Thür spüren, so mach' ich Lärm und Gott sei Euch gnädig!" --
Darauf begab sie sich sonder Hast und Eil', auch ohne Zorn und Heftigkeit zu verrathen, nach ihrem Schlafzimmer und ich blieb in einem Zustande zurück, den Worte nicht schildern können. Wuth, Beschä- mung, ... mir war, als hätt' ich auf öffentlichem Markt die Ruthe bekommen. Stundenlang saß ich, ohne mich zu regen. Erst der Frost trieb mich in's Bett. Spät, mit dem späten klaren Wintertage sucht' ich mich zu ermannen.
Jch wartete beim Frühmal, bis Adelheid, -- die sich übrigens benahm, wie wenn zwischen uns nichts vorgefallen wäre, -- des Vaters Wohnzimmer ver- lassen. Dann ergriff ich das Wort, nicht ohne Besorg- niß, der Alte werde aufbrausen über mein Bestreben, vermitteln zu wollen. Denn dieses Amt hatte ich mir aufgebürdet, eine Buße für meine Schuld.
Doch da sollt' ich, um gründlich geheilt zu wer- den, die zweite Beschämung erleben. Mit sichtbarer Freude nahm der Schwiegervater die Entsagung sei- nes Eidams auf:
"Jch hatte mich voreiliger Weise verpflichtet ehen Sie, und wußte nicht, wie ich mich zurückziehen
9 *
Thuͤr ſpuͤren, ſo mach’ ich Laͤrm und Gott ſei Euch gnaͤdig!“ —
Darauf begab ſie ſich ſonder Haſt und Eil’, auch ohne Zorn und Heftigkeit zu verrathen, nach ihrem Schlafzimmer und ich blieb in einem Zuſtande zuruͤck, den Worte nicht ſchildern koͤnnen. Wuth, Beſchaͤ- mung, ... mir war, als haͤtt’ ich auf oͤffentlichem Markt die Ruthe bekommen. Stundenlang ſaß ich, ohne mich zu regen. Erſt der Froſt trieb mich in’s Bett. Spaͤt, mit dem ſpaͤten klaren Wintertage ſucht’ ich mich zu ermannen.
Jch wartete beim Fruͤhmal, bis Adelheid, — die ſich uͤbrigens benahm, wie wenn zwiſchen uns nichts vorgefallen waͤre, — des Vaters Wohnzimmer ver- laſſen. Dann ergriff ich das Wort, nicht ohne Beſorg- niß, der Alte werde aufbrauſen uͤber mein Beſtreben, vermitteln zu wollen. Denn dieſes Amt hatte ich mir aufgebuͤrdet, eine Buße fuͤr meine Schuld.
Doch da ſollt’ ich, um gruͤndlich geheilt zu wer- den, die zweite Beſchaͤmung erleben. Mit ſichtbarer Freude nahm der Schwiegervater die Entſagung ſei- nes Eidams auf:
„Jch hatte mich voreiliger Weiſe verpflichtet ehen Sie, und wußte nicht, wie ich mich zuruͤckziehen
9 *
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divtype="diaryEntry"><p><pbfacs="#f0135"n="131"/>
Thuͤr ſpuͤren, ſo mach’ ich Laͤrm und Gott ſei Euch<lb/>
gnaͤdig!“—</p><lb/><p>Darauf begab ſie ſich ſonder Haſt und Eil’, auch<lb/>
ohne Zorn und Heftigkeit zu verrathen, nach ihrem<lb/>
Schlafzimmer und ich blieb in einem Zuſtande zuruͤck,<lb/>
den Worte nicht ſchildern koͤnnen. Wuth, Beſchaͤ-<lb/>
mung, ... mir war, als haͤtt’ ich auf oͤffentlichem<lb/>
Markt die Ruthe bekommen. Stundenlang ſaß ich,<lb/>
ohne mich zu regen. Erſt der Froſt trieb mich in’s<lb/>
Bett. Spaͤt, mit dem ſpaͤten klaren Wintertage ſucht’<lb/>
ich mich zu ermannen.</p><lb/><p>Jch wartete beim Fruͤhmal, bis Adelheid, — die<lb/>ſich uͤbrigens benahm, wie wenn zwiſchen uns nichts<lb/>
vorgefallen waͤre, — des Vaters Wohnzimmer ver-<lb/>
laſſen. Dann ergriff ich das Wort, nicht ohne Beſorg-<lb/>
niß, der Alte werde aufbrauſen uͤber mein Beſtreben,<lb/>
vermitteln zu wollen. Denn dieſes Amt hatte ich mir<lb/>
aufgebuͤrdet, eine Buße fuͤr meine Schuld.</p><lb/><p>Doch da ſollt’ ich, um gruͤndlich geheilt zu wer-<lb/>
den, die zweite Beſchaͤmung erleben. Mit ſichtbarer<lb/>
Freude nahm der Schwiegervater die Entſagung ſei-<lb/>
nes Eidams auf:</p><lb/><p>„Jch hatte mich voreiliger Weiſe verpflichtet<lb/>
ehen Sie, und wußte nicht, wie ich mich zuruͤckziehen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">9 *</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[131/0135]
Thuͤr ſpuͤren, ſo mach’ ich Laͤrm und Gott ſei Euch
gnaͤdig!“ —
Darauf begab ſie ſich ſonder Haſt und Eil’, auch
ohne Zorn und Heftigkeit zu verrathen, nach ihrem
Schlafzimmer und ich blieb in einem Zuſtande zuruͤck,
den Worte nicht ſchildern koͤnnen. Wuth, Beſchaͤ-
mung, ... mir war, als haͤtt’ ich auf oͤffentlichem
Markt die Ruthe bekommen. Stundenlang ſaß ich,
ohne mich zu regen. Erſt der Froſt trieb mich in’s
Bett. Spaͤt, mit dem ſpaͤten klaren Wintertage ſucht’
ich mich zu ermannen.
Jch wartete beim Fruͤhmal, bis Adelheid, — die
ſich uͤbrigens benahm, wie wenn zwiſchen uns nichts
vorgefallen waͤre, — des Vaters Wohnzimmer ver-
laſſen. Dann ergriff ich das Wort, nicht ohne Beſorg-
niß, der Alte werde aufbrauſen uͤber mein Beſtreben,
vermitteln zu wollen. Denn dieſes Amt hatte ich mir
aufgebuͤrdet, eine Buße fuͤr meine Schuld.
Doch da ſollt’ ich, um gruͤndlich geheilt zu wer-
den, die zweite Beſchaͤmung erleben. Mit ſichtbarer
Freude nahm der Schwiegervater die Entſagung ſei-
nes Eidams auf:
„Jch hatte mich voreiliger Weiſe verpflichtet
ehen Sie, und wußte nicht, wie ich mich zuruͤckziehen
9 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/135>, abgerufen am 29.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.