Schilf-Decken gehuͤllt lag in ſeinem Reiſe-Cubiculum; der Knecht, eine Art Caliban, neben ihm. Zara mit Anton ſaßen auf dem Verdeck des ſeltſam konſtruirten Wagens. So roll- ten ſie, von gewechſelten Pferden befoͤrdert, raſch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/41
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/41>, abgerufen am 04.12.2024.