muß des Mädchens Angedenken bewahrt haben, fester und inniger wie solche Herren sonst das Bild eines leichtsinnigen, oft verachteten Geschöpfes zu bewahren pflegen. Zu seinem Ohre muß die Büßerin glücklich den Weg finden; ihre Bitten werden erhört -- und der Freund ist gerettet. [So] wollt' es der Himmel, dessen Werkzeug ich ward. Jhnen ist nicht bestimmt, in Mangel und Elend unterzugehen. Jhnen ist, so sagt mir die Stimme Gottes, die meine Seele erfüllt, ein glückliches langes Leben beschieden; darum sollen Sie die Schule der Prüfungen durchirren, sollen erfahren und empfinden, was Leiden sind, was Thrä- nen und Kummer gelten, damit Sie einst in Jhrem Wirkungskreise für die Leiden und Thränen Anderer ein mitfühlendes Herz bewahren. Und nun ziehen Sie jetzt, mein guter Freund, in ein neues Land, suchen Sie die verheißene Heimath. Zwar ahnet mir, daß Sie noch fern vom Ziele sind, daß noch traurige Tage Jhrer harren, ... aber auch diese werden über- lebt werden und aus Kämpfen wird der Friede her- vorgehen.
Wir beide finden uns auf Erden nicht mehr. Dies ist das letzte Lebewohl. Mich ruft die Pflicht. Gottes Huld für mich ist unendlich, weil Er mir vergönnt
muß des Maͤdchens Angedenken bewahrt haben, feſter und inniger wie ſolche Herren ſonſt das Bild eines leichtſinnigen, oft verachteten Geſchoͤpfes zu bewahren pflegen. Zu ſeinem Ohre muß die Buͤßerin gluͤcklich den Weg finden; ihre Bitten werden erhoͤrt — und der Freund iſt gerettet. [So] wollt’ es der Himmel, deſſen Werkzeug ich ward. Jhnen iſt nicht beſtimmt, in Mangel und Elend unterzugehen. Jhnen iſt, ſo ſagt mir die Stimme Gottes, die meine Seele erfuͤllt, ein gluͤckliches langes Leben beſchieden; darum ſollen Sie die Schule der Pruͤfungen durchirren, ſollen erfahren und empfinden, was Leiden ſind, was Thraͤ- nen und Kummer gelten, damit Sie einſt in Jhrem Wirkungskreiſe fuͤr die Leiden und Thraͤnen Anderer ein mitfuͤhlendes Herz bewahren. Und nun ziehen Sie jetzt, mein guter Freund, in ein neues Land, ſuchen Sie die verheißene Heimath. Zwar ahnet mir, daß Sie noch fern vom Ziele ſind, daß noch traurige Tage Jhrer harren, ... aber auch dieſe werden uͤber- lebt werden und aus Kaͤmpfen wird der Friede her- vorgehen.
Wir beide finden uns auf Erden nicht mehr. Dies iſt das letzte Lebewohl. Mich ruft die Pflicht. Gottes Huld fuͤr mich iſt unendlich, weil Er mir vergoͤnnt
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muß des Maͤdchens Angedenken bewahrt haben, feſter
und inniger wie ſolche Herren ſonſt das Bild eines
leichtſinnigen, oft verachteten Geſchoͤpfes zu bewahren
pflegen. Zu ſeinem Ohre muß die Buͤßerin gluͤcklich
den Weg finden; ihre Bitten werden erhoͤrt — und
der Freund iſt gerettet. So wollt’ es der Himmel,
deſſen Werkzeug ich ward. Jhnen iſt nicht beſtimmt,
in Mangel und Elend unterzugehen. Jhnen iſt, ſo
ſagt mir die Stimme Gottes, die meine Seele erfuͤllt,
ein gluͤckliches langes Leben beſchieden; darum ſollen
Sie die Schule der Pruͤfungen durchirren, ſollen
erfahren und empfinden, was Leiden ſind, was Thraͤ-
nen und Kummer gelten, damit Sie einſt in Jhrem
Wirkungskreiſe fuͤr die Leiden und Thraͤnen Anderer
ein mitfuͤhlendes Herz bewahren. Und nun ziehen
Sie jetzt, mein guter Freund, in ein neues Land,
ſuchen Sie die verheißene Heimath. Zwar ahnet mir,
daß Sie noch fern vom Ziele ſind, daß noch traurige
Tage Jhrer harren, ... aber auch dieſe werden uͤber-
lebt werden und aus Kaͤmpfen wird der Friede her-
vorgehen.
Wir beide finden uns auf Erden nicht mehr. Dies
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Huld fuͤr mich iſt unendlich, weil Er mir vergoͤnnt
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/29>, abgerufen am 04.12.2024.
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