hat enormes Glück. Einigemale schon gänzlich auf dem Hunde (jedesmal durch sklavische Abhängigkeit von ihren Knechten, aus denen sie Günstlinge, folg- lich Herren macht) hat sie sich eben so oft wieder herausgerissen. Jetzt noch, auf ihre alten Tage, ... stellen Sie sich vor, was ihr vor mehreren Jahren wiederfährt: Sie war, Dank sei es dem unerschöpf- lichen Durste ihres jetzigen Gebieters! herunter gekommen bis auf einen räudigen Wolf, eine blinde Hyäne, einen Aasgeyer, drei Stachelschweine und eine Meerkatze, gestehen Sie, man kann nicht tiefer sinken. Nur noch zwei Löwen besaß sie, eigentlich einen Löwen und eine Löwin; schöne Exemplare. Philipp braucht Geld; das dumme Weib hat nichts mehr und willigt ein, die Löwen zu verkaufen. Philipp will das Paar dem seither verstorbenen König von *** zuführen, dem wilde Thiere die theuersten Unterthanen waren. Zu diesem Endzweck läßt der Ochse einen Kasten bauen, -- einen für beide; diese Dummheit! -- um sie leichter zu transportiren. Die verliebte alte Närrin hätte ihn nie wieder gesehen, so wenig wie ihre Löwen, wenn er einmal mit ihnen fort war; ihn so wenig, wie das Geld für die Löwen! Nun also, der Kasten ist fertig, man läßt die Löwen
hat enormes Gluͤck. Einigemale ſchon gaͤnzlich auf dem Hunde (jedesmal durch ſklaviſche Abhaͤngigkeit von ihren Knechten, aus denen ſie Guͤnſtlinge, folg- lich Herren macht) hat ſie ſich eben ſo oft wieder herausgeriſſen. Jetzt noch, auf ihre alten Tage, ... ſtellen Sie ſich vor, was ihr vor mehreren Jahren wiederfaͤhrt: Sie war, Dank ſei es dem unerſchoͤpf- lichen Durſte ihres jetzigen Gebieters! herunter gekommen bis auf einen raͤudigen Wolf, eine blinde Hyaͤne, einen Aasgeyer, drei Stachelſchweine und eine Meerkatze, geſtehen Sie, man kann nicht tiefer ſinken. Nur noch zwei Loͤwen beſaß ſie, eigentlich einen Loͤwen und eine Loͤwin; ſchoͤne Exemplare. Philipp braucht Geld; das dumme Weib hat nichts mehr und willigt ein, die Loͤwen zu verkaufen. Philipp will das Paar dem ſeither verſtorbenen Koͤnig von *** zufuͤhren, dem wilde Thiere die theuerſten Unterthanen waren. Zu dieſem Endzweck laͤßt der Ochſe einen Kaſten bauen, — einen fuͤr beide; dieſe Dummheit! — um ſie leichter zu transportiren. Die verliebte alte Naͤrrin haͤtte ihn nie wieder geſehen, ſo wenig wie ihre Loͤwen, wenn er einmal mit ihnen fort war; ihn ſo wenig, wie das Geld fuͤr die Loͤwen! Nun alſo, der Kaſten iſt fertig, man laͤßt die Loͤwen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0201"n="199"/>
hat enormes Gluͤck. Einigemale ſchon gaͤnzlich auf<lb/>
dem Hunde (jedesmal durch ſklaviſche Abhaͤngigkeit<lb/>
von ihren Knechten, aus denen ſie Guͤnſtlinge, folg-<lb/>
lich Herren macht) hat ſie ſich eben ſo oft wieder<lb/>
herausgeriſſen. Jetzt noch, auf ihre alten Tage, ...<lb/>ſtellen Sie ſich vor, was ihr vor mehreren Jahren<lb/>
wiederfaͤhrt: Sie war, Dank ſei es dem unerſchoͤpf-<lb/>
lichen Durſte ihres jetzigen Gebieters! herunter<lb/>
gekommen bis auf einen raͤudigen Wolf, eine blinde<lb/>
Hyaͤne, einen Aasgeyer, drei Stachelſchweine und<lb/>
eine Meerkatze, geſtehen Sie, man kann nicht tiefer<lb/>ſinken. Nur noch zwei Loͤwen beſaß ſie, eigentlich<lb/>
einen Loͤwen und eine Loͤwin; ſchoͤne Exemplare.<lb/>
Philipp braucht Geld; das dumme Weib hat nichts<lb/>
mehr und willigt ein, die Loͤwen zu verkaufen.<lb/>
Philipp will das Paar dem ſeither verſtorbenen Koͤnig<lb/>
von *** zufuͤhren, dem wilde Thiere die theuerſten<lb/>
Unterthanen waren. Zu dieſem Endzweck laͤßt der<lb/>
Ochſe einen Kaſten bauen, —<hirendition="#g">einen</hi> fuͤr beide; dieſe<lb/>
Dummheit! — um ſie leichter zu transportiren. Die<lb/>
verliebte alte Naͤrrin haͤtte ihn nie wieder geſehen, ſo<lb/>
wenig wie ihre Loͤwen, wenn er einmal mit ihnen<lb/>
fort war; ihn ſo wenig, wie das Geld fuͤr die Loͤwen!<lb/>
Nun alſo, der Kaſten iſt fertig, man laͤßt die Loͤwen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[199/0201]
hat enormes Gluͤck. Einigemale ſchon gaͤnzlich auf
dem Hunde (jedesmal durch ſklaviſche Abhaͤngigkeit
von ihren Knechten, aus denen ſie Guͤnſtlinge, folg-
lich Herren macht) hat ſie ſich eben ſo oft wieder
herausgeriſſen. Jetzt noch, auf ihre alten Tage, ...
ſtellen Sie ſich vor, was ihr vor mehreren Jahren
wiederfaͤhrt: Sie war, Dank ſei es dem unerſchoͤpf-
lichen Durſte ihres jetzigen Gebieters! herunter
gekommen bis auf einen raͤudigen Wolf, eine blinde
Hyaͤne, einen Aasgeyer, drei Stachelſchweine und
eine Meerkatze, geſtehen Sie, man kann nicht tiefer
ſinken. Nur noch zwei Loͤwen beſaß ſie, eigentlich
einen Loͤwen und eine Loͤwin; ſchoͤne Exemplare.
Philipp braucht Geld; das dumme Weib hat nichts
mehr und willigt ein, die Loͤwen zu verkaufen.
Philipp will das Paar dem ſeither verſtorbenen Koͤnig
von *** zufuͤhren, dem wilde Thiere die theuerſten
Unterthanen waren. Zu dieſem Endzweck laͤßt der
Ochſe einen Kaſten bauen, — einen fuͤr beide; dieſe
Dummheit! — um ſie leichter zu transportiren. Die
verliebte alte Naͤrrin haͤtte ihn nie wieder geſehen, ſo
wenig wie ihre Loͤwen, wenn er einmal mit ihnen
fort war; ihn ſo wenig, wie das Geld fuͤr die Loͤwen!
Nun alſo, der Kaſten iſt fertig, man laͤßt die Loͤwen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/201>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.