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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.

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Mann, wenn Sie ihn morgen besuchen wollten. Jch
habe eine Bitte an Sie zu richten."

Anton erklärte sich gern bereit, bat sich des Haupt-
manns Adresse aus, -- da ertönte Herrn Drehers
Glocke hinter dem Vorhang, als Anfangssignal für's
Orchester, und der Gehülfe fand eben nur noch Zeit,
zu versprechen, daß er sich morgen gegen Mittag ein-
finden werde. Er mußte auf seinen Posten eilen, ohne
entdeckt zu haben, welch' niedliches Gesicht hinter
dem häßlichen Winterhute verborgen sein möchte.

Die Vorstellung dieses Abends wurde mehrmals
unterbrochen und nur kümmerlich zu Ende gebracht,
weil die kranke Frau völlig zusammensank. Man
kann denken, mit welchem Herzen sie und der alte
Dreher die Scherze vorbrachten, welche der aufzufüh-
renden Posse gehörten. Auch Anton war vom herz-
lichsten Mitleid für seine leidende Freundin bewegt
und rannte noch bei Nacht, einen Arzt herbeizuholen,
der nach langem vielfältigen Ausfragen, Pulsfühlen
und Bedenken, mit bedenklichem Kopfschütteln davon
ging, ohne sich bestimmt auszusprechen. So viel stand
am nächsten Morgen fest, auch ohne eines Arztes
Ausspruch, daß die Kranke, die sich so lange Gewalt
angethan und sich mühselig herumgeschleppt, nun

Mann, wenn Sie ihn morgen beſuchen wollten. Jch
habe eine Bitte an Sie zu richten.“

Anton erklaͤrte ſich gern bereit, bat ſich des Haupt-
manns Adreſſe aus, — da ertoͤnte Herrn Drehers
Glocke hinter dem Vorhang, als Anfangsſignal fuͤr’s
Orcheſter, und der Gehuͤlfe fand eben nur noch Zeit,
zu verſprechen, daß er ſich morgen gegen Mittag ein-
finden werde. Er mußte auf ſeinen Poſten eilen, ohne
entdeckt zu haben, welch’ niedliches Geſicht hinter
dem haͤßlichen Winterhute verborgen ſein moͤchte.

Die Vorſtellung dieſes Abends wurde mehrmals
unterbrochen und nur kuͤmmerlich zu Ende gebracht,
weil die kranke Frau voͤllig zuſammenſank. Man
kann denken, mit welchem Herzen ſie und der alte
Dreher die Scherze vorbrachten, welche der aufzufuͤh-
renden Poſſe gehoͤrten. Auch Anton war vom herz-
lichſten Mitleid fuͤr ſeine leidende Freundin bewegt
und rannte noch bei Nacht, einen Arzt herbeizuholen,
der nach langem vielfaͤltigen Ausfragen, Pulsfuͤhlen
und Bedenken, mit bedenklichem Kopfſchuͤtteln davon
ging, ohne ſich beſtimmt auszuſprechen. So viel ſtand
am naͤchſten Morgen feſt, auch ohne eines Arztes
Ausſpruch, daß die Kranke, die ſich ſo lange Gewalt
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[198/0202] Mann, wenn Sie ihn morgen beſuchen wollten. Jch habe eine Bitte an Sie zu richten.“ Anton erklaͤrte ſich gern bereit, bat ſich des Haupt- manns Adreſſe aus, — da ertoͤnte Herrn Drehers Glocke hinter dem Vorhang, als Anfangsſignal fuͤr’s Orcheſter, und der Gehuͤlfe fand eben nur noch Zeit, zu verſprechen, daß er ſich morgen gegen Mittag ein- finden werde. Er mußte auf ſeinen Poſten eilen, ohne entdeckt zu haben, welch’ niedliches Geſicht hinter dem haͤßlichen Winterhute verborgen ſein moͤchte. Die Vorſtellung dieſes Abends wurde mehrmals unterbrochen und nur kuͤmmerlich zu Ende gebracht, weil die kranke Frau voͤllig zuſammenſank. Man kann denken, mit welchem Herzen ſie und der alte Dreher die Scherze vorbrachten, welche der aufzufuͤh- renden Poſſe gehoͤrten. Auch Anton war vom herz- lichſten Mitleid fuͤr ſeine leidende Freundin bewegt und rannte noch bei Nacht, einen Arzt herbeizuholen, der nach langem vielfaͤltigen Ausfragen, Pulsfuͤhlen und Bedenken, mit bedenklichem Kopfſchuͤtteln davon ging, ohne ſich beſtimmt auszuſprechen. So viel ſtand am naͤchſten Morgen feſt, auch ohne eines Arztes Ausſpruch, daß die Kranke, die ſich ſo lange Gewalt angethan und ſich muͤhſelig herumgeſchleppt, nun

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/202>, abgerufen am 24.11.2024.