"Carina," als welche ich in der Sängerwelt meinen Ruf erwarb.
Verbindungen, die keinen andern Halt in und außer sich tragen, als nur den freien, ungebundenen Willen derer, welche sie schlossen, dauern entweder bis zum Tode, oder sie lösen sich gewöhnlich bald mit Zwist und Unfrieden. Das letztere geschah bei mir und Carino. Wir geriethen streitend auseinan- der, wir trennten uns. Zufall oder Absicht brachten uns wieder zusammen und es wurde eine Versöh- nung geschlossen, um sie nach Verlauf einiger Wochen wieder zu brechen. Unser Leben bestand aus Liebe, Eifersucht, Zank, Scheidung, Trennung, Wieder- sehen, Vereinigung und Unglück. Giebt es doch solche Ehen, auch mit dem Segen der Kirche! --
Unterdessen, mein Sohn, warest Du zum Kna- ben herangewachsen, zum Jüngling, ohne daß Deine lieblose Mutter von Dir wußte; ohne daß sie Deiner gedachte. Sie hielt Euch alle für todt und dieser Jrrthum beruhigte sie, verhärtete sie vielmehr gegen die häufig wach werdenden Regungen ihres Gewissens.
Nach so vielfältig wiederholten Trennungen war es zwischen Carino und mir endlich zu einem entschie- denen Bruche gekommen, der länger dauerte, als
„Carina,“ als welche ich in der Saͤngerwelt meinen Ruf erwarb.
Verbindungen, die keinen andern Halt in und außer ſich tragen, als nur den freien, ungebundenen Willen derer, welche ſie ſchloſſen, dauern entweder bis zum Tode, oder ſie loͤſen ſich gewoͤhnlich bald mit Zwiſt und Unfrieden. Das letztere geſchah bei mir und Carino. Wir geriethen ſtreitend auseinan- der, wir trennten uns. Zufall oder Abſicht brachten uns wieder zuſammen und es wurde eine Verſoͤh- nung geſchloſſen, um ſie nach Verlauf einiger Wochen wieder zu brechen. Unſer Leben beſtand aus Liebe, Eiferſucht, Zank, Scheidung, Trennung, Wieder- ſehen, Vereinigung und Ungluͤck. Giebt es doch ſolche Ehen, auch mit dem Segen der Kirche! —
Unterdeſſen, mein Sohn, wareſt Du zum Kna- ben herangewachſen, zum Juͤngling, ohne daß Deine liebloſe Mutter von Dir wußte; ohne daß ſie Deiner gedachte. Sie hielt Euch alle fuͤr todt und dieſer Jrrthum beruhigte ſie, verhaͤrtete ſie vielmehr gegen die haͤufig wach werdenden Regungen ihres Gewiſſens.
Nach ſo vielfaͤltig wiederholten Trennungen war es zwiſchen Carino und mir endlich zu einem entſchie- denen Bruche gekommen, der laͤnger dauerte, als
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„Carina,“ als welche ich in der Saͤngerwelt meinen
Ruf erwarb.
Verbindungen, die keinen andern Halt in und
außer ſich tragen, als nur den freien, ungebundenen
Willen derer, welche ſie ſchloſſen, dauern entweder
bis zum Tode, oder ſie loͤſen ſich gewoͤhnlich bald
mit Zwiſt und Unfrieden. Das letztere geſchah bei
mir und Carino. Wir geriethen ſtreitend auseinan-
der, wir trennten uns. Zufall oder Abſicht brachten
uns wieder zuſammen und es wurde eine Verſoͤh-
nung geſchloſſen, um ſie nach Verlauf einiger Wochen
wieder zu brechen. Unſer Leben beſtand aus Liebe,
Eiferſucht, Zank, Scheidung, Trennung, Wieder-
ſehen, Vereinigung und Ungluͤck. Giebt es doch
ſolche Ehen, auch mit dem Segen der Kirche! —
Unterdeſſen, mein Sohn, wareſt Du zum Kna-
ben herangewachſen, zum Juͤngling, ohne daß Deine
liebloſe Mutter von Dir wußte; ohne daß ſie Deiner
gedachte. Sie hielt Euch alle fuͤr todt und dieſer
Jrrthum beruhigte ſie, verhaͤrtete ſie vielmehr gegen
die haͤufig wach werdenden Regungen ihres Gewiſſens.
Nach ſo vielfaͤltig wiederholten Trennungen war
es zwiſchen Carino und mir endlich zu einem entſchie-
denen Bruche gekommen, der laͤnger dauerte, als
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/265>, abgerufen am 26.07.2024.
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