seiner Leiche mich zwingen, die Deinige zu bleiben. Dann hätt' ich wenigstens Furcht vor Dir gehabt, wie vor dem schwarzen Wolfgang, vor dem ich heute noch bebe, obschon er todt ist. Aber Du -- geh', ich verachte Dich. Und nun holt Degen herbei, laßt euch zur Ader. Doch aus Deinen Wunden wird nur Wasser fließen.
Nicht blaß, nicht bleich, -- grün im Gesicht stand Theodor vor ihnen.
"Also nicht der Baron de la Vanniere? Ein Jmposteur! Ein gemeiner Dorfjunge, der von meiner Herrschaft entwich? Ein Betrüger? Desto besser, so brauch' ich ihn nicht zu züchtigen mit eigener Hand. So darf ich, ohne meiner Ehre nahe zu treten, ihn den Behörden zur Bestrafung übergeben. Und das wird geschehen. Morgen früh setz' ich unsere Gesandt- schaft in Kenntniß, diese mag das Uebrige machen. Jetzt, Schlingel, hinaus, oder meine Leute sollen Dich mit Peitschen hinaus treiben!"
Wirf ihn nieder! Durchbohre ihn! keuchte Bär- bel, ein spitzes Vorschneidemesser vom Büffet neh- mend. Und sie erhob es drohend.
Theodor wankte. Zu ihr gewendet flüsterte er, daß es der Gegner nicht hören solle: "Treulose,
ſeiner Leiche mich zwingen, die Deinige zu bleiben. Dann haͤtt’ ich wenigſtens Furcht vor Dir gehabt, wie vor dem ſchwarzen Wolfgang, vor dem ich heute noch bebe, obſchon er todt iſt. Aber Du — geh’, ich verachte Dich. Und nun holt Degen herbei, laßt euch zur Ader. Doch aus Deinen Wunden wird nur Waſſer fließen.
Nicht blaß, nicht bleich, — gruͤn im Geſicht ſtand Theodor vor ihnen.
„Alſo nicht der Baron de la Vannière? Ein Jmpoſteur! Ein gemeiner Dorfjunge, der von meiner Herrſchaft entwich? Ein Betruͤger? Deſto beſſer, ſo brauch’ ich ihn nicht zu zuͤchtigen mit eigener Hand. So darf ich, ohne meiner Ehre nahe zu treten, ihn den Behoͤrden zur Beſtrafung uͤbergeben. Und das wird geſchehen. Morgen fruͤh ſetz’ ich unſere Geſandt- ſchaft in Kenntniß, dieſe mag das Uebrige machen. Jetzt, Schlingel, hinaus, oder meine Leute ſollen Dich mit Peitſchen hinaus treiben!“
Wirf ihn nieder! Durchbohre ihn! keuchte Baͤr- bel, ein ſpitzes Vorſchneidemeſſer vom Buͤffet neh- mend. Und ſie erhob es drohend.
Theodor wankte. Zu ihr gewendet fluͤſterte er, daß es der Gegner nicht hoͤren ſolle: „Treuloſe,
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ſeiner Leiche mich zwingen, die Deinige zu bleiben.
Dann haͤtt’ ich wenigſtens Furcht vor Dir gehabt,
wie vor dem ſchwarzen Wolfgang, vor dem ich heute
noch bebe, obſchon er todt iſt. Aber Du — geh’, ich
verachte Dich. Und nun holt Degen herbei, laßt euch
zur Ader. Doch aus Deinen Wunden wird nur
Waſſer fließen.
Nicht blaß, nicht bleich, — gruͤn im Geſicht ſtand
Theodor vor ihnen.
„Alſo nicht der Baron de la Vannière? Ein
Jmpoſteur! Ein gemeiner Dorfjunge, der von meiner
Herrſchaft entwich? Ein Betruͤger? Deſto beſſer, ſo
brauch’ ich ihn nicht zu zuͤchtigen mit eigener Hand.
So darf ich, ohne meiner Ehre nahe zu treten, ihn
den Behoͤrden zur Beſtrafung uͤbergeben. Und das
wird geſchehen. Morgen fruͤh ſetz’ ich unſere Geſandt-
ſchaft in Kenntniß, dieſe mag das Uebrige machen.
Jetzt, Schlingel, hinaus, oder meine Leute ſollen Dich
mit Peitſchen hinaus treiben!“
Wirf ihn nieder! Durchbohre ihn! keuchte Baͤr-
bel, ein ſpitzes Vorſchneidemeſſer vom Buͤffet neh-
mend. Und ſie erhob es drohend.
Theodor wankte. Zu ihr gewendet fluͤſterte er,
daß es der Gegner nicht hoͤren ſolle: „Treuloſe,
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/322>, abgerufen am 26.11.2024.
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