die Gegner, -- vielleicht hätte diesesmal der Beifall unbefangener Hörer gesiegt! Da rief Theodor das Gesindel auf's Neue wach; er gab das Signal zum Wiederausbruch des Pfeifens. Aber kaum hatte er, durch Bärbel ermuntert, diese Heldenthat vollbracht, -- durch Bärbel, welche der beklagenswerthen Sän- gerin Anton's Theilnahme und Mitgefühl nicht zu gönnen schien, -- als dieser auch schon dem sehr edlen Herrn Theodor van der Helfft einen überschwäng- lichen Backenstreich in's hämisch-lächelnde Antlitz geschlagen und dabei in lautem, allgemein-verständ- lichem Französisch ausgerufen: "Sie sind ein feiger, infamer Schurke!"
Das kostet Blut, Baron, schrie Theodor, der ihn an der Brust packte.
"Jch verlang' es nicht besser," antwortete Anton; "aber erst noch eine Brandmarke auf die andere Backe!"
Der Tumult wurde allgemein. "a la porte!" erscholl es von Oben bis Unten.
Bärbel riß die Schäumenden auseinander, ergriff Antons Arm, weil es ihr um den Geliebten am Mei- sten zu thun war, und sie verhindern wollte, daß er sich heute Abend aus ihren Augen entferne. Er selbst,
die Gegner, — vielleicht haͤtte dieſesmal der Beifall unbefangener Hoͤrer geſiegt! Da rief Theodor das Geſindel auf’s Neue wach; er gab das Signal zum Wiederausbruch des Pfeifens. Aber kaum hatte er, durch Baͤrbel ermuntert, dieſe Heldenthat vollbracht, — durch Baͤrbel, welche der beklagenswerthen Saͤn- gerin Anton’s Theilnahme und Mitgefuͤhl nicht zu goͤnnen ſchien, — als dieſer auch ſchon dem ſehr edlen Herrn Theodor van der Helfft einen uͤberſchwaͤng- lichen Backenſtreich in’s haͤmiſch-laͤchelnde Antlitz geſchlagen und dabei in lautem, allgemein-verſtaͤnd- lichem Franzoͤſiſch ausgerufen: „Sie ſind ein feiger, infamer Schurke!“
Das koſtet Blut, Baron, ſchrie Theodor, der ihn an der Bruſt packte.
„Jch verlang’ es nicht beſſer,“ antwortete Anton; „aber erſt noch eine Brandmarke auf die andere Backe!“
Der Tumult wurde allgemein. „à la porte!“ erſcholl es von Oben bis Unten.
Baͤrbel riß die Schaͤumenden auseinander, ergriff Antons Arm, weil es ihr um den Geliebten am Mei- ſten zu thun war, und ſie verhindern wollte, daß er ſich heute Abend aus ihren Augen entferne. Er ſelbſt,
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die Gegner, — vielleicht haͤtte dieſesmal der Beifall
unbefangener Hoͤrer geſiegt! Da rief Theodor das
Geſindel auf’s Neue wach; er gab das Signal zum
Wiederausbruch des Pfeifens. Aber kaum hatte er,
durch Baͤrbel ermuntert, dieſe Heldenthat vollbracht,
— durch Baͤrbel, welche der beklagenswerthen Saͤn-
gerin Anton’s Theilnahme und Mitgefuͤhl nicht zu
goͤnnen ſchien, — als dieſer auch ſchon dem ſehr edlen
Herrn Theodor van der Helfft einen uͤberſchwaͤng-
lichen Backenſtreich in’s haͤmiſch-laͤchelnde Antlitz
geſchlagen und dabei in lautem, allgemein-verſtaͤnd-
lichem Franzoͤſiſch ausgerufen: „Sie ſind ein feiger,
infamer Schurke!“
Das koſtet Blut, Baron, ſchrie Theodor, der ihn
an der Bruſt packte.
„Jch verlang’ es nicht beſſer,“ antwortete Anton;
„aber erſt noch eine Brandmarke auf die andere
Backe!“
Der Tumult wurde allgemein. „à la porte!“
erſcholl es von Oben bis Unten.
Baͤrbel riß die Schaͤumenden auseinander, ergriff
Antons Arm, weil es ihr um den Geliebten am Mei-
ſten zu thun war, und ſie verhindern wollte, daß er
ſich heute Abend aus ihren Augen entferne. Er ſelbſt,
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/319>, abgerufen am 26.11.2024.
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