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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.

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und rief ihm zu: Unter die "Fußlatscher"*) wirst
Du doch nicht gehen, Bruder Herz? Wofür gäb' es
Husaren, Dragoner und Küraßreiter?

Aber ihm war weder beschieden des Reiters Sä-
bel, des Uhlanen Lanze, des Grenadiers Muskete,
noch des Jägers Büchse zu ergreifen; den Violinbo-
gen wollte sein Schicksal ihm noch einmal in die Hand
legen.

Gleich nach seiner Ankunft machte er die Be-
kanntschaft eines alten Tanzlehrers, des Herrn
Lemonier-Mirabel de la Garde, de la Tour
d'Auvergne.
Als dieser sich ihm, umhüllt vom
Rauchqualm des engen Gastzimmer's, vorgestellt
und genannt, selig einer französisch-redenden Zunge
zu begegnen, erbat Anton sich die Vergünstigung,
besagten Namen um 4/5 tel abkürzen und ihn schlecht-
weg "Mirabel" nennen zu dürfen, was huldreichst
bewilligt wurde.

Herr Mirabel hat seine Schüler und Schülerinnen
stets im Dunkel darüber gelassen, ob er ein Auswan-
derer, den die Revolution vertrieben, ob er ein Deser-
teur jener Armee sei, welche die Revolution versecht.

*) "Fußlatscher" nennt man hier und da spottweise und
im Gegensatz zur Kavalerie, die Jnfanteristen.
Die Vagabun den. III. 10

und rief ihm zu: Unter die „Fußlatſcher“*) wirſt
Du doch nicht gehen, Bruder Herz? Wofuͤr gaͤb’ es
Huſaren, Dragoner und Kuͤraßreiter?

Aber ihm war weder beſchieden des Reiters Saͤ-
bel, des Uhlanen Lanze, des Grenadiers Muskete,
noch des Jaͤgers Buͤchſe zu ergreifen; den Violinbo-
gen wollte ſein Schickſal ihm noch einmal in die Hand
legen.

Gleich nach ſeiner Ankunft machte er die Be-
kanntſchaft eines alten Tanzlehrers, des Herrn
Lemonier-Mirabel de la Garde, de la Tour
d’Auvergne.
Als dieſer ſich ihm, umhuͤllt vom
Rauchqualm des engen Gaſtzimmer’s, vorgeſtellt
und genannt, ſelig einer franzoͤſiſch-redenden Zunge
zu begegnen, erbat Anton ſich die Verguͤnſtigung,
beſagten Namen um ⅘tel abkuͤrzen und ihn ſchlecht-
weg „Mirabel“ nennen zu duͤrfen, was huldreichſt
bewilligt wurde.

Herr Mirabel hat ſeine Schuͤler und Schuͤlerinnen
ſtets im Dunkel daruͤber gelaſſen, ob er ein Auswan-
derer, den die Revolution vertrieben, ob er ein Deſer-
teur jener Armee ſei, welche die Revolution verſecht.

*) „Fußlatſcher“ nennt man hier und da ſpottweiſe und
im Gegenſatz zur Kavalerie, die Jnfanteriſten.
Die Vagabun den. III. 10
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[145/0149] und rief ihm zu: Unter die „Fußlatſcher“ *) wirſt Du doch nicht gehen, Bruder Herz? Wofuͤr gaͤb’ es Huſaren, Dragoner und Kuͤraßreiter? Aber ihm war weder beſchieden des Reiters Saͤ- bel, des Uhlanen Lanze, des Grenadiers Muskete, noch des Jaͤgers Buͤchſe zu ergreifen; den Violinbo- gen wollte ſein Schickſal ihm noch einmal in die Hand legen. Gleich nach ſeiner Ankunft machte er die Be- kanntſchaft eines alten Tanzlehrers, des Herrn Lemonier-Mirabel de la Garde, de la Tour d’Auvergne. Als dieſer ſich ihm, umhuͤllt vom Rauchqualm des engen Gaſtzimmer’s, vorgeſtellt und genannt, ſelig einer franzoͤſiſch-redenden Zunge zu begegnen, erbat Anton ſich die Verguͤnſtigung, beſagten Namen um ⅘tel abkuͤrzen und ihn ſchlecht- weg „Mirabel“ nennen zu duͤrfen, was huldreichſt bewilligt wurde. Herr Mirabel hat ſeine Schuͤler und Schuͤlerinnen ſtets im Dunkel daruͤber gelaſſen, ob er ein Auswan- derer, den die Revolution vertrieben, ob er ein Deſer- teur jener Armee ſei, welche die Revolution verſecht. *) „Fußlatſcher“ nennt man hier und da ſpottweiſe und im Gegenſatz zur Kavalerie, die Jnfanteriſten. Die Vagabun den. III. 10

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/149>, abgerufen am 24.11.2024.