Aufrichtigkeit erzählen, was Sie erlebt haben, seit- dem Sie mich von Jhrem keuschen Nachtlager auf so unliebenswürdige Art verscheuchten. Es muß viel mit Jhnen vorgegangen sein. Das spricht aus Jhren Augen, aus Jhrer Haltung, Jhrem ganzen Benehmen.
Wir haben uns binnen drei Jahren Beide ein wenig formirt, -- bei Jhnen wird das wahrschein- lich tiefer gedrungen sein als bei mir, wo nur die Hülle verändert ward. Jnwendig bin ich noch ... davon nachher. Jetzt will ich hören.
Anton ließ sich nicht bitten. Er erzählte mit leb- hafter Beredsamkeit. Unter den verschiedenartigen Anregungen, die ihn feurig durchströmten und in denen Gefühle zartester, reinster Gattung mit sehr irdischen Bildern sich vermischten, war der Wunsch, seiner Zuhörerin beifällige Theilnahme abzugewinnen, wahrlich die geringste nicht. Er begann vom Auf- bruch aus Liebenau, führte die wichtigsten Ereig- nisse seiner drei Wanderjahre an ihr vorüber, glitt nun über seine sentimale Sehnsucht nach Adelen schamhaft und verschämt hinweg, verweilte dagegen desto kecker bei Käthchen, und malte das
Aufrichtigkeit erzaͤhlen, was Sie erlebt haben, ſeit- dem Sie mich von Jhrem keuſchen Nachtlager auf ſo unliebenswuͤrdige Art verſcheuchten. Es muß viel mit Jhnen vorgegangen ſein. Das ſpricht aus Jhren Augen, aus Jhrer Haltung, Jhrem ganzen Benehmen.
Wir haben uns binnen drei Jahren Beide ein wenig formirt, — bei Jhnen wird das wahrſchein- lich tiefer gedrungen ſein als bei mir, wo nur die Huͤlle veraͤndert ward. Jnwendig bin ich noch ... davon nachher. Jetzt will ich hoͤren.
Anton ließ ſich nicht bitten. Er erzaͤhlte mit leb- hafter Beredſamkeit. Unter den verſchiedenartigen Anregungen, die ihn feurig durchſtroͤmten und in denen Gefuͤhle zarteſter, reinſter Gattung mit ſehr irdiſchen Bildern ſich vermiſchten, war der Wunſch, ſeiner Zuhoͤrerin beifaͤllige Theilnahme abzugewinnen, wahrlich die geringſte nicht. Er begann vom Auf- bruch aus Liebenau, fuͤhrte die wichtigſten Ereig- niſſe ſeiner drei Wanderjahre an ihr voruͤber, glitt nun uͤber ſeine ſentimale Sehnſucht nach Adelen ſchamhaft und verſchaͤmt hinweg, verweilte dagegen deſto kecker bei Kaͤthchen, und malte das
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Aufrichtigkeit erzaͤhlen, was Sie erlebt haben, ſeit-
dem Sie mich von Jhrem keuſchen Nachtlager auf
ſo unliebenswuͤrdige Art verſcheuchten. Es muß viel
mit Jhnen vorgegangen ſein. Das ſpricht aus
Jhren Augen, aus Jhrer Haltung, Jhrem ganzen
Benehmen.
Wir haben uns binnen drei Jahren Beide ein
wenig formirt, — bei Jhnen wird das wahrſchein-
lich tiefer gedrungen ſein als bei mir, wo nur die
Huͤlle veraͤndert ward. Jnwendig bin ich noch ...
davon nachher. Jetzt will ich hoͤren.
Anton ließ ſich nicht bitten. Er erzaͤhlte mit leb-
hafter Beredſamkeit. Unter den verſchiedenartigen
Anregungen, die ihn feurig durchſtroͤmten und in
denen Gefuͤhle zarteſter, reinſter Gattung mit ſehr
irdiſchen Bildern ſich vermiſchten, war der Wunſch,
ſeiner Zuhoͤrerin beifaͤllige Theilnahme abzugewinnen,
wahrlich die geringſte nicht. Er begann vom Auf-
bruch aus Liebenau, fuͤhrte die wichtigſten Ereig-
niſſe ſeiner drei Wanderjahre an ihr voruͤber,
glitt nun uͤber ſeine ſentimale Sehnſucht nach
Adelen ſchamhaft und verſchaͤmt hinweg, verweilte
dagegen deſto kecker bei Kaͤthchen, und malte das
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/284>, abgerufen am 24.11.2024.
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