es umgekehrt: il preferait les syrenes aux muses! Jn Welschland hausen die Syrenen. Zieh' auch gen Welschland! Zum schiefen Thurme. Bring' ihr meinen Abschiedsgruß, meine Bitte um Verzeihung. Sie meinte es treu; sie war keine Syrene; sie ist eine Muse! Eine verkannte. Das Große wird immer verkannt, so lang' es lebt. Komm', Anton, nimm die Geige, mein alter Oheim der Pastor wünscht es auch. Spiel' mir ein deutsches Lied -- ein deutsches, eh' ich sterbe. .... Die Saiten zerschnitten? Nimm meine Geige! -- Wie, versetzt? Ja so. Hier ist Gold, löse sie mir ein! Jetzt spiele .... schöner Ton! Sie geht einsammeln, mit dem Hute des Bettlers.... Nun laß' uns fingen -- dreistimmig: sie, ich, du: Es ritten drei Reiter zum Thore hinaus, -- Ade -- Ade -- Ade!"
Und auf dem Lager worauf der arme deutsche Tischlergesell gestorben, that auch der Neffe des ehr- lichen Pastors von Liebenau, der vielgereisete Vir- tuose und Musikdirektor Carino seinen letzten Athem- zug, indem er mit brechender Stimme jene Volks- weise sang, die Anton einst ihm vorgespielt.
Sie begruben ihn wie jeden Anderen. --
es umgekehrt: il préferait les syrenes aux muses! Jn Welſchland hauſen die Syrenen. Zieh’ auch gen Welſchland! Zum ſchiefen Thurme. Bring’ ihr meinen Abſchiedsgruß, meine Bitte um Verzeihung. Sie meinte es treu; ſie war keine Syrene; ſie iſt eine Muſe! Eine verkannte. Das Große wird immer verkannt, ſo lang’ es lebt. Komm’, Anton, nimm die Geige, mein alter Oheim der Paſtor wuͤnſcht es auch. Spiel’ mir ein deutſches Lied — ein deutſches, eh’ ich ſterbe. .... Die Saiten zerſchnitten? Nimm meine Geige! — Wie, verſetzt? Ja ſo. Hier iſt Gold, loͤſe ſie mir ein! Jetzt ſpiele .... ſchoͤner Ton! Sie geht einſammeln, mit dem Hute des Bettlers.... Nun laß’ uns fingen — dreiſtimmig: ſie, ich, du: Es ritten drei Reiter zum Thore hinaus, — Ade — Ade — Ade!“
Und auf dem Lager worauf der arme deutſche Tiſchlergeſell geſtorben, that auch der Neffe des ehr- lichen Paſtors von Liebenau, der vielgereiſete Vir- tuoſe und Muſikdirektor Carino ſeinen letzten Athem- zug, indem er mit brechender Stimme jene Volks- weiſe ſang, die Anton einſt ihm vorgeſpielt.
Sie begruben ihn wie jeden Anderen. —
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es umgekehrt: il préferait les syrenes aux muses!
Jn Welſchland hauſen die Syrenen. Zieh’ auch gen
Welſchland! Zum ſchiefen Thurme. Bring’ ihr
meinen Abſchiedsgruß, meine Bitte um Verzeihung.
Sie meinte es treu; ſie war keine Syrene; ſie iſt
eine Muſe! Eine verkannte. Das Große wird immer
verkannt, ſo lang’ es lebt. Komm’, Anton, nimm
die Geige, mein alter Oheim der Paſtor wuͤnſcht es
auch. Spiel’ mir ein deutſches Lied — ein deutſches,
eh’ ich ſterbe. .... Die Saiten zerſchnitten? Nimm
meine Geige! — Wie, verſetzt? Ja ſo. Hier iſt
Gold, loͤſe ſie mir ein! Jetzt ſpiele .... ſchoͤner Ton!
Sie geht einſammeln, mit dem Hute des Bettlers....
Nun laß’ uns fingen — dreiſtimmig: ſie, ich, du:
Es ritten drei Reiter zum Thore hinaus, — Ade —
Ade — Ade!“
Und auf dem Lager worauf der arme deutſche
Tiſchlergeſell geſtorben, that auch der Neffe des ehr-
lichen Paſtors von Liebenau, der vielgereiſete Vir-
tuoſe und Muſikdirektor Carino ſeinen letzten Athem-
zug, indem er mit brechender Stimme jene Volks-
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/15>, abgerufen am 05.07.2024.
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