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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.

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freier Luft zu athmen und zu dem blauen Raume
empor zu schauen, wohin wir arme Sterbliche unser
feuchtes Auge richten, wenn wir in Schmerz oder in
Freude des Ewigen bedürfen.

Das kostbare Schreiben ruhete auf seiner Brust;
sein Herz schlug mächtig dagegen.

"Jch werde reisen dürfen! Jch werde Jtalien
sehen! Jch werde jene Frau finden, die mir Kunde
geben kann von meiner Mutter Tod, von meines
Vaters Leben, -- vielleicht von seiner Reue, seiner
Liebe.... Und abermals Adele!"

Die alten Wirthsleute erwarteten ihn beim matten
Lämpchen in Seelenangst mit rührender Theilnahme.
Weinend umhalsete er beide: "Jch bin gerettet! Jch
bin frei! Alles ist gut!"

Und sie falteten ihre welken Hände und dankten
dem lieben Gott.



Beim Gesandtschafts-Sekretair sollte Anton, wie
er sich am andern Morgen zu ihm begab, nicht vor-
gelassen werden. Der Diener betrachtete verächtlich
die abgenützte Kleidung des zu Meldenden und sagte:
Sie müssen während "unserer" Amtsstunden wieder-

freier Luft zu athmen und zu dem blauen Raume
empor zu ſchauen, wohin wir arme Sterbliche unſer
feuchtes Auge richten, wenn wir in Schmerz oder in
Freude des Ewigen beduͤrfen.

Das koſtbare Schreiben ruhete auf ſeiner Bruſt;
ſein Herz ſchlug maͤchtig dagegen.

„Jch werde reiſen duͤrfen! Jch werde Jtalien
ſehen! Jch werde jene Frau finden, die mir Kunde
geben kann von meiner Mutter Tod, von meines
Vaters Leben, — vielleicht von ſeiner Reue, ſeiner
Liebe.... Und abermals Adele!“

Die alten Wirthsleute erwarteten ihn beim matten
Laͤmpchen in Seelenangſt mit ruͤhrender Theilnahme.
Weinend umhalſete er beide: „Jch bin gerettet! Jch
bin frei! Alles iſt gut!“

Und ſie falteten ihre welken Haͤnde und dankten
dem lieben Gott.



Beim Geſandtſchafts-Sekretair ſollte Anton, wie
er ſich am andern Morgen zu ihm begab, nicht vor-
gelaſſen werden. Der Diener betrachtete veraͤchtlich
die abgenuͤtzte Kleidung des zu Meldenden und ſagte:
Sie muͤſſen waͤhrend „unſerer“ Amtsſtunden wieder-

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[21/0025] freier Luft zu athmen und zu dem blauen Raume empor zu ſchauen, wohin wir arme Sterbliche unſer feuchtes Auge richten, wenn wir in Schmerz oder in Freude des Ewigen beduͤrfen. Das koſtbare Schreiben ruhete auf ſeiner Bruſt; ſein Herz ſchlug maͤchtig dagegen. „Jch werde reiſen duͤrfen! Jch werde Jtalien ſehen! Jch werde jene Frau finden, die mir Kunde geben kann von meiner Mutter Tod, von meines Vaters Leben, — vielleicht von ſeiner Reue, ſeiner Liebe.... Und abermals Adele!“ Die alten Wirthsleute erwarteten ihn beim matten Laͤmpchen in Seelenangſt mit ruͤhrender Theilnahme. Weinend umhalſete er beide: „Jch bin gerettet! Jch bin frei! Alles iſt gut!“ Und ſie falteten ihre welken Haͤnde und dankten dem lieben Gott. Beim Geſandtſchafts-Sekretair ſollte Anton, wie er ſich am andern Morgen zu ihm begab, nicht vor- gelaſſen werden. Der Diener betrachtete veraͤchtlich die abgenuͤtzte Kleidung des zu Meldenden und ſagte: Sie muͤſſen waͤhrend „unſerer“ Amtsſtunden wieder-

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/25>, abgerufen am 04.12.2024.