Städten längeren Aufenthalt machen, hatte sich auch in B. eine Anzahl täglicher Besucher gesammelt, die Theilnahme für die Reitkunst, Passion für Pferde- Dressur, Bewunderung für dieses oder jenes Frauen- zimmer, Müssiggang, Gewohnheit, wohl gar ein poetisch-romantischer Hang dahin zieht, wo die nüch- ternste, niedrigste Prosa sich hinter gleißende Gewän- der, fremde Sprachen, drohende Gefahr und Sinnen- reiz oft so glücklich zu verbergen weiß, daß nur ein scharf geübtes Auge sie herauszufinden vermag.
Die aus den verschiedensten Lebensaltern durch- einander geworfenen habitue's -- (ich finde kein so bezeichnendes deutsches Wort) -- vom Greise bis zum Knaben herab, durften der Mehrzahl nach für Nebenbuhler des Bajazzo erklärt werden: sie verein- ten sich in Bewunderung für die Persönlichkeit von Madame Adelaide. Doch konnte diese Bewunderung nicht hindern, daß jeder Kenner der Sache in Demoi- selle Adele Jartour die bessere, elegantere Reiterin, die sinnige Darstellerin ihrer kleinen Sattelscenen, die Grazie im allgemeinen erkannte, wo Madame Ade- laide mehr durch üppige Schönheit glänzte. Diese aber war die Frau nicht, andere Göttinnen zu dulden neben sich; sie hatte dem un[t]er ihrem Pantoffel gleich-
Staͤdten laͤngeren Aufenthalt machen, hatte ſich auch in B. eine Anzahl taͤglicher Beſucher geſammelt, die Theilnahme fuͤr die Reitkunſt, Paſſion fuͤr Pferde- Dreſſur, Bewunderung fuͤr dieſes oder jenes Frauen- zimmer, Muͤſſiggang, Gewohnheit, wohl gar ein poetiſch-romantiſcher Hang dahin zieht, wo die nuͤch- ternſte, niedrigſte Proſa ſich hinter gleißende Gewaͤn- der, fremde Sprachen, drohende Gefahr und Sinnen- reiz oft ſo gluͤcklich zu verbergen weiß, daß nur ein ſcharf geuͤbtes Auge ſie herauszufinden vermag.
Die aus den verſchiedenſten Lebensaltern durch- einander geworfenen habitue’s — (ich finde kein ſo bezeichnendes deutſches Wort) — vom Greiſe bis zum Knaben herab, durften der Mehrzahl nach fuͤr Nebenbuhler des Bajazzo erklaͤrt werden: ſie verein- ten ſich in Bewunderung fuͤr die Perſoͤnlichkeit von Madame Adelaide. Doch konnte dieſe Bewunderung nicht hindern, daß jeder Kenner der Sache in Demoi- ſelle Adele Jartour die beſſere, elegantere Reiterin, die ſinnige Darſtellerin ihrer kleinen Sattelſcenen, die Grazie im allgemeinen erkannte, wo Madame Ade- laide mehr durch uͤppige Schoͤnheit glaͤnzte. Dieſe aber war die Frau nicht, andere Goͤttinnen zu dulden neben ſich; ſie hatte dem un[t]er ihrem Pantoffel gleich-
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Staͤdten laͤngeren Aufenthalt machen, hatte ſich auch
in B. eine Anzahl taͤglicher Beſucher geſammelt,
die Theilnahme fuͤr die Reitkunſt, Paſſion fuͤr Pferde-
Dreſſur, Bewunderung fuͤr dieſes oder jenes Frauen-
zimmer, Muͤſſiggang, Gewohnheit, wohl gar ein
poetiſch-romantiſcher Hang dahin zieht, wo die nuͤch-
ternſte, niedrigſte Proſa ſich hinter gleißende Gewaͤn-
der, fremde Sprachen, drohende Gefahr und Sinnen-
reiz oft ſo gluͤcklich zu verbergen weiß, daß nur ein
ſcharf geuͤbtes Auge ſie herauszufinden vermag.
Die aus den verſchiedenſten Lebensaltern durch-
einander geworfenen habitue’s — (ich finde kein ſo
bezeichnendes deutſches Wort) — vom Greiſe bis
zum Knaben herab, durften der Mehrzahl nach fuͤr
Nebenbuhler des Bajazzo erklaͤrt werden: ſie verein-
ten ſich in Bewunderung fuͤr die Perſoͤnlichkeit von
Madame Adelaide. Doch konnte dieſe Bewunderung
nicht hindern, daß jeder Kenner der Sache in Demoi-
ſelle Adele Jartour die beſſere, elegantere Reiterin,
die ſinnige Darſtellerin ihrer kleinen Sattelſcenen, die
Grazie im allgemeinen erkannte, wo Madame Ade-
laide mehr durch uͤppige Schoͤnheit glaͤnzte. Dieſe
aber war die Frau nicht, andere Goͤttinnen zu dulden
neben ſich; ſie hatte dem unter ihrem Pantoffel gleich-
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/22>, abgerufen am 24.11.2024.
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