Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

beginnen? Aber, wußte er doch, daß er nicht mehr
gezwungen sein werde, den Fuchs zu besteigen und
den Leuten seine Künste vorzureiten! -- Diese Ge-
wißheit tröstete ihn wegen jener Ungewißheit über
sein Schicksal.

O glückselige Jugendzeit! Auch im Unglück noch
glückselig!!



Neununddreißigstes Kapitel.

Messe in L. -- Schkramprl erscheint wieder. -- Eine seltne Gauklerfamilie. --
Anton's Erwartung wird getäuscht.

Seit vielen Jahren hatte der große Welt-Markt
in L. nicht so viele "Meßbuden" gezählt, als in jenem
Frühling, wo Antoine mit der Guillaume'schen
Reitertruppe daselbst erschien. Es konnte nicht fehlen,
sie mußten sich Einer dem Anderen das Brot vom
Munde nehmen. Während Kauf- und Handelsleute
sich im Ganzen für zufrieden erklärten, klagte das
Gauklervölkchen allgemein über spottschlechte Messe.

Anton befand sich in seltsamer Verwirrung seiner
eigenen Wünsche und Absichten. Mit dem friedlichen
Asyl welches er in Dr. bewohnt und in welchem er
stille ungestörte Stunden zugebracht, hatte er zugleich

beginnen? Aber, wußte er doch, daß er nicht mehr
gezwungen ſein werde, den Fuchs zu beſteigen und
den Leuten ſeine Kuͤnſte vorzureiten! — Dieſe Ge-
wißheit troͤſtete ihn wegen jener Ungewißheit uͤber
ſein Schickſal.

O gluͤckſelige Jugendzeit! Auch im Ungluͤck noch
gluͤckſelig!!



Neununddreißigſtes Kapitel.

Meſſe in L. — Schkramprl erſcheint wieder. — Eine ſeltne Gauklerfamilie. —
Anton’s Erwartung wird getäuſcht.

Seit vielen Jahren hatte der große Welt-Markt
in L. nicht ſo viele „Meßbuden“ gezaͤhlt, als in jenem
Fruͤhling, wo Antoine mit der Guillaume’ſchen
Reitertruppe daſelbſt erſchien. Es konnte nicht fehlen,
ſie mußten ſich Einer dem Anderen das Brot vom
Munde nehmen. Waͤhrend Kauf- und Handelsleute
ſich im Ganzen fuͤr zufrieden erklaͤrten, klagte das
Gauklervoͤlkchen allgemein uͤber ſpottſchlechte Meſſe.

Anton befand ſich in ſeltſamer Verwirrung ſeiner
eigenen Wuͤnſche und Abſichten. Mit dem friedlichen
Aſyl welches er in Dr. bewohnt und in welchem er
ſtille ungeſtoͤrte Stunden zugebracht, hatte er zugleich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0175" n="173"/>
beginnen? Aber, wußte er doch, daß er nicht mehr<lb/>
gezwungen &#x017F;ein werde, den Fuchs zu be&#x017F;teigen und<lb/>
den Leuten &#x017F;eine Ku&#x0364;n&#x017F;te vorzureiten! &#x2014; <hi rendition="#g">Die&#x017F;e</hi> Ge-<lb/>
wißheit tro&#x0364;&#x017F;tete ihn wegen jener Ungewißheit u&#x0364;ber<lb/>
&#x017F;ein Schick&#x017F;al.</p><lb/>
        <p>O glu&#x0364;ck&#x017F;elige Jugendzeit! Auch im Unglu&#x0364;ck noch<lb/>
glu&#x0364;ck&#x017F;elig!!</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Neununddreißig&#x017F;tes Kapitel.</hi> </head><lb/>
        <argument>
          <p> <hi rendition="#c">Me&#x017F;&#x017F;e in L. &#x2014; Schkramprl er&#x017F;cheint wieder. &#x2014; Eine &#x017F;eltne Gauklerfamilie. &#x2014;<lb/>
Anton&#x2019;s Erwartung wird getäu&#x017F;cht.</hi> </p>
        </argument><lb/>
        <p>Seit vielen Jahren hatte der große Welt-Markt<lb/>
in L. nicht &#x017F;o viele &#x201E;Meßbuden&#x201C; geza&#x0364;hlt, als in jenem<lb/>
Fru&#x0364;hling, wo Antoine mit der Guillaume&#x2019;&#x017F;chen<lb/>
Reitertruppe da&#x017F;elb&#x017F;t er&#x017F;chien. Es konnte nicht fehlen,<lb/>
&#x017F;ie mußten &#x017F;ich Einer dem Anderen das Brot vom<lb/>
Munde nehmen. Wa&#x0364;hrend Kauf- und Handelsleute<lb/>
&#x017F;ich im Ganzen fu&#x0364;r zufrieden erkla&#x0364;rten, klagte das<lb/>
Gauklervo&#x0364;lkchen allgemein u&#x0364;ber &#x017F;pott&#x017F;chlechte Me&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
        <p>Anton befand &#x017F;ich in &#x017F;elt&#x017F;amer Verwirrung &#x017F;einer<lb/>
eigenen Wu&#x0364;n&#x017F;che und Ab&#x017F;ichten. Mit dem friedlichen<lb/>
A&#x017F;yl welches er in Dr. bewohnt und in welchem er<lb/>
&#x017F;tille unge&#x017F;to&#x0364;rte Stunden zugebracht, hatte er zugleich<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[173/0175] beginnen? Aber, wußte er doch, daß er nicht mehr gezwungen ſein werde, den Fuchs zu beſteigen und den Leuten ſeine Kuͤnſte vorzureiten! — Dieſe Ge- wißheit troͤſtete ihn wegen jener Ungewißheit uͤber ſein Schickſal. O gluͤckſelige Jugendzeit! Auch im Ungluͤck noch gluͤckſelig!! Neununddreißigſtes Kapitel. Meſſe in L. — Schkramprl erſcheint wieder. — Eine ſeltne Gauklerfamilie. — Anton’s Erwartung wird getäuſcht. Seit vielen Jahren hatte der große Welt-Markt in L. nicht ſo viele „Meßbuden“ gezaͤhlt, als in jenem Fruͤhling, wo Antoine mit der Guillaume’ſchen Reitertruppe daſelbſt erſchien. Es konnte nicht fehlen, ſie mußten ſich Einer dem Anderen das Brot vom Munde nehmen. Waͤhrend Kauf- und Handelsleute ſich im Ganzen fuͤr zufrieden erklaͤrten, klagte das Gauklervoͤlkchen allgemein uͤber ſpottſchlechte Meſſe. Anton befand ſich in ſeltſamer Verwirrung ſeiner eigenen Wuͤnſche und Abſichten. Mit dem friedlichen Aſyl welches er in Dr. bewohnt und in welchem er ſtille ungeſtoͤrte Stunden zugebracht, hatte er zugleich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/175
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/175>, abgerufen am 24.11.2024.