Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

menkunft, die sie nur durch unsäglichen Aufwand
von frecher List zu Stande gebracht, konnte für
etwas Außerordentliches gelten, da Theodor nicht
gewöhnt war, die Gefährtin lange zu entbehren.
Wiederholen ließ dieses Wagestück sich nicht mehr.
Deshalb hatte sie den wie in einem Rausche taumeln-
den Anton mit dem Bedeuten aus der Straße
d'Enfer entlassen, er möge ihr den nächsten Tag
Ruhe und Raum gönnen, anzuordnen, was für ihr
beiderseitiges Glück vorbereitet werden müsse und erst
am dritten Tage sich mit Sack und Pack daselbst ein-
finden, um die kleine, doch gut eingerichtete Wohnung
ganz und gar zu beziehen. Weitere Verhaltungs-
befehle sollten ihm durch die vertraute Wirthin zu-
gehen.

Dieser Anweisung war er wörtlich nachgekommen,
ohne zu seiner Uebersiedelung große Anstalten nöthig
zu haben. Bücher, Musikalien, andere Papiere bil-
deten schier den größten Theil seiner Habseligkeiten;
den schwereren ganz gewiß.

Die Frau, welche das Apartement vermiethete,
zeigte sich wirklich als Vertraute; sie verschwieg dem
neuen Einwohner nicht, daß Madame Barbe die
bedeutende Summe dafür zahle, seit jenem Abend,

menkunft, die ſie nur durch unſaͤglichen Aufwand
von frecher Liſt zu Stande gebracht, konnte fuͤr
etwas Außerordentliches gelten, da Theodor nicht
gewoͤhnt war, die Gefaͤhrtin lange zu entbehren.
Wiederholen ließ dieſes Wageſtuͤck ſich nicht mehr.
Deshalb hatte ſie den wie in einem Rauſche taumeln-
den Anton mit dem Bedeuten aus der Straße
d’Enfer entlaſſen, er moͤge ihr den naͤchſten Tag
Ruhe und Raum goͤnnen, anzuordnen, was fuͤr ihr
beiderſeitiges Gluͤck vorbereitet werden muͤſſe und erſt
am dritten Tage ſich mit Sack und Pack daſelbſt ein-
finden, um die kleine, doch gut eingerichtete Wohnung
ganz und gar zu beziehen. Weitere Verhaltungs-
befehle ſollten ihm durch die vertraute Wirthin zu-
gehen.

Dieſer Anweiſung war er woͤrtlich nachgekommen,
ohne zu ſeiner Ueberſiedelung große Anſtalten noͤthig
zu haben. Buͤcher, Muſikalien, andere Papiere bil-
deten ſchier den groͤßten Theil ſeiner Habſeligkeiten;
den ſchwereren ganz gewiß.

Die Frau, welche das Apartement vermiethete,
zeigte ſich wirklich als Vertraute; ſie verſchwieg dem
neuen Einwohner nicht, daß Madame Barbe die
bedeutende Summe dafuͤr zahle, ſeit jenem Abend,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0288" n="286"/>
menkunft, die &#x017F;ie nur durch un&#x017F;a&#x0364;glichen Aufwand<lb/>
von frecher Li&#x017F;t zu Stande gebracht, konnte fu&#x0364;r<lb/>
etwas Außerordentliches gelten, da Theodor nicht<lb/>
gewo&#x0364;hnt war, die Gefa&#x0364;hrtin lange zu entbehren.<lb/>
Wiederholen ließ die&#x017F;es Wage&#x017F;tu&#x0364;ck &#x017F;ich nicht mehr.<lb/>
Deshalb hatte &#x017F;ie den wie in einem Rau&#x017F;che taumeln-<lb/>
den Anton mit dem Bedeuten aus der Straße<lb/>
d&#x2019;Enfer entla&#x017F;&#x017F;en, er mo&#x0364;ge ihr den na&#x0364;ch&#x017F;ten Tag<lb/>
Ruhe und Raum go&#x0364;nnen, anzuordnen, was fu&#x0364;r ihr<lb/>
beider&#x017F;eitiges Glu&#x0364;ck vorbereitet werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e und er&#x017F;t<lb/>
am dritten Tage &#x017F;ich mit Sack und Pack da&#x017F;elb&#x017F;t ein-<lb/>
finden, um die kleine, doch gut eingerichtete Wohnung<lb/>
ganz und gar zu beziehen. Weitere Verhaltungs-<lb/>
befehle &#x017F;ollten ihm durch die vertraute Wirthin zu-<lb/>
gehen.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;er Anwei&#x017F;ung war er wo&#x0364;rtlich nachgekommen,<lb/>
ohne zu &#x017F;einer Ueber&#x017F;iedelung große An&#x017F;talten no&#x0364;thig<lb/>
zu haben. Bu&#x0364;cher, Mu&#x017F;ikalien, andere Papiere bil-<lb/>
deten &#x017F;chier den gro&#x0364;ßten Theil &#x017F;einer Hab&#x017F;eligkeiten;<lb/>
den &#x017F;chwereren ganz gewiß.</p><lb/>
        <p>Die Frau, welche das Apartement vermiethete,<lb/>
zeigte &#x017F;ich wirklich als Vertraute; &#x017F;ie ver&#x017F;chwieg dem<lb/>
neuen Einwohner nicht, daß Madame Barbe die<lb/>
bedeutende Summe dafu&#x0364;r zahle, &#x017F;eit jenem Abend,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[286/0288] menkunft, die ſie nur durch unſaͤglichen Aufwand von frecher Liſt zu Stande gebracht, konnte fuͤr etwas Außerordentliches gelten, da Theodor nicht gewoͤhnt war, die Gefaͤhrtin lange zu entbehren. Wiederholen ließ dieſes Wageſtuͤck ſich nicht mehr. Deshalb hatte ſie den wie in einem Rauſche taumeln- den Anton mit dem Bedeuten aus der Straße d’Enfer entlaſſen, er moͤge ihr den naͤchſten Tag Ruhe und Raum goͤnnen, anzuordnen, was fuͤr ihr beiderſeitiges Gluͤck vorbereitet werden muͤſſe und erſt am dritten Tage ſich mit Sack und Pack daſelbſt ein- finden, um die kleine, doch gut eingerichtete Wohnung ganz und gar zu beziehen. Weitere Verhaltungs- befehle ſollten ihm durch die vertraute Wirthin zu- gehen. Dieſer Anweiſung war er woͤrtlich nachgekommen, ohne zu ſeiner Ueberſiedelung große Anſtalten noͤthig zu haben. Buͤcher, Muſikalien, andere Papiere bil- deten ſchier den groͤßten Theil ſeiner Habſeligkeiten; den ſchwereren ganz gewiß. Die Frau, welche das Apartement vermiethete, zeigte ſich wirklich als Vertraute; ſie verſchwieg dem neuen Einwohner nicht, daß Madame Barbe die bedeutende Summe dafuͤr zahle, ſeit jenem Abend,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/288
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/288>, abgerufen am 24.11.2024.