(die Unternehmer eingerechnet) bis zum letzten Statisten des eben in Gunst stehenden Schlachten- Melodrama's herab mit Fragen über Adele Jartour bestürmte. Als er, nach unzähligen Versicherungen, daß man nichts von ihr vernommen, immer wieder auf's Neue zu fragen anfing, hielten sie ihn für ver- rückt und ließen ihn stehen.
Weiteren Rath wußte der Gute nicht.
Einige der Wohlmeinenderen hatten ihm zwar vorgeschlagen, sich bei der Polizei nach ihr zu erkun- digen. Doch diesen Rath ließ er unbenützt. Eines Theils weil ihm vor Entdeckungen, seine eigene Per- son betreffend, bangte; dann aber und hauptsächlich, weil er sich sagte: wenn sie nicht bei Franconi's war, wenn diese nichts von ihr wissen, befindet sie sich auch nicht hier. Denn was sollte sie aufgesucht haben in Paris, wo nicht ihr Metier? Es wird schon sein, wie Herr Aubri meinte: sie ist nach England hinüber! Sie ist mir wirklich verloren! Ach, und ich fürchte, nun bin ich es mir auch.
Eine Muthlosigkeit kam über ihn, wie sie nur in einer solchen Weltstadt über den einsamen, völlig verlassenen Jüngling kommen kann, der gleich bei
(die Unternehmer eingerechnet) bis zum letzten Statiſten des eben in Gunſt ſtehenden Schlachten- Melodrama’s herab mit Fragen uͤber Adele Jartour beſtuͤrmte. Als er, nach unzaͤhligen Verſicherungen, daß man nichts von ihr vernommen, immer wieder auf’s Neue zu fragen anfing, hielten ſie ihn fuͤr ver- ruͤckt und ließen ihn ſtehen.
Weiteren Rath wußte der Gute nicht.
Einige der Wohlmeinenderen hatten ihm zwar vorgeſchlagen, ſich bei der Polizei nach ihr zu erkun- digen. Doch dieſen Rath ließ er unbenuͤtzt. Eines Theils weil ihm vor Entdeckungen, ſeine eigene Per- ſon betreffend, bangte; dann aber und hauptſaͤchlich, weil er ſich ſagte: wenn ſie nicht bei Franconi’s war, wenn dieſe nichts von ihr wiſſen, befindet ſie ſich auch nicht hier. Denn was ſollte ſie aufgeſucht haben in Paris, wo nicht ihr Metier? Es wird ſchon ſein, wie Herr Aubri meinte: ſie iſt nach England hinuͤber! Sie iſt mir wirklich verloren! Ach, und ich fuͤrchte, nun bin ich es mir auch.
Eine Muthloſigkeit kam uͤber ihn, wie ſie nur in einer ſolchen Weltſtadt uͤber den einſamen, voͤllig verlaſſenen Juͤngling kommen kann, der gleich bei
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(die Unternehmer eingerechnet) bis zum letzten
Statiſten des eben in Gunſt ſtehenden Schlachten-
Melodrama’s herab mit Fragen uͤber Adele Jartour
beſtuͤrmte. Als er, nach unzaͤhligen Verſicherungen,
daß man nichts von ihr vernommen, immer wieder
auf’s Neue zu fragen anfing, hielten ſie ihn fuͤr ver-
ruͤckt und ließen ihn ſtehen.
Weiteren Rath wußte der Gute nicht.
Einige der Wohlmeinenderen hatten ihm zwar
vorgeſchlagen, ſich bei der Polizei nach ihr zu erkun-
digen. Doch dieſen Rath ließ er unbenuͤtzt. Eines
Theils weil ihm vor Entdeckungen, ſeine eigene Per-
ſon betreffend, bangte; dann aber und hauptſaͤchlich,
weil er ſich ſagte: wenn ſie nicht bei Franconi’s war,
wenn dieſe nichts von ihr wiſſen, befindet ſie ſich auch
nicht hier. Denn was ſollte ſie aufgeſucht haben in
Paris, wo nicht ihr Metier? Es wird ſchon ſein, wie
Herr Aubri meinte: ſie iſt nach England hinuͤber!
Sie iſt mir wirklich verloren! Ach, und ich fuͤrchte,
nun bin ich es mir auch.
Eine Muthloſigkeit kam uͤber ihn, wie ſie nur in
einer ſolchen Weltſtadt uͤber den einſamen, voͤllig
verlaſſenen Juͤngling kommen kann, der gleich bei
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/264>, abgerufen am 24.11.2024.
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