Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

coni -- und athmete leichter auf, als er einen Theil
der Last, die ihn schwer drückte, mit diesen dünnen
Blättern nach der Post getragen hatte. Die zuver-
sichtliche Hoffnung einer baldigen, erklärenden,
erschöpfenden Antwort hielt ihn aufrecht, bei der
qualvollen Ausübung seiner Berufspflichten. Denn
nicht anders als qualvoll konnte es für ihn sein,
Abend für Abend die alte Tour zu reiten, das alte
Violinsolo abzuleiern, sein Quantum Beifall zu
empfangen, seine drei Bücklinge zu machen und dann
durch Sand und Sägespähne watend, in die Garde-
robe zu hüpfen, wo er sich seine bunten Fetzen nicht
rasch genug von den Gliedern streifen zu können
meinte, um nur den Umgebungen wieder zu entwei-
chen, die ihm schauderhaft erschienen, seitdem kein
Wesen mehr in ihrer Nähe athmete, dessen Hauch sie
veredelt hätte.

Sich fürder zu üben, empfand er gar keine Luft;
fehlte ihm doch der Drang, Fortschritte zu machen,
der ihn früher belebt! Guillaume ließ ihn gehen, ohne
sich weiter um ihn zu bekümmern; er fand, was
Anton maschinenmäßig leistete, immer noch gut genug
für ein Mitglied, welches keine Gage fordern durfte,

coni — und athmete leichter auf, als er einen Theil
der Laſt, die ihn ſchwer druͤckte, mit dieſen duͤnnen
Blaͤttern nach der Poſt getragen hatte. Die zuver-
ſichtliche Hoffnung einer baldigen, erklaͤrenden,
erſchoͤpfenden Antwort hielt ihn aufrecht, bei der
qualvollen Ausuͤbung ſeiner Berufspflichten. Denn
nicht anders als qualvoll konnte es fuͤr ihn ſein,
Abend fuͤr Abend die alte Tour zu reiten, das alte
Violinſolo abzuleiern, ſein Quantum Beifall zu
empfangen, ſeine drei Buͤcklinge zu machen und dann
durch Sand und Saͤgeſpaͤhne watend, in die Garde-
robe zu huͤpfen, wo er ſich ſeine bunten Fetzen nicht
raſch genug von den Gliedern ſtreifen zu koͤnnen
meinte, um nur den Umgebungen wieder zu entwei-
chen, die ihm ſchauderhaft erſchienen, ſeitdem kein
Weſen mehr in ihrer Naͤhe athmete, deſſen Hauch ſie
veredelt haͤtte.

Sich fuͤrder zu uͤben, empfand er gar keine Luft;
fehlte ihm doch der Drang, Fortſchritte zu machen,
der ihn fruͤher belebt! Guillaume ließ ihn gehen, ohne
ſich weiter um ihn zu bekuͤmmern; er fand, was
Anton maſchinenmaͤßig leiſtete, immer noch gut genug
fuͤr ein Mitglied, welches keine Gage fordern durfte,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0170" n="168"/>
coni &#x2014; und athmete leichter auf, als er einen Theil<lb/>
der La&#x017F;t, die ihn &#x017F;chwer dru&#x0364;ckte, mit die&#x017F;en du&#x0364;nnen<lb/>
Bla&#x0364;ttern nach der Po&#x017F;t getragen hatte. Die zuver-<lb/>
&#x017F;ichtliche Hoffnung einer baldigen, erkla&#x0364;renden,<lb/>
er&#x017F;cho&#x0364;pfenden Antwort hielt ihn aufrecht, bei der<lb/>
qualvollen Ausu&#x0364;bung &#x017F;einer Berufspflichten. Denn<lb/>
nicht anders als qualvoll konnte es fu&#x0364;r ihn &#x017F;ein,<lb/>
Abend fu&#x0364;r Abend die alte Tour zu reiten, das alte<lb/>
Violin&#x017F;olo abzuleiern, &#x017F;ein Quantum Beifall zu<lb/>
empfangen, &#x017F;eine drei Bu&#x0364;cklinge zu machen und dann<lb/>
durch Sand und Sa&#x0364;ge&#x017F;pa&#x0364;hne watend, in die Garde-<lb/>
robe zu hu&#x0364;pfen, wo er &#x017F;ich &#x017F;eine bunten Fetzen nicht<lb/>
ra&#x017F;ch genug von den Gliedern &#x017F;treifen zu ko&#x0364;nnen<lb/>
meinte, um nur den Umgebungen wieder zu entwei-<lb/>
chen, die ihm &#x017F;chauderhaft er&#x017F;chienen, &#x017F;eitdem kein<lb/>
We&#x017F;en mehr in ihrer Na&#x0364;he athmete, de&#x017F;&#x017F;en Hauch &#x017F;ie<lb/>
veredelt ha&#x0364;tte.</p><lb/>
        <p>Sich fu&#x0364;rder zu u&#x0364;ben, empfand er gar keine Luft;<lb/>
fehlte ihm doch der Drang, Fort&#x017F;chritte zu machen,<lb/>
der ihn fru&#x0364;her belebt! Guillaume ließ ihn gehen, ohne<lb/>
&#x017F;ich weiter um ihn zu beku&#x0364;mmern; er fand, was<lb/>
Anton ma&#x017F;chinenma&#x0364;ßig lei&#x017F;tete, immer noch gut genug<lb/>
fu&#x0364;r ein Mitglied, welches keine Gage fordern durfte,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[168/0170] coni — und athmete leichter auf, als er einen Theil der Laſt, die ihn ſchwer druͤckte, mit dieſen duͤnnen Blaͤttern nach der Poſt getragen hatte. Die zuver- ſichtliche Hoffnung einer baldigen, erklaͤrenden, erſchoͤpfenden Antwort hielt ihn aufrecht, bei der qualvollen Ausuͤbung ſeiner Berufspflichten. Denn nicht anders als qualvoll konnte es fuͤr ihn ſein, Abend fuͤr Abend die alte Tour zu reiten, das alte Violinſolo abzuleiern, ſein Quantum Beifall zu empfangen, ſeine drei Buͤcklinge zu machen und dann durch Sand und Saͤgeſpaͤhne watend, in die Garde- robe zu huͤpfen, wo er ſich ſeine bunten Fetzen nicht raſch genug von den Gliedern ſtreifen zu koͤnnen meinte, um nur den Umgebungen wieder zu entwei- chen, die ihm ſchauderhaft erſchienen, ſeitdem kein Weſen mehr in ihrer Naͤhe athmete, deſſen Hauch ſie veredelt haͤtte. Sich fuͤrder zu uͤben, empfand er gar keine Luft; fehlte ihm doch der Drang, Fortſchritte zu machen, der ihn fruͤher belebt! Guillaume ließ ihn gehen, ohne ſich weiter um ihn zu bekuͤmmern; er fand, was Anton maſchinenmaͤßig leiſtete, immer noch gut genug fuͤr ein Mitglied, welches keine Gage fordern durfte,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/170
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/170>, abgerufen am 24.11.2024.