Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.Vater ist gestorben, und die Mutter sammt dem Damals war es, wo ich mich entschloß, Deiner Vater iſt geſtorben, und die Mutter ſammt dem Damals war es, wo ich mich entſchloß, Deiner <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0268" n="264"/> Vater iſt geſtorben, und die Mutter ſammt dem<lb/> Kinde iſt nach Liebenau gezogen; <hi rendition="#g">ſie</hi> iſt es; mein<lb/><hi rendition="#g">Kind</hi> iſt es, welche Carino geſehen.“ Von dieſem<lb/> Gedanken wurd’ ich erfuͤllt. Jch goͤnnte den weite-<lb/> ren Berichten des unermuͤdlichen, wenn auch liebens-<lb/> wuͤrdigen Schwaͤtzers, nur noch wenig Gehoͤr; trach-<lb/> tete einzig danach, ihn bald los zu werden und allein<lb/> zu bleiben mit den Empfindungen, die ich mir ſo<lb/> lange fern gehalten, die aber nun, ſich an mir<lb/> raͤchend, mehr ſchmerzlich als wohlthaͤtig auf mich<lb/> einſtuͤrmten. Meine wuͤrdige Mutter lebte noch! Mir<lb/> lebte ein Sohn; ein hoffnungsvoller, begabter Sohn!<lb/> Und ich — — — — —</p><lb/> <p>Damals war es, wo ich mich entſchloß, Deiner<lb/> Großmutter zu ſchreiben, ihre Verzeihung anzuflehen.<lb/> Waͤre mir huldvolle Antwort auf jenes Schreiben zu<lb/> Theil geworden, ſo haͤtte ich, — dies war mein Vor-<lb/> ſatz, — den Flitterkram und Prunk, der mich zu dieſer<lb/> Zeit noch umgab, zu Gelde gemacht, und waͤre heim-<lb/> gekehrt, in Eurer Huͤtte mit Euch zu leben, Euch zu<lb/> dienen, Eure <hi rendition="#g">Magd</hi> zu ſein; nicht ihre Tochter, nicht<lb/> Deine Mutter. Jch hatte mit Thraͤnen geſchrieben,<lb/> mit blutigen Thraͤnen; ſo kruͤmmt und windet ſich<lb/> der Wurm unter des Vogels Krallen, wie ich mich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [264/0268]
Vater iſt geſtorben, und die Mutter ſammt dem
Kinde iſt nach Liebenau gezogen; ſie iſt es; mein
Kind iſt es, welche Carino geſehen.“ Von dieſem
Gedanken wurd’ ich erfuͤllt. Jch goͤnnte den weite-
ren Berichten des unermuͤdlichen, wenn auch liebens-
wuͤrdigen Schwaͤtzers, nur noch wenig Gehoͤr; trach-
tete einzig danach, ihn bald los zu werden und allein
zu bleiben mit den Empfindungen, die ich mir ſo
lange fern gehalten, die aber nun, ſich an mir
raͤchend, mehr ſchmerzlich als wohlthaͤtig auf mich
einſtuͤrmten. Meine wuͤrdige Mutter lebte noch! Mir
lebte ein Sohn; ein hoffnungsvoller, begabter Sohn!
Und ich — — — — —
Damals war es, wo ich mich entſchloß, Deiner
Großmutter zu ſchreiben, ihre Verzeihung anzuflehen.
Waͤre mir huldvolle Antwort auf jenes Schreiben zu
Theil geworden, ſo haͤtte ich, — dies war mein Vor-
ſatz, — den Flitterkram und Prunk, der mich zu dieſer
Zeit noch umgab, zu Gelde gemacht, und waͤre heim-
gekehrt, in Eurer Huͤtte mit Euch zu leben, Euch zu
dienen, Eure Magd zu ſein; nicht ihre Tochter, nicht
Deine Mutter. Jch hatte mit Thraͤnen geſchrieben,
mit blutigen Thraͤnen; ſo kruͤmmt und windet ſich
der Wurm unter des Vogels Krallen, wie ich mich
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