Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

lachen und sich nach dem alten, verwiesenen Bajazzo
vergeblich sehnt.)

Anton fand nicht die geringste Ursach' zur Klage,
mußte Laura's Benehmen loben und würde auch
vollkommen beruhiget gewesen sein, hätte nicht das
Verfahren der Jartour ihn stutzig gemacht. Diese
nämlich, noch eben so wenig mit ihm redend, ihm
noch eben so ängstlich ausweichend wie sonst, schien
sich die Aufgabe gestellt zu haben, Madame Laura
Amelot in ihrer Beziehung auf Herrn Amelot zu
überwachen. Es stellte sich beinahe dar, wie wenn
sie den Mann innig liebe, jeden seiner Blicke auf-
lauern, auskundschaften wolle, ob die von ihm
getrennte Frau sich auch nur verstohlen nach ihm
wende. Wo eine Möglichkeit sich ergab, daß die Bei-
den an einander vorübergehen, daß sie, sich begegnend,
eine Silbe wechseln könnten, lauschte Adele gewiß in
irgend einem Versteck. Wie dies Allen auffiel, entging es
auch Anton nicht. Der Argwohn flüsterte ihm mit
schneidender Stimme in's Herz: nicht um Jhrer
selbst Willen übt jene das beschwerliche Wächteramt,
sie thut es für Dich! Und die natürliche Folge davon
war, daß auch er mißtrauisch wurde, dies Miß-
trauen trug sich auf seinen Umgang mit Laura über,

lachen und ſich nach dem alten, verwieſenen Bajazzo
vergeblich ſehnt.)

Anton fand nicht die geringſte Urſach’ zur Klage,
mußte Laura’s Benehmen loben und wuͤrde auch
vollkommen beruhiget geweſen ſein, haͤtte nicht das
Verfahren der Jartour ihn ſtutzig gemacht. Dieſe
naͤmlich, noch eben ſo wenig mit ihm redend, ihm
noch eben ſo aͤngſtlich ausweichend wie ſonſt, ſchien
ſich die Aufgabe geſtellt zu haben, Madame Laura
Amelot in ihrer Beziehung auf Herrn Amelot zu
uͤberwachen. Es ſtellte ſich beinahe dar, wie wenn
ſie den Mann innig liebe, jeden ſeiner Blicke auf-
lauern, auskundſchaften wolle, ob die von ihm
getrennte Frau ſich auch nur verſtohlen nach ihm
wende. Wo eine Moͤglichkeit ſich ergab, daß die Bei-
den an einander voruͤbergehen, daß ſie, ſich begegnend,
eine Silbe wechſeln koͤnnten, lauſchte Adele gewiß in
irgend einem Verſteck. Wie dies Allen auffiel, entging es
auch Anton nicht. Der Argwohn fluͤſterte ihm mit
ſchneidender Stimme in’s Herz: nicht um Jhrer
ſelbſt Willen uͤbt jene das beſchwerliche Waͤchteramt,
ſie thut es fuͤr Dich! Und die natuͤrliche Folge davon
war, daß auch er mißtrauiſch wurde, dies Miß-
trauen trug ſich auf ſeinen Umgang mit Laura uͤber,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0048" n="46"/>
lachen und &#x017F;ich nach dem alten, verwie&#x017F;enen Bajazzo<lb/>
vergeblich &#x017F;ehnt.)</p><lb/>
        <p>Anton fand nicht die gering&#x017F;te Ur&#x017F;ach&#x2019; zur Klage,<lb/>
mußte Laura&#x2019;s Benehmen loben und wu&#x0364;rde auch<lb/>
vollkommen beruhiget gewe&#x017F;en &#x017F;ein, ha&#x0364;tte nicht das<lb/>
Verfahren der Jartour ihn &#x017F;tutzig gemacht. Die&#x017F;e<lb/>
na&#x0364;mlich, noch eben &#x017F;o wenig mit ihm redend, ihm<lb/>
noch eben &#x017F;o a&#x0364;ng&#x017F;tlich ausweichend wie &#x017F;on&#x017F;t, &#x017F;chien<lb/>
&#x017F;ich die Aufgabe ge&#x017F;tellt zu haben, Madame Laura<lb/>
Amelot in ihrer Beziehung auf Herrn Amelot zu<lb/>
u&#x0364;berwachen. Es &#x017F;tellte &#x017F;ich beinahe dar, wie wenn<lb/><hi rendition="#g">&#x017F;ie</hi> den Mann innig liebe, jeden &#x017F;einer Blicke auf-<lb/>
lauern, auskund&#x017F;chaften wolle, ob die von ihm<lb/>
getrennte Frau &#x017F;ich auch nur ver&#x017F;tohlen nach ihm<lb/>
wende. Wo eine Mo&#x0364;glichkeit &#x017F;ich ergab, daß die Bei-<lb/>
den an einander voru&#x0364;bergehen, daß &#x017F;ie, &#x017F;ich begegnend,<lb/>
eine Silbe wech&#x017F;eln ko&#x0364;nnten, lau&#x017F;chte Adele gewiß in<lb/>
irgend einem Ver&#x017F;teck. Wie dies Allen auffiel, entging es<lb/>
auch Anton nicht. Der Argwohn flu&#x0364;&#x017F;terte ihm mit<lb/>
&#x017F;chneidender Stimme in&#x2019;s Herz: nicht um Jhrer<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t Willen u&#x0364;bt jene das be&#x017F;chwerliche Wa&#x0364;chteramt,<lb/>
&#x017F;ie thut es fu&#x0364;r Dich! Und die natu&#x0364;rliche Folge davon<lb/>
war, daß auch er mißtraui&#x017F;ch wurde, dies Miß-<lb/>
trauen trug &#x017F;ich auf &#x017F;einen Umgang mit Laura u&#x0364;ber,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0048] lachen und ſich nach dem alten, verwieſenen Bajazzo vergeblich ſehnt.) Anton fand nicht die geringſte Urſach’ zur Klage, mußte Laura’s Benehmen loben und wuͤrde auch vollkommen beruhiget geweſen ſein, haͤtte nicht das Verfahren der Jartour ihn ſtutzig gemacht. Dieſe naͤmlich, noch eben ſo wenig mit ihm redend, ihm noch eben ſo aͤngſtlich ausweichend wie ſonſt, ſchien ſich die Aufgabe geſtellt zu haben, Madame Laura Amelot in ihrer Beziehung auf Herrn Amelot zu uͤberwachen. Es ſtellte ſich beinahe dar, wie wenn ſie den Mann innig liebe, jeden ſeiner Blicke auf- lauern, auskundſchaften wolle, ob die von ihm getrennte Frau ſich auch nur verſtohlen nach ihm wende. Wo eine Moͤglichkeit ſich ergab, daß die Bei- den an einander voruͤbergehen, daß ſie, ſich begegnend, eine Silbe wechſeln koͤnnten, lauſchte Adele gewiß in irgend einem Verſteck. Wie dies Allen auffiel, entging es auch Anton nicht. Der Argwohn fluͤſterte ihm mit ſchneidender Stimme in’s Herz: nicht um Jhrer ſelbſt Willen uͤbt jene das beſchwerliche Waͤchteramt, ſie thut es fuͤr Dich! Und die natuͤrliche Folge davon war, daß auch er mißtrauiſch wurde, dies Miß- trauen trug ſich auf ſeinen Umgang mit Laura uͤber,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/48
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/48>, abgerufen am 24.11.2024.