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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.

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Tönen so viel Wirkung auf mich hervorbringt. Wahr-
scheinlich wird es Madame Dreher sein."

Zu rechter Zeit besann er sich, daß Puppenspieler
doch unbezweifelt zu den Vagabunden gehören, und
daß es ihm frei stehe, sein Recht als solcher benützend,
das Handwerk zu begrüßen. Herrn Dreher fand er
nicht zu Hause; der Mann, dessen Dialekt schon den
Altbaiern verrieth, -- besonders wenn er seinen Kas-
perle sprach, -- zeigte sich auch in so weit der Hei-
math getreu, daß er fleißig "zu Biere" ging, obgleich
er keinen Krug leerte, ohne jammervoll-sehnsüchtige
Klagelieder zu stöhnen; denn das "bairische Bier"
war dazumal noch nicht in's Ausland gedrungen; der
"Fortschritt" war noch nicht so weit gediehen. Er
klagte also, er sehnte sich, -- aber er trank.... und
blieb nicht beim Biere stehen.

Madame Dreher saß am Nähtisch, ein Purpur-
gewand mit goldenen Borten zu schmücken, für ihren
zwei Schuh langen Kriegs-Obristen, den weltberühm-
ten Herrn Holofernes; es sollte die "Belagerung
von Bethulia" aufgeführt werden. Wie Anton ein-
trat, sprang sie auf, als ob sie gewaltig vor ihm
erschrocken sei; ihre bleichen Wangen wurden noch
bleicher; ihre dunklen großen Augen erglühten in

Toͤnen ſo viel Wirkung auf mich hervorbringt. Wahr-
ſcheinlich wird es Madame Dreher ſein.“

Zu rechter Zeit beſann er ſich, daß Puppenſpieler
doch unbezweifelt zu den Vagabunden gehoͤren, und
daß es ihm frei ſtehe, ſein Recht als ſolcher benuͤtzend,
das Handwerk zu begruͤßen. Herrn Dreher fand er
nicht zu Hauſe; der Mann, deſſen Dialekt ſchon den
Altbaiern verrieth, — beſonders wenn er ſeinen Kas-
perle ſprach, — zeigte ſich auch in ſo weit der Hei-
math getreu, daß er fleißig „zu Biere“ ging, obgleich
er keinen Krug leerte, ohne jammervoll-ſehnſuͤchtige
Klagelieder zu ſtoͤhnen; denn das „bairiſche Bier“
war dazumal noch nicht in’s Ausland gedrungen; der
„Fortſchritt“ war noch nicht ſo weit gediehen. Er
klagte alſo, er ſehnte ſich, — aber er trank.... und
blieb nicht beim Biere ſtehen.

Madame Dreher ſaß am Naͤhtiſch, ein Purpur-
gewand mit goldenen Borten zu ſchmuͤcken, fuͤr ihren
zwei Schuh langen Kriegs-Obriſten, den weltberuͤhm-
ten Herrn Holofernes; es ſollte die „Belagerung
von Bethulia“ aufgefuͤhrt werden. Wie Anton ein-
trat, ſprang ſie auf, als ob ſie gewaltig vor ihm
erſchrocken ſei; ihre bleichen Wangen wurden noch
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[175/0179] Toͤnen ſo viel Wirkung auf mich hervorbringt. Wahr- ſcheinlich wird es Madame Dreher ſein.“ Zu rechter Zeit beſann er ſich, daß Puppenſpieler doch unbezweifelt zu den Vagabunden gehoͤren, und daß es ihm frei ſtehe, ſein Recht als ſolcher benuͤtzend, das Handwerk zu begruͤßen. Herrn Dreher fand er nicht zu Hauſe; der Mann, deſſen Dialekt ſchon den Altbaiern verrieth, — beſonders wenn er ſeinen Kas- perle ſprach, — zeigte ſich auch in ſo weit der Hei- math getreu, daß er fleißig „zu Biere“ ging, obgleich er keinen Krug leerte, ohne jammervoll-ſehnſuͤchtige Klagelieder zu ſtoͤhnen; denn das „bairiſche Bier“ war dazumal noch nicht in’s Ausland gedrungen; der „Fortſchritt“ war noch nicht ſo weit gediehen. Er klagte alſo, er ſehnte ſich, — aber er trank.... und blieb nicht beim Biere ſtehen. Madame Dreher ſaß am Naͤhtiſch, ein Purpur- gewand mit goldenen Borten zu ſchmuͤcken, fuͤr ihren zwei Schuh langen Kriegs-Obriſten, den weltberuͤhm- ten Herrn Holofernes; es ſollte die „Belagerung von Bethulia“ aufgefuͤhrt werden. Wie Anton ein- trat, ſprang ſie auf, als ob ſie gewaltig vor ihm erſchrocken ſei; ihre bleichen Wangen wurden noch bleicher; ihre dunklen großen Augen ergluͤhten in

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/179>, abgerufen am 24.11.2024.