Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.-- Die Pastorin sprach angstvoll: "ich liebe sie Vielleicht, erwiederte ich rasch. Vielleicht hängt Die Pastorin ahnete vielleicht, welch' ein Dämon — Die Paſtorin ſprach angſtvoll: „ich liebe ſie Vielleicht, erwiederte ich raſch. Vielleicht haͤngt Die Paſtorin ahnete vielleicht, welch’ ein Daͤmon <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0246" n="242"/> <p>— Die Paſtorin ſprach angſtvoll: „ich liebe ſie<lb/> wie eine Schweſter, verehre ſie wie eine Mutter!<lb/> Droht ihr Gefahr?“</p><lb/> <p>Vielleicht, erwiederte ich raſch. Vielleicht haͤngt<lb/> ihr Schickſal an dieſem Augenblick. Vielleicht bin<lb/><hi rendition="#g">ich</hi> es, wie arm und bemitleidenswerth ich Jhnen<lb/> erſcheine, die uͤber die Zukunft dieſer jungen, reichen<lb/> Erbin zu entſcheiden hat. Alles haͤngt von dem Ein-<lb/> druck ab, den ihre Perſoͤnlichkeit auf mich macht. Jſt<lb/> es ein abſtoßender, verletzender, ſpricht aus ihren<lb/> Zuͤgen kein Herz, aus ihren Worten keine Seele,<lb/> dann ſteh’ ich fuͤr nichts; eben ſo wenig, wenn ich ſie<lb/><hi rendition="#g">nicht</hi> kennen lerne; denn ich haſſe ſie, aus guten<lb/> Gruͤnden, ohne ſie zu kennen. Sie muͤßte mich erſt<lb/> zwingen, ſie zu lieben, damit ich <hi rendition="#g">liebend</hi> ihr<lb/> weiche! —</p><lb/> <p>Die Paſtorin ahnete vielleicht, welch’ ein Daͤmon<lb/> mich treibe? Sie hatte wohl gar Kunde von meinem<lb/> Daſein? Das weiß ich nicht. Aber ſo gewiß war ſie<lb/> ihrer Sache, daß ſie augenblicklich auf meinen Vor-<lb/> ſchlag einging. „Treten ſie ein,“ ſagte ſie; „mein<lb/> Mann iſt gluͤcklicherweiſe verreiſet; Comteſſe Julie will,<lb/> wenn ſie mit einigen Krankenbeſuchen im Dorfe fer-<lb/> tig iſt, auf ein Stuͤndchen zu mir kommen. Jch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [242/0246]
— Die Paſtorin ſprach angſtvoll: „ich liebe ſie
wie eine Schweſter, verehre ſie wie eine Mutter!
Droht ihr Gefahr?“
Vielleicht, erwiederte ich raſch. Vielleicht haͤngt
ihr Schickſal an dieſem Augenblick. Vielleicht bin
ich es, wie arm und bemitleidenswerth ich Jhnen
erſcheine, die uͤber die Zukunft dieſer jungen, reichen
Erbin zu entſcheiden hat. Alles haͤngt von dem Ein-
druck ab, den ihre Perſoͤnlichkeit auf mich macht. Jſt
es ein abſtoßender, verletzender, ſpricht aus ihren
Zuͤgen kein Herz, aus ihren Worten keine Seele,
dann ſteh’ ich fuͤr nichts; eben ſo wenig, wenn ich ſie
nicht kennen lerne; denn ich haſſe ſie, aus guten
Gruͤnden, ohne ſie zu kennen. Sie muͤßte mich erſt
zwingen, ſie zu lieben, damit ich liebend ihr
weiche! —
Die Paſtorin ahnete vielleicht, welch’ ein Daͤmon
mich treibe? Sie hatte wohl gar Kunde von meinem
Daſein? Das weiß ich nicht. Aber ſo gewiß war ſie
ihrer Sache, daß ſie augenblicklich auf meinen Vor-
ſchlag einging. „Treten ſie ein,“ ſagte ſie; „mein
Mann iſt gluͤcklicherweiſe verreiſet; Comteſſe Julie will,
wenn ſie mit einigen Krankenbeſuchen im Dorfe fer-
tig iſt, auf ein Stuͤndchen zu mir kommen. Jch
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