Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

Auch war es heute nicht mehr jenes rasende
Wirbeldrehen der sich jagenden Gedanken, wie es ihn
gestern dem Wahnsinn nahe gebracht.

Er wurde fähig, in richtiger Schluß- und Folge-
Reihe der letztvergangenen Tage Ereignisse zu über-
schauen und bis auf die Begebenheit zurückzuschließen
die seinen entschiedenen Bruch mit Theodor und mit
.... ihr, deren Namen er nicht mehr aussprach,
herbeigeführt. Dadurch kam er natürlich auch auf
die italienische Sängerin, deren trauriges Schicksal
er sich so sehr zu Herzen genommen und in deren
Vertheidigung gegen ungerechte Feindseligkeit er
Theodor'n ge[s]chlagen hatte.

Was war es denn zunächst, -- diese Frage legte
er sich selbst vor, -- das mich so rücksichtslos verfah-
ren ließ?

Gewiß nicht allein mein lang zurückgehaltener
Groll gegen ihn!

Gewiß nicht allein der Ueberdruß an meiner
Abhängigkeit von ihr!

Gewiß eben so wenig der Antheil für eine gemiß-
handelte Künstlerin im Allgemeinen!

Nein, es gesellte sich etwas rein Persönliches

Auch war es heute nicht mehr jenes raſende
Wirbeldrehen der ſich jagenden Gedanken, wie es ihn
geſtern dem Wahnſinn nahe gebracht.

Er wurde faͤhig, in richtiger Schluß- und Folge-
Reihe der letztvergangenen Tage Ereigniſſe zu uͤber-
ſchauen und bis auf die Begebenheit zuruͤckzuſchließen
die ſeinen entſchiedenen Bruch mit Theodor und mit
.... ihr, deren Namen er nicht mehr ausſprach,
herbeigefuͤhrt. Dadurch kam er natuͤrlich auch auf
die italieniſche Saͤngerin, deren trauriges Schickſal
er ſich ſo ſehr zu Herzen genommen und in deren
Vertheidigung gegen ungerechte Feindſeligkeit er
Theodor’n ge[ſ]chlagen hatte.

Was war es denn zunaͤchſt, — dieſe Frage legte
er ſich ſelbſt vor, — das mich ſo ruͤckſichtslos verfah-
ren ließ?

Gewiß nicht allein mein lang zuruͤckgehaltener
Groll gegen ihn!

Gewiß nicht allein der Ueberdruß an meiner
Abhaͤngigkeit von ihr!

Gewiß eben ſo wenig der Antheil fuͤr eine gemiß-
handelte Kuͤnſtlerin im Allgemeinen!

Nein, es geſellte ſich etwas rein Perſoͤnliches

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0333" n="331"/>
        <p>Auch war es heute nicht mehr jenes ra&#x017F;ende<lb/>
Wirbeldrehen der &#x017F;ich jagenden Gedanken, wie es ihn<lb/>
ge&#x017F;tern dem Wahn&#x017F;inn nahe gebracht.</p><lb/>
        <p>Er wurde fa&#x0364;hig, in richtiger Schluß- und Folge-<lb/>
Reihe der letztvergangenen Tage Ereigni&#x017F;&#x017F;e zu u&#x0364;ber-<lb/>
&#x017F;chauen und bis auf die Begebenheit zuru&#x0364;ckzu&#x017F;chließen<lb/>
die &#x017F;einen ent&#x017F;chiedenen Bruch mit Theodor und mit<lb/>
.... <hi rendition="#g">ihr,</hi> deren Namen er nicht mehr aus&#x017F;prach,<lb/>
herbeigefu&#x0364;hrt. Dadurch kam er natu&#x0364;rlich auch auf<lb/>
die italieni&#x017F;che Sa&#x0364;ngerin, deren trauriges Schick&#x017F;al<lb/>
er &#x017F;ich &#x017F;o &#x017F;ehr zu Herzen genommen und in deren<lb/>
Vertheidigung gegen ungerechte Feind&#x017F;eligkeit er<lb/>
Theodor&#x2019;n ge<supplied>&#x017F;</supplied>chlagen hatte.</p><lb/>
        <p>Was war es denn zuna&#x0364;ch&#x017F;t, &#x2014; die&#x017F;e Frage legte<lb/>
er &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t vor, &#x2014; das mich &#x017F;o ru&#x0364;ck&#x017F;ichtslos verfah-<lb/>
ren ließ?</p><lb/>
        <p>Gewiß nicht allein mein lang zuru&#x0364;ckgehaltener<lb/>
Groll gegen ihn!</p><lb/>
        <p>Gewiß nicht allein der Ueberdruß an meiner<lb/>
Abha&#x0364;ngigkeit von ihr!</p><lb/>
        <p>Gewiß eben &#x017F;o wenig der Antheil fu&#x0364;r eine gemiß-<lb/>
handelte Ku&#x0364;n&#x017F;tlerin im Allgemeinen!</p><lb/>
        <p>Nein, es ge&#x017F;ellte &#x017F;ich etwas rein Per&#x017F;o&#x0364;nliches<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[331/0333] Auch war es heute nicht mehr jenes raſende Wirbeldrehen der ſich jagenden Gedanken, wie es ihn geſtern dem Wahnſinn nahe gebracht. Er wurde faͤhig, in richtiger Schluß- und Folge- Reihe der letztvergangenen Tage Ereigniſſe zu uͤber- ſchauen und bis auf die Begebenheit zuruͤckzuſchließen die ſeinen entſchiedenen Bruch mit Theodor und mit .... ihr, deren Namen er nicht mehr ausſprach, herbeigefuͤhrt. Dadurch kam er natuͤrlich auch auf die italieniſche Saͤngerin, deren trauriges Schickſal er ſich ſo ſehr zu Herzen genommen und in deren Vertheidigung gegen ungerechte Feindſeligkeit er Theodor’n geſchlagen hatte. Was war es denn zunaͤchſt, — dieſe Frage legte er ſich ſelbſt vor, — das mich ſo ruͤckſichtslos verfah- ren ließ? Gewiß nicht allein mein lang zuruͤckgehaltener Groll gegen ihn! Gewiß nicht allein der Ueberdruß an meiner Abhaͤngigkeit von ihr! Gewiß eben ſo wenig der Antheil fuͤr eine gemiß- handelte Kuͤnſtlerin im Allgemeinen! Nein, es geſellte ſich etwas rein Perſoͤnliches

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/333
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/333>, abgerufen am 27.11.2024.