Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.Von einem der flüchtigen Abendspaziergänge heim- So ist es denn um mich geschehen, ruft Anton. "Jm Gefängniß!" wiederholten beide Alte, Zugleich öffnet sich die Thür; jenes hämische Von einem der fluͤchtigen Abendſpaziergaͤnge heim- So iſt es denn um mich geſchehen, ruft Anton. „Jm Gefaͤngniß!“ wiederholten beide Alte, Zugleich oͤffnet ſich die Thuͤr; jenes haͤmiſche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0020" n="16"/> <p>Von einem der fluͤchtigen Abendſpaziergaͤnge heim-<lb/> kehrend, findet er ſeine theilnehmenden Wirthsleute<lb/> aͤngſtlich, einſilbig, unruhig. Er ſieht ihnen an, daß<lb/> ſie ihm eine Mittheilung machen moͤchten, daß ſie es<lb/> nicht wagen. Haſtig dringt er in ſie und vernimmt<lb/> nach langem Zoͤgern: ein Mann von unheilverkuͤn-<lb/> dendem Ausſehn iſt da geweſen, hat ſtreng-forſchend<lb/> nach einem jungen Menſchen ſich erkundiget, welcher<lb/> von den barmherzigen Schweſtern hier eingemiethet<lb/> ſei und er will noch dieſen Abend wiederkehren.</p><lb/> <p>So iſt es denn um mich geſchehen, ruft Anton.<lb/> Lebt wohl ihr guten Freunde, Gott ſei mit Euch und<lb/> lohne eure Liebe fuͤr mich; und wenn Schweſter<lb/> Antonina nach mir zu fragen kaͤme, beſtellt ihr meine<lb/> Gruͤße, meldet ihr: Anton ſchmachte im Gefaͤngniß!</p><lb/> <p>„Jm Gefaͤngniß!“ wiederholten beide Alte,<lb/> zwiſchen Widerwillen und Mitleid getheilt; „Sie?<lb/> im Gefaͤngniß!“</p><lb/> <p>Zugleich oͤffnet ſich die Thuͤr; jenes haͤmiſche<lb/> Geſicht erſcheint vor ihnen, welches Anton erblickt zu<lb/> haben ſich erinnert, als er, um ſeinen raſenden Hun-<lb/> ger zu ſtillen, einer Troͤdlerin das ſchwarze ſeidene<lb/> Halstuch zum Verkaufe darbot.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [16/0020]
Von einem der fluͤchtigen Abendſpaziergaͤnge heim-
kehrend, findet er ſeine theilnehmenden Wirthsleute
aͤngſtlich, einſilbig, unruhig. Er ſieht ihnen an, daß
ſie ihm eine Mittheilung machen moͤchten, daß ſie es
nicht wagen. Haſtig dringt er in ſie und vernimmt
nach langem Zoͤgern: ein Mann von unheilverkuͤn-
dendem Ausſehn iſt da geweſen, hat ſtreng-forſchend
nach einem jungen Menſchen ſich erkundiget, welcher
von den barmherzigen Schweſtern hier eingemiethet
ſei und er will noch dieſen Abend wiederkehren.
So iſt es denn um mich geſchehen, ruft Anton.
Lebt wohl ihr guten Freunde, Gott ſei mit Euch und
lohne eure Liebe fuͤr mich; und wenn Schweſter
Antonina nach mir zu fragen kaͤme, beſtellt ihr meine
Gruͤße, meldet ihr: Anton ſchmachte im Gefaͤngniß!
„Jm Gefaͤngniß!“ wiederholten beide Alte,
zwiſchen Widerwillen und Mitleid getheilt; „Sie?
im Gefaͤngniß!“
Zugleich oͤffnet ſich die Thuͤr; jenes haͤmiſche
Geſicht erſcheint vor ihnen, welches Anton erblickt zu
haben ſich erinnert, als er, um ſeinen raſenden Hun-
ger zu ſtillen, einer Troͤdlerin das ſchwarze ſeidene
Halstuch zum Verkaufe darbot.
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