Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

endlich das ganze Stück mit Bleifedern während der
Aufführung auf Papier gebracht, und Einer -- Horn
glaub' ich war sein Name, hat's gar drucken lassen.
Das nenn' ich gestohlen. Uebrigens hat auch ein
gewisser Göthe einen Faust gemacht, aber das ist
dummes Zeug: reim' Dich, oder ich freß' Dich; lau-
ter unverständlicher Bombast; und nicht einmal der
Kasperle kommt in selbigem Göthe vor. Der ist aber
da am allernöthigsten; denn wann ich keinen Kasperl
nicht hab', wer soll mir dann die Teufel necken, ihnen
Sessel und Tisch in's Gesicht schleudern, sie auf die
Schwänz' treten, wenn er's nicht thut? Das sind
meine allerschönste Scenen! Aber was ich sagen wollt'
wegen Jhnen, Herr Hahn, seh'n Sie, das müssen
wir uns reiflich überlegen. Hinter meine Gardinen,
i[n] mein kleines Laboratorium, darf kein Fremder einen
Blick thun; das ist wider unsere Zunftgesetze. Wollen
Sie sich ganz und gar zum Puppenspieler machen;
wollen Sie einen Eid ablegen, sich in alle Regeln zu
fügen, -- na, wir werden sehen. Einen Sohn hab'
ich nicht .... wie gesagt, wir werden sehen. Morgen
reden wir mehr davon; heute schauen Sie wieder
zu ... und Du, Nettel, mach' Dich zurecht und geh'
an die Kasse, es ist Zeit, daß wir uns richten!" --

endlich das ganze Stuͤck mit Bleifedern waͤhrend der
Auffuͤhrung auf Papier gebracht, und Einer — Horn
glaub’ ich war ſein Name, hat’s gar drucken laſſen.
Das nenn’ ich geſtohlen. Uebrigens hat auch ein
gewiſſer Goͤthe einen Fauſt gemacht, aber das iſt
dummes Zeug: reim’ Dich, oder ich freß’ Dich; lau-
ter unverſtaͤndlicher Bombaſt; und nicht einmal der
Kasperle kommt in ſelbigem Goͤthe vor. Der iſt aber
da am allernoͤthigſten; denn wann ich keinen Kasperl
nicht hab’, wer ſoll mir dann die Teufel necken, ihnen
Seſſel und Tiſch in’s Geſicht ſchleudern, ſie auf die
Schwaͤnz’ treten, wenn er’s nicht thut? Das ſind
meine allerſchoͤnſte Scenen! Aber was ich ſagen wollt’
wegen Jhnen, Herr Hahn, ſeh’n Sie, das muͤſſen
wir uns reiflich uͤberlegen. Hinter meine Gardinen,
i[n] mein kleines Laboratorium, darf kein Fremder einen
Blick thun; das iſt wider unſere Zunftgeſetze. Wollen
Sie ſich ganz und gar zum Puppenſpieler machen;
wollen Sie einen Eid ablegen, ſich in alle Regeln zu
fuͤgen, — na, wir werden ſehen. Einen Sohn hab’
ich nicht .... wie geſagt, wir werden ſehen. Morgen
reden wir mehr davon; heute ſchauen Sie wieder
zu ... und Du, Nettel, mach’ Dich zurecht und geh’
an die Kaſſe, es iſt Zeit, daß wir uns richten!“ —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0186" n="182"/>
endlich das ganze Stu&#x0364;ck mit Bleifedern wa&#x0364;hrend der<lb/>
Auffu&#x0364;hrung auf Papier gebracht, und Einer &#x2014; Horn<lb/>
glaub&#x2019; ich war &#x017F;ein Name, hat&#x2019;s gar drucken la&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Das nenn&#x2019; ich ge&#x017F;tohlen. Uebrigens hat auch ein<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;er Go&#x0364;the einen Fau&#x017F;t gemacht, aber das i&#x017F;t<lb/>
dummes Zeug: reim&#x2019; Dich, oder ich freß&#x2019; Dich; lau-<lb/>
ter unver&#x017F;ta&#x0364;ndlicher Bomba&#x017F;t; und nicht einmal der<lb/>
Kasperle kommt in &#x017F;elbigem Go&#x0364;the vor. Der i&#x017F;t aber<lb/>
da am allerno&#x0364;thig&#x017F;ten; denn wann ich keinen Kasperl<lb/>
nicht hab&#x2019;, wer &#x017F;oll mir dann die Teufel necken, ihnen<lb/>
Se&#x017F;&#x017F;el und Ti&#x017F;ch in&#x2019;s Ge&#x017F;icht &#x017F;chleudern, &#x017F;ie auf die<lb/>
Schwa&#x0364;nz&#x2019; treten, wenn er&#x2019;s nicht thut? Das &#x017F;ind<lb/>
meine aller&#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te Scenen! Aber was ich &#x017F;agen wollt&#x2019;<lb/>
wegen Jhnen, Herr Hahn, &#x017F;eh&#x2019;n Sie, das mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wir uns reiflich u&#x0364;berlegen. Hinter meine Gardinen,<lb/>
i<supplied>n</supplied> mein kleines Laboratorium, darf kein Fremder einen<lb/>
Blick thun; das i&#x017F;t wider un&#x017F;ere Zunftge&#x017F;etze. Wollen<lb/>
Sie &#x017F;ich ganz und gar zum Puppen&#x017F;pieler machen;<lb/>
wollen Sie einen Eid ablegen, &#x017F;ich in alle Regeln zu<lb/>
fu&#x0364;gen, &#x2014; na, wir werden &#x017F;ehen. Einen Sohn hab&#x2019;<lb/>
ich nicht .... wie ge&#x017F;agt, wir werden &#x017F;ehen. Morgen<lb/>
reden wir mehr davon; heute &#x017F;chauen Sie wieder<lb/>
zu ... und Du, Nettel, mach&#x2019; Dich zurecht und geh&#x2019;<lb/>
an die Ka&#x017F;&#x017F;e, es i&#x017F;t Zeit, daß wir uns richten!&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[182/0186] endlich das ganze Stuͤck mit Bleifedern waͤhrend der Auffuͤhrung auf Papier gebracht, und Einer — Horn glaub’ ich war ſein Name, hat’s gar drucken laſſen. Das nenn’ ich geſtohlen. Uebrigens hat auch ein gewiſſer Goͤthe einen Fauſt gemacht, aber das iſt dummes Zeug: reim’ Dich, oder ich freß’ Dich; lau- ter unverſtaͤndlicher Bombaſt; und nicht einmal der Kasperle kommt in ſelbigem Goͤthe vor. Der iſt aber da am allernoͤthigſten; denn wann ich keinen Kasperl nicht hab’, wer ſoll mir dann die Teufel necken, ihnen Seſſel und Tiſch in’s Geſicht ſchleudern, ſie auf die Schwaͤnz’ treten, wenn er’s nicht thut? Das ſind meine allerſchoͤnſte Scenen! Aber was ich ſagen wollt’ wegen Jhnen, Herr Hahn, ſeh’n Sie, das muͤſſen wir uns reiflich uͤberlegen. Hinter meine Gardinen, in mein kleines Laboratorium, darf kein Fremder einen Blick thun; das iſt wider unſere Zunftgeſetze. Wollen Sie ſich ganz und gar zum Puppenſpieler machen; wollen Sie einen Eid ablegen, ſich in alle Regeln zu fuͤgen, — na, wir werden ſehen. Einen Sohn hab’ ich nicht .... wie geſagt, wir werden ſehen. Morgen reden wir mehr davon; heute ſchauen Sie wieder zu ... und Du, Nettel, mach’ Dich zurecht und geh’ an die Kaſſe, es iſt Zeit, daß wir uns richten!“ —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/186
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/186>, abgerufen am 24.11.2024.