Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

volle Andenken seiner Großmutter geschändet? Nichts
Besseres, als der schwarze Wolfgang? -- O ich
wollte ich läge zwischen beiden begraben im grünen
Kirchhof!



Es war ein sonnig-blauer Vormittag, dessen
Klarheit wenig passen wollte zu den Wolken in die
Anton's Haupt sich hüllte. Dem drängenden Markt-
gewühl der Gassen entwichen, hatte er sich nach dem
Platze begeben, auf welchen alle öffentlichen Schau-
stellungen verwiesen, eine zweite kleine Stadt von
hölzernen Häusern bilden, in denen die modernen
Nomaden verkehren; und wo des Morgens verhält-
nißmäßig Ruhe herrscht, im Vergleich zum Lärmen
ernsteren Verkehrs im Jnnern der eigentlichen Stadt.
Anton hatte bisher noch vermieden, das Handwerk
zu begrüßen. Nur seiner Lage Hoffnungslosigkeit
trieb ihn heute, von Bude zu Bude schlendernd, mit
prüfender Forschung umher zu suchen, wo sich für
ihn vielleicht eine, wenn auch nur vorübergehende
Zuflucht finden ließe. Denn von Guillaume sich zu
trennen, wußt' er sich eben so fest entschlossen, wie er
fest durchdrungen war, von der traurigen Ueber-

volle Andenken ſeiner Großmutter geſchaͤndet? Nichts
Beſſeres, als der ſchwarze Wolfgang? — O ich
wollte ich laͤge zwiſchen beiden begraben im gruͤnen
Kirchhof!



Es war ein ſonnig-blauer Vormittag, deſſen
Klarheit wenig paſſen wollte zu den Wolken in die
Anton’s Haupt ſich huͤllte. Dem draͤngenden Markt-
gewuͤhl der Gaſſen entwichen, hatte er ſich nach dem
Platze begeben, auf welchen alle oͤffentlichen Schau-
ſtellungen verwieſen, eine zweite kleine Stadt von
hoͤlzernen Haͤuſern bilden, in denen die modernen
Nomaden verkehren; und wo des Morgens verhaͤlt-
nißmaͤßig Ruhe herrſcht, im Vergleich zum Laͤrmen
ernſteren Verkehrs im Jnnern der eigentlichen Stadt.
Anton hatte bisher noch vermieden, das Handwerk
zu begruͤßen. Nur ſeiner Lage Hoffnungsloſigkeit
trieb ihn heute, von Bude zu Bude ſchlendernd, mit
pruͤfender Forſchung umher zu ſuchen, wo ſich fuͤr
ihn vielleicht eine, wenn auch nur voruͤbergehende
Zuflucht finden ließe. Denn von Guillaume ſich zu
trennen, wußt’ er ſich eben ſo feſt entſchloſſen, wie er
feſt durchdrungen war, von der traurigen Ueber-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0178" n="176"/>
volle Andenken &#x017F;einer Großmutter ge&#x017F;cha&#x0364;ndet? Nichts<lb/>
Be&#x017F;&#x017F;eres, als der &#x017F;chwarze Wolfgang? &#x2014; O ich<lb/>
wollte ich la&#x0364;ge zwi&#x017F;chen beiden begraben im gru&#x0364;nen<lb/>
Kirchhof!</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p>Es war ein &#x017F;onnig-blauer Vormittag, de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Klarheit wenig pa&#x017F;&#x017F;en wollte zu den Wolken in die<lb/>
Anton&#x2019;s Haupt &#x017F;ich hu&#x0364;llte. Dem dra&#x0364;ngenden Markt-<lb/>
gewu&#x0364;hl der Ga&#x017F;&#x017F;en entwichen, hatte er &#x017F;ich nach dem<lb/>
Platze begeben, auf welchen alle o&#x0364;ffentlichen Schau-<lb/>
&#x017F;tellungen verwie&#x017F;en, eine zweite kleine Stadt von<lb/>
ho&#x0364;lzernen Ha&#x0364;u&#x017F;ern bilden, in denen die modernen<lb/>
Nomaden verkehren; und wo des Morgens verha&#x0364;lt-<lb/>
nißma&#x0364;ßig Ruhe herr&#x017F;cht, im Vergleich zum La&#x0364;rmen<lb/>
ern&#x017F;teren Verkehrs im Jnnern der eigentlichen Stadt.<lb/>
Anton hatte bisher noch vermieden, das Handwerk<lb/>
zu begru&#x0364;ßen. Nur &#x017F;einer Lage Hoffnungslo&#x017F;igkeit<lb/>
trieb ihn heute, von Bude zu Bude &#x017F;chlendernd, mit<lb/>
pru&#x0364;fender For&#x017F;chung umher zu &#x017F;uchen, wo &#x017F;ich fu&#x0364;r<lb/>
ihn vielleicht eine, wenn auch nur voru&#x0364;bergehende<lb/>
Zuflucht finden ließe. Denn von Guillaume &#x017F;ich zu<lb/>
trennen, wußt&#x2019; er &#x017F;ich eben &#x017F;o fe&#x017F;t ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, wie er<lb/>
fe&#x017F;t durchdrungen war, von der traurigen Ueber-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[176/0178] volle Andenken ſeiner Großmutter geſchaͤndet? Nichts Beſſeres, als der ſchwarze Wolfgang? — O ich wollte ich laͤge zwiſchen beiden begraben im gruͤnen Kirchhof! Es war ein ſonnig-blauer Vormittag, deſſen Klarheit wenig paſſen wollte zu den Wolken in die Anton’s Haupt ſich huͤllte. Dem draͤngenden Markt- gewuͤhl der Gaſſen entwichen, hatte er ſich nach dem Platze begeben, auf welchen alle oͤffentlichen Schau- ſtellungen verwieſen, eine zweite kleine Stadt von hoͤlzernen Haͤuſern bilden, in denen die modernen Nomaden verkehren; und wo des Morgens verhaͤlt- nißmaͤßig Ruhe herrſcht, im Vergleich zum Laͤrmen ernſteren Verkehrs im Jnnern der eigentlichen Stadt. Anton hatte bisher noch vermieden, das Handwerk zu begruͤßen. Nur ſeiner Lage Hoffnungsloſigkeit trieb ihn heute, von Bude zu Bude ſchlendernd, mit pruͤfender Forſchung umher zu ſuchen, wo ſich fuͤr ihn vielleicht eine, wenn auch nur voruͤbergehende Zuflucht finden ließe. Denn von Guillaume ſich zu trennen, wußt’ er ſich eben ſo feſt entſchloſſen, wie er feſt durchdrungen war, von der traurigen Ueber-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/178
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/178>, abgerufen am 24.11.2024.