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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

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eine Erklärung herbeizuführen, worauf ich beabsich-
tigte, die Jnsolenz des Zopfmannes auf's Schärffte
zu tadeln; ich zwang mich, vorauszusetzen, Käthchen
sei beleidiget durch seine Keckheit und weine aus Zorn.
Deshalb fragt' ich: "Wherefore weep you?"*)

Doch ach, mein Hoffen und Wünschen ward zu
nichte, da sie erwiederte:

"At mine unworthiness, that dare not offer
What J desire to give; and much less take,
What shall die to want."
*)

Jch verwünschte in diesem Augenblicke Herrn
Jeantet, seine Vögel, das Alphabet, meinen Eifer,
den ich an den Tag gelegt, Madame zur Betrachtung
der kleinen gelben Wunder zu geleiten; vor allen
Dingen aber den Fleiß, der mich so rasche Fortschritte
in der englischen Sprache machen ließ, die Verse
verstehen zu lernen, welche sie zitirte.

Also das war der Groll, den sie gegen mich zu
hegen schien! Deshalb konnte sie mir niemals

*) "Weßwegen weint ihr?"
Der Sturm. A. III. Sc. I."
*) "Um meinen Unwerth, daß ich nicht darf bieten
Was ich zu geben wünsche; noch viel minder
Wonach ich todt mich sehnen werde, nehmen.
Der Sturm. A. III. Sc. I."

eine Erklaͤrung herbeizufuͤhren, worauf ich beabſich-
tigte, die Jnſolenz des Zopfmannes auf’s Schaͤrffte
zu tadeln; ich zwang mich, vorauszuſetzen, Kaͤthchen
ſei beleidiget durch ſeine Keckheit und weine aus Zorn.
Deshalb fragt’ ich: „Wherefore weep you?“*)

Doch ach, mein Hoffen und Wuͤnſchen ward zu
nichte, da ſie erwiederte:

„At mine unworthiness, that dare not offer
What J desire to give; and much less take,
What shall die to want.“
*)

Jch verwuͤnſchte in dieſem Augenblicke Herrn
Jeantet, ſeine Voͤgel, das Alphabet, meinen Eifer,
den ich an den Tag gelegt, Madame zur Betrachtung
der kleinen gelben Wunder zu geleiten; vor allen
Dingen aber den Fleiß, der mich ſo raſche Fortſchritte
in der engliſchen Sprache machen ließ, die Verſe
verſtehen zu lernen, welche ſie zitirte.

Alſo das war der Groll, den ſie gegen mich zu
hegen ſchien! Deshalb konnte ſie mir niemals

*) „Weßwegen weint ihr?“
Der Sturm. A. III. Sc. I.
*) „Um meinen Unwerth, daß ich nicht darf bieten
Was ich zu geben wünſche; noch viel minder
Wonach ich todt mich ſehnen werde, nehmen.
Der Sturm. A. III. Sc. I.

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[240/0242] eine Erklaͤrung herbeizufuͤhren, worauf ich beabſich- tigte, die Jnſolenz des Zopfmannes auf’s Schaͤrffte zu tadeln; ich zwang mich, vorauszuſetzen, Kaͤthchen ſei beleidiget durch ſeine Keckheit und weine aus Zorn. Deshalb fragt’ ich: „Wherefore weep you?“ *) Doch ach, mein Hoffen und Wuͤnſchen ward zu nichte, da ſie erwiederte: „At mine unworthiness, that dare not offer What J desire to give; and much less take, What shall die to want.“ *) Jch verwuͤnſchte in dieſem Augenblicke Herrn Jeantet, ſeine Voͤgel, das Alphabet, meinen Eifer, den ich an den Tag gelegt, Madame zur Betrachtung der kleinen gelben Wunder zu geleiten; vor allen Dingen aber den Fleiß, der mich ſo raſche Fortſchritte in der engliſchen Sprache machen ließ, die Verſe verſtehen zu lernen, welche ſie zitirte. Alſo das war der Groll, den ſie gegen mich zu hegen ſchien! Deshalb konnte ſie mir niemals *) „Weßwegen weint ihr?“ Der Sturm. A. III. Sc. I.“ *) „Um meinen Unwerth, daß ich nicht darf bieten Was ich zu geben wünſche; noch viel minder Wonach ich todt mich ſehnen werde, nehmen.Der Sturm. A. III. Sc. I.“

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/242>, abgerufen am 27.11.2024.