Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.der Bilderhändler, der Heilige und Rosenkränze ver- Du kannst denken, was Deine Mutter dabei Nachdem der arme Gerber Karich einige Meilen der Bilderhaͤndler, der Heilige und Roſenkraͤnze ver- Du kannſt denken, was Deine Mutter dabei Nachdem der arme Gerber Karich einige Meilen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0228" n="224"/> der Bilderhaͤndler, der Heilige und Roſenkraͤnze ver-<lb/> kaufte, erzaͤhlte mir, wie das Bildhauer-Haͤuschen<lb/> von Fluthen und Eisſchollen zerſtoͤrt worden ſei; wie<lb/> die Bewohner umgekommen waͤren und ſammt ihnen,<lb/> die Tochter des ehemaligen lutheriſchen Kantors, die<lb/> ſolche Strafe des Herrn fuͤr ihre Ketzerei auf die<lb/> unſchuldigen Bildhauerleute herabgerufen.</p><lb/> <p>Du kannſt denken, was Deine Mutter dabei<lb/> empfand.</p><lb/> <p>Nachdem der arme Gerber Karich einige Meilen<lb/> mit mir gegangen war, uͤbergab er mich der Fuͤrſorge<lb/> eines hauſirenden Glaſers, der von Ort zu Ort zog,<lb/> um zerbrochene Fenſterſcheiben herzuſtellen, den er<lb/> als ehrlichen Mann kannte und den ſein Weg in die<lb/> Naͤhe des Schloſſes fuͤhrte. Neben dieſem wandelte<lb/> ich, voll Dank im Herzen fuͤr den ehrlichen Karich,<lb/> ſchweigend und ernſt dahin. Er keuchte unter der<lb/> Laſt ſeines ſchweren Kaſtens mit Glasplatten; mich<lb/> bedruͤckte die Laſt, die auf meiner Seele lag. Gegen<lb/> Abend wies der Glaſer mit ſeinem Stabe in einen<lb/> langen offenen Waldweg, der aus dem dunklen Gruͤn<lb/> der Nadelhoͤlzer in’s Freie fuͤhrte und ſprach: dort<lb/> liegt das Schloß! Man ſah Lichter aus der Ferne<lb/> heruͤberſchimmern. Er ging gerade aus, — ich bog<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [224/0228]
der Bilderhaͤndler, der Heilige und Roſenkraͤnze ver-
kaufte, erzaͤhlte mir, wie das Bildhauer-Haͤuschen
von Fluthen und Eisſchollen zerſtoͤrt worden ſei; wie
die Bewohner umgekommen waͤren und ſammt ihnen,
die Tochter des ehemaligen lutheriſchen Kantors, die
ſolche Strafe des Herrn fuͤr ihre Ketzerei auf die
unſchuldigen Bildhauerleute herabgerufen.
Du kannſt denken, was Deine Mutter dabei
empfand.
Nachdem der arme Gerber Karich einige Meilen
mit mir gegangen war, uͤbergab er mich der Fuͤrſorge
eines hauſirenden Glaſers, der von Ort zu Ort zog,
um zerbrochene Fenſterſcheiben herzuſtellen, den er
als ehrlichen Mann kannte und den ſein Weg in die
Naͤhe des Schloſſes fuͤhrte. Neben dieſem wandelte
ich, voll Dank im Herzen fuͤr den ehrlichen Karich,
ſchweigend und ernſt dahin. Er keuchte unter der
Laſt ſeines ſchweren Kaſtens mit Glasplatten; mich
bedruͤckte die Laſt, die auf meiner Seele lag. Gegen
Abend wies der Glaſer mit ſeinem Stabe in einen
langen offenen Waldweg, der aus dem dunklen Gruͤn
der Nadelhoͤlzer in’s Freie fuͤhrte und ſprach: dort
liegt das Schloß! Man ſah Lichter aus der Ferne
heruͤberſchimmern. Er ging gerade aus, — ich bog
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