Die reisende Unternehmung quälte sich mühsam von Ort zu Ort, um bald gänzlich zu zerfallen. Der Jmpresario entfloh bei Nacht und Nebel; ich blieb mit meinen leeren Ansprüchen zurück, ohne Geld, ohne Aussicht, ohne Stütze, krank; ach, schon krank zum Tode.
Da traf sich's, daß der greise Puppenspieler durch seines Gehülfen Perfidie um Weib und Beistand gebracht wurde. Er hausete in demselben traurigen Gasthofe, den ich bewohnte. Seine Verlegenheit, meine Noth fanden sich. Mir blieb die Wahl, aus dem unbezahlten Bodenstübchen geworfen, zu ver- hungern, oder seinen Vorschlag anzunehmen. Jch erwählte das Letztere und gestattete ihm, daß er mich seine Frau nenne, vor den Leuten; gelobte ihm die Stelle der Entlaufenen bei den Marionetten zu über- nehmen; dagegen mußte er mir geloben keiner Seele zu verrathen, daß ich eine herabgekommene italie- nische Prima Donna sei. Er hat sein Wort gehal- ten, ich hielt das meinige.
Und da erschienst Du!
Ob ich Dich erkannte, ob ich gleich bei Deinem ersten Anblick wußte, wer Du sei'st? Magst Du es glauben oder nicht: Deine Mutter begrüßte Dich als
Die reiſende Unternehmung quaͤlte ſich muͤhſam von Ort zu Ort, um bald gaͤnzlich zu zerfallen. Der Jmpreſario entfloh bei Nacht und Nebel; ich blieb mit meinen leeren Anſpruͤchen zuruͤck, ohne Geld, ohne Ausſicht, ohne Stuͤtze, krank; ach, ſchon krank zum Tode.
Da traf ſich’s, daß der greiſe Puppenſpieler durch ſeines Gehuͤlfen Perfidie um Weib und Beiſtand gebracht wurde. Er hauſete in demſelben traurigen Gaſthofe, den ich bewohnte. Seine Verlegenheit, meine Noth fanden ſich. Mir blieb die Wahl, aus dem unbezahlten Bodenſtuͤbchen geworfen, zu ver- hungern, oder ſeinen Vorſchlag anzunehmen. Jch erwaͤhlte das Letztere und geſtattete ihm, daß er mich ſeine Frau nenne, vor den Leuten; gelobte ihm die Stelle der Entlaufenen bei den Marionetten zu uͤber- nehmen; dagegen mußte er mir geloben keiner Seele zu verrathen, daß ich eine herabgekommene italie- niſche Prima Donna ſei. Er hat ſein Wort gehal- ten, ich hielt das meinige.
Und da erſchienſt Du!
Ob ich Dich erkannte, ob ich gleich bei Deinem erſten Anblick wußte, wer Du ſei’ſt? Magſt Du es glauben oder nicht: Deine Mutter begruͤßte Dich als
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Die reiſende Unternehmung quaͤlte ſich muͤhſam
von Ort zu Ort, um bald gaͤnzlich zu zerfallen. Der
Jmpreſario entfloh bei Nacht und Nebel; ich blieb
mit meinen leeren Anſpruͤchen zuruͤck, ohne Geld,
ohne Ausſicht, ohne Stuͤtze, krank; ach, ſchon krank
zum Tode.
Da traf ſich’s, daß der greiſe Puppenſpieler durch
ſeines Gehuͤlfen Perfidie um Weib und Beiſtand
gebracht wurde. Er hauſete in demſelben traurigen
Gaſthofe, den ich bewohnte. Seine Verlegenheit,
meine Noth fanden ſich. Mir blieb die Wahl, aus
dem unbezahlten Bodenſtuͤbchen geworfen, zu ver-
hungern, oder ſeinen Vorſchlag anzunehmen. Jch
erwaͤhlte das Letztere und geſtattete ihm, daß er mich
ſeine Frau nenne, vor den Leuten; gelobte ihm die
Stelle der Entlaufenen bei den Marionetten zu uͤber-
nehmen; dagegen mußte er mir geloben keiner Seele
zu verrathen, daß ich eine herabgekommene italie-
niſche Prima Donna ſei. Er hat ſein Wort gehal-
ten, ich hielt das meinige.
Und da erſchienſt Du!
Ob ich Dich erkannte, ob ich gleich bei Deinem
erſten Anblick wußte, wer Du ſei’ſt? Magſt Du es
glauben oder nicht: Deine Mutter begruͤßte Dich als
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/273>, abgerufen am 26.07.2024.
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