wo seine Hasen sich selbst übertrafen vor der Trommel, dann durch Reifen sprangen und Schnupftücher appor- tirten, wie wenn sie Hunde wären, nicht Hasen; wo Anton in einer gleichfalls grünen Jagd-Pekesche die Thiere aus dem Stall in den Saal über die Stiegen hinauf und wieder hinab geleitete; .... es läßt sich weiter nichts Tröstliches sagen von diesem Sommer.
Daß jene aus Trümmern zusammengesetzte italie- nische Opern-Unternehmung, mit welcher die Carina nach Deutschland gezogen sein sollte, des Weges nicht gekommen, den Kästner mit seinen Thieren verfolgte, das bestätigte sich überall, wo Anton Nachfrage hielt; er ward endlich müde zu fragen, wie zu hoffen. Er starb nach und nach für Alles ab, worin ein Mensch in seinen Jahren etwa Freude sucht. Wie er bei Ge- ronimo jenseit der Alpen ein sinnlich- und erotisch- wildes, doch nicht unpoetisches Leben geführt, so ging er jetzt als vollkommenstes Bild eines jungen Phili- sters neben seinem philisterhaftesten Urbilde einher: Zwei grüne Jagd-Pekeschen, eine dick und breit, die andere dünn und schlank; in der einen befand sich der Herr, in der andern der Diener; aber Herr und Die- ner dienten nur einer Herrin, der lobenswerthesten Prosa. Sie thaten ihre Arbeit, nahmen mäßiges Geld
wo ſeine Haſen ſich ſelbſt uͤbertrafen vor der Trommel, dann durch Reifen ſprangen und Schnupftuͤcher appor- tirten, wie wenn ſie Hunde waͤren, nicht Haſen; wo Anton in einer gleichfalls gruͤnen Jagd-Pekeſche die Thiere aus dem Stall in den Saal uͤber die Stiegen hinauf und wieder hinab geleitete; .... es laͤßt ſich weiter nichts Troͤſtliches ſagen von dieſem Sommer.
Daß jene aus Truͤmmern zuſammengeſetzte italie- niſche Opern-Unternehmung, mit welcher die Carina nach Deutſchland gezogen ſein ſollte, des Weges nicht gekommen, den Kaͤſtner mit ſeinen Thieren verfolgte, das beſtaͤtigte ſich uͤberall, wo Anton Nachfrage hielt; er ward endlich muͤde zu fragen, wie zu hoffen. Er ſtarb nach und nach fuͤr Alles ab, worin ein Menſch in ſeinen Jahren etwa Freude ſucht. Wie er bei Ge- ronimo jenſeit der Alpen ein ſinnlich- und erotiſch- wildes, doch nicht unpoetiſches Leben gefuͤhrt, ſo ging er jetzt als vollkommenſtes Bild eines jungen Phili- ſters neben ſeinem philiſterhafteſten Urbilde einher: Zwei gruͤne Jagd-Pekeſchen, eine dick und breit, die andere duͤnn und ſchlank; in der einen befand ſich der Herr, in der andern der Diener; aber Herr und Die- ner dienten nur einer Herrin, der lobenswertheſten Proſa. Sie thaten ihre Arbeit, nahmen maͤßiges Geld
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0110"n="106"/>
wo ſeine Haſen ſich ſelbſt uͤbertrafen vor der Trommel,<lb/>
dann durch Reifen ſprangen und Schnupftuͤcher appor-<lb/>
tirten, wie wenn ſie Hunde waͤren, nicht Haſen; wo<lb/>
Anton in einer gleichfalls gruͤnen Jagd-Pekeſche die<lb/>
Thiere aus dem Stall in den Saal uͤber die Stiegen<lb/>
hinauf und wieder hinab geleitete; .... es laͤßt ſich<lb/>
weiter nichts Troͤſtliches ſagen von dieſem Sommer.</p><lb/><p>Daß jene aus Truͤmmern zuſammengeſetzte italie-<lb/>
niſche Opern-Unternehmung, mit welcher die Carina<lb/>
nach Deutſchland gezogen ſein ſollte, des Weges nicht<lb/>
gekommen, den Kaͤſtner mit ſeinen Thieren verfolgte,<lb/>
das beſtaͤtigte ſich uͤberall, wo Anton Nachfrage hielt;<lb/>
er ward endlich muͤde zu fragen, wie zu hoffen. Er<lb/>ſtarb nach und nach fuͤr Alles ab, worin ein Menſch<lb/>
in ſeinen Jahren etwa Freude ſucht. Wie er bei Ge-<lb/>
ronimo jenſeit der Alpen ein ſinnlich- und erotiſch-<lb/>
wildes, doch nicht unpoetiſches Leben gefuͤhrt, ſo ging<lb/>
er jetzt als vollkommenſtes Bild eines jungen Phili-<lb/>ſters neben ſeinem philiſterhafteſten Urbilde einher:<lb/>
Zwei gruͤne Jagd-Pekeſchen, eine dick und breit, die<lb/>
andere duͤnn und ſchlank; in der einen befand ſich der<lb/>
Herr, in der andern der Diener; aber Herr und Die-<lb/>
ner dienten nur einer Herrin, der lobenswertheſten<lb/>
Proſa. Sie thaten ihre Arbeit, nahmen maͤßiges Geld<lb/></p></div></body></text></TEI>
[106/0110]
wo ſeine Haſen ſich ſelbſt uͤbertrafen vor der Trommel,
dann durch Reifen ſprangen und Schnupftuͤcher appor-
tirten, wie wenn ſie Hunde waͤren, nicht Haſen; wo
Anton in einer gleichfalls gruͤnen Jagd-Pekeſche die
Thiere aus dem Stall in den Saal uͤber die Stiegen
hinauf und wieder hinab geleitete; .... es laͤßt ſich
weiter nichts Troͤſtliches ſagen von dieſem Sommer.
Daß jene aus Truͤmmern zuſammengeſetzte italie-
niſche Opern-Unternehmung, mit welcher die Carina
nach Deutſchland gezogen ſein ſollte, des Weges nicht
gekommen, den Kaͤſtner mit ſeinen Thieren verfolgte,
das beſtaͤtigte ſich uͤberall, wo Anton Nachfrage hielt;
er ward endlich muͤde zu fragen, wie zu hoffen. Er
ſtarb nach und nach fuͤr Alles ab, worin ein Menſch
in ſeinen Jahren etwa Freude ſucht. Wie er bei Ge-
ronimo jenſeit der Alpen ein ſinnlich- und erotiſch-
wildes, doch nicht unpoetiſches Leben gefuͤhrt, ſo ging
er jetzt als vollkommenſtes Bild eines jungen Phili-
ſters neben ſeinem philiſterhafteſten Urbilde einher:
Zwei gruͤne Jagd-Pekeſchen, eine dick und breit, die
andere duͤnn und ſchlank; in der einen befand ſich der
Herr, in der andern der Diener; aber Herr und Die-
ner dienten nur einer Herrin, der lobenswertheſten
Proſa. Sie thaten ihre Arbeit, nahmen maͤßiges Geld
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden03_1852/110>, abgerufen am 27.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.