Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Spiel an zwei jugendliche Nachfolger verkauft, die
der neuen Firma "Thomas und Kompagnie" keine
Schande bringen sollten, wie er hoffte; -- Thomas
kehrt nun in das Gebirgsdorf zurück, welches ihn
geboren, um in demselben irgend ein freundliches
Haus zu kaufen, aus dessen Thüre ihm vor fünfund-
dreißig Jahren milde Hände vielleicht ein Stückchen
schwarzen Brotes zugeworfen; Thomas ist entschlos-
sen, die Tochter eines wohlhabenden Nachbarn heim-
zuführen, wobei er die Versicherung ertheilt, die
Schönste im Kirchspiel sei eben gut genug für ihn.

Anton lauschte den Erzählungen des einfachen,
aufrichtigen Mannes, wie einem Evangelium. Er
wußte nicht, was er mehr bewundern sollte an Tho-
mas: ob die glücklichen Erfolge seiner Bemühungen,
ob die Seelenruhe, die in diesen Erfolgen nicht nur
nichts Erstaunliches erblickte, sondern dieselben sogar
für ganz natürlich und billig hinnahm. Solches
Selbstvertrauen, gestützt auf praktische Gewandtheit,
auf Kenntniß der Umgebungen, erschien dem Liebe-
nauer Kinde beneidenswerth. Er fing an, zu ahnen,
daß es Menschen gebe, die mit scharfen Blicken Weg
und Steg zu ihrem Ziele verfolgen, ohne sich irre
machen zu lassen durch Alles, was blüht und fliegt,

Spiel an zwei jugendliche Nachfolger verkauft, die
der neuen Firma „Thomas und Kompagnie“ keine
Schande bringen ſollten, wie er hoffte; — Thomas
kehrt nun in das Gebirgsdorf zuruͤck, welches ihn
geboren, um in demſelben irgend ein freundliches
Haus zu kaufen, aus deſſen Thuͤre ihm vor fuͤnfund-
dreißig Jahren milde Haͤnde vielleicht ein Stuͤckchen
ſchwarzen Brotes zugeworfen; Thomas iſt entſchloſ-
ſen, die Tochter eines wohlhabenden Nachbarn heim-
zufuͤhren, wobei er die Verſicherung ertheilt, die
Schoͤnſte im Kirchſpiel ſei eben gut genug fuͤr ihn.

Anton lauſchte den Erzaͤhlungen des einfachen,
aufrichtigen Mannes, wie einem Evangelium. Er
wußte nicht, was er mehr bewundern ſollte an Tho-
mas: ob die gluͤcklichen Erfolge ſeiner Bemuͤhungen,
ob die Seelenruhe, die in dieſen Erfolgen nicht nur
nichts Erſtaunliches erblickte, ſondern dieſelben ſogar
fuͤr ganz natuͤrlich und billig hinnahm. Solches
Selbſtvertrauen, geſtuͤtzt auf praktiſche Gewandtheit,
auf Kenntniß der Umgebungen, erſchien dem Liebe-
nauer Kinde beneidenswerth. Er fing an, zu ahnen,
daß es Menſchen gebe, die mit ſcharfen Blicken Weg
und Steg zu ihrem Ziele verfolgen, ohne ſich irre
machen zu laſſen durch Alles, was bluͤht und fliegt,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0033" n="29"/>
Spiel an zwei jugendliche Nachfolger verkauft, die<lb/>
der neuen Firma &#x201E;Thomas und Kompagnie&#x201C; keine<lb/>
Schande bringen &#x017F;ollten, wie er hoffte; &#x2014; Thomas<lb/>
kehrt nun in das Gebirgsdorf zuru&#x0364;ck, welches ihn<lb/>
geboren, um in dem&#x017F;elben irgend ein freundliches<lb/>
Haus zu kaufen, aus de&#x017F;&#x017F;en Thu&#x0364;re ihm vor fu&#x0364;nfund-<lb/>
dreißig Jahren milde Ha&#x0364;nde vielleicht ein Stu&#x0364;ckchen<lb/>
&#x017F;chwarzen Brotes zugeworfen; Thomas i&#x017F;t ent&#x017F;chlo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, die Tochter eines wohlhabenden Nachbarn heim-<lb/>
zufu&#x0364;hren, wobei er die Ver&#x017F;icherung ertheilt, die<lb/>
Scho&#x0364;n&#x017F;te im Kirch&#x017F;piel &#x017F;ei eben gut genug fu&#x0364;r ihn.</p><lb/>
        <p>Anton lau&#x017F;chte den Erza&#x0364;hlungen des einfachen,<lb/>
aufrichtigen Mannes, wie einem Evangelium. Er<lb/>
wußte nicht, was er mehr bewundern &#x017F;ollte an Tho-<lb/>
mas: ob die glu&#x0364;cklichen Erfolge &#x017F;einer Bemu&#x0364;hungen,<lb/>
ob die Seelenruhe, die in die&#x017F;en Erfolgen nicht nur<lb/>
nichts Er&#x017F;taunliches erblickte, &#x017F;ondern die&#x017F;elben &#x017F;ogar<lb/>
fu&#x0364;r ganz natu&#x0364;rlich und billig hinnahm. Solches<lb/>
Selb&#x017F;tvertrauen, ge&#x017F;tu&#x0364;tzt auf prakti&#x017F;che Gewandtheit,<lb/>
auf Kenntniß der Umgebungen, er&#x017F;chien dem Liebe-<lb/>
nauer Kinde beneidenswerth. Er fing an, zu ahnen,<lb/>
daß es Men&#x017F;chen gebe, die mit &#x017F;charfen Blicken Weg<lb/>
und Steg zu ihrem Ziele verfolgen, ohne &#x017F;ich irre<lb/>
machen zu la&#x017F;&#x017F;en durch Alles, was blu&#x0364;ht und fliegt,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[29/0033] Spiel an zwei jugendliche Nachfolger verkauft, die der neuen Firma „Thomas und Kompagnie“ keine Schande bringen ſollten, wie er hoffte; — Thomas kehrt nun in das Gebirgsdorf zuruͤck, welches ihn geboren, um in demſelben irgend ein freundliches Haus zu kaufen, aus deſſen Thuͤre ihm vor fuͤnfund- dreißig Jahren milde Haͤnde vielleicht ein Stuͤckchen ſchwarzen Brotes zugeworfen; Thomas iſt entſchloſ- ſen, die Tochter eines wohlhabenden Nachbarn heim- zufuͤhren, wobei er die Verſicherung ertheilt, die Schoͤnſte im Kirchſpiel ſei eben gut genug fuͤr ihn. Anton lauſchte den Erzaͤhlungen des einfachen, aufrichtigen Mannes, wie einem Evangelium. Er wußte nicht, was er mehr bewundern ſollte an Tho- mas: ob die gluͤcklichen Erfolge ſeiner Bemuͤhungen, ob die Seelenruhe, die in dieſen Erfolgen nicht nur nichts Erſtaunliches erblickte, ſondern dieſelben ſogar fuͤr ganz natuͤrlich und billig hinnahm. Solches Selbſtvertrauen, geſtuͤtzt auf praktiſche Gewandtheit, auf Kenntniß der Umgebungen, erſchien dem Liebe- nauer Kinde beneidenswerth. Er fing an, zu ahnen, daß es Menſchen gebe, die mit ſcharfen Blicken Weg und Steg zu ihrem Ziele verfolgen, ohne ſich irre machen zu laſſen durch Alles, was bluͤht und fliegt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/33
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/33>, abgerufen am 04.12.2024.