"Und führen nur eine französische Etikette, wie leider unser Champagner bisweilen thut. Ja, ja, ich besinne mich, davon gehört zu haben: romantische Geschichte, mit Jntrigue, Entführung und dergleichen. Sie sind noch sehr jung! -- Aber nehmen Sie Platz. Jch freue mich, Sie bei mir zu sehen. Jhr Violinspiel zu Pferde hat eigenthümliche Empfindun- gen in mir hervorgebracht: es liegt Seele in ihrem Ton. -- Sind Sie nun wieder ganz hergestellt?"
Körperlich wohl. Aber ....
"Aha, es steckt' was im Herzen? Jhr Herren von der Kunstreiterei sollt sehr empfänglich sein für Leiden und Freuden dieser Gattung."
Mein Leid ist anderer Art. Es erfüllt den ganzen Menschen. Es ist ein Herzeleid und ein Seelen- leiden, gegen welche ich Rath und Hülfe bei Jhnen holen will.
"Bei mir?"
Sie sind der Einzige, der mir beides geben kann; der Einzige zu dem ich unbedingtes Vertrauen hege.
"Rath und Hülfe gegen Seelenleiden bei mir? Bei mir, dem größten Hypochonder im ganzen König-
„Sie ſind kein Franzoſe?“
Jch bin ein geborener Deutſcher.
„Und fuͤhren nur eine franzoͤſiſche Etikette, wie leider unſer Champagner bisweilen thut. Ja, ja, ich beſinne mich, davon gehoͤrt zu haben: romantiſche Geſchichte, mit Jntrigue, Entfuͤhrung und dergleichen. Sie ſind noch ſehr jung! — Aber nehmen Sie Platz. Jch freue mich, Sie bei mir zu ſehen. Jhr Violinſpiel zu Pferde hat eigenthuͤmliche Empfindun- gen in mir hervorgebracht: es liegt Seele in ihrem Ton. — Sind Sie nun wieder ganz hergeſtellt?“
Koͤrperlich wohl. Aber ....
„Aha, es ſteckt’ was im Herzen? Jhr Herren von der Kunſtreiterei ſollt ſehr empfaͤnglich ſein fuͤr Leiden und Freuden dieſer Gattung.“
Mein Leid iſt anderer Art. Es erfuͤllt den ganzen Menſchen. Es iſt ein Herzeleid und ein Seelen- leiden, gegen welche ich Rath und Huͤlfe bei Jhnen holen will.
„Bei mir?“
Sie ſind der Einzige, der mir beides geben kann; der Einzige zu dem ich unbedingtes Vertrauen hege.
„Rath und Huͤlfe gegen Seelenleiden bei mir? Bei mir, dem groͤßten Hypochonder im ganzen Koͤnig-
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0102"n="100"/><p>„Sie ſind kein Franzoſe?“</p><lb/><p>Jch bin ein geborener Deutſcher.</p><lb/><p>„Und fuͤhren nur eine franzoͤſiſche Etikette, wie<lb/>
leider unſer Champagner bisweilen thut. Ja, ja, ich<lb/>
beſinne mich, davon gehoͤrt zu haben: romantiſche<lb/>
Geſchichte, mit Jntrigue, Entfuͤhrung und dergleichen.<lb/>
Sie ſind noch ſehr jung! — Aber nehmen Sie<lb/>
Platz. Jch freue mich, Sie bei mir zu ſehen. Jhr<lb/>
Violinſpiel zu Pferde hat eigenthuͤmliche Empfindun-<lb/>
gen in mir hervorgebracht: es liegt Seele in ihrem<lb/>
Ton. — Sind Sie nun wieder ganz hergeſtellt?“</p><lb/><p>Koͤrperlich wohl. Aber ....</p><lb/><p>„Aha, es ſteckt’ was im Herzen? Jhr Herren<lb/>
von der Kunſtreiterei ſollt ſehr empfaͤnglich ſein fuͤr<lb/>
Leiden und Freuden dieſer Gattung.“</p><lb/><p>Mein Leid iſt anderer Art. Es erfuͤllt den ganzen<lb/>
Menſchen. Es iſt ein Herz<hirendition="#g">eleid</hi> und ein Seelen-<lb/><hirendition="#g">leiden,</hi> gegen welche ich Rath und Huͤlfe bei Jhnen<lb/>
holen will.</p><lb/><p>„Bei mir?“</p><lb/><p>Sie ſind der Einzige, der mir beides geben kann;<lb/>
der Einzige zu dem ich unbedingtes Vertrauen hege.</p><lb/><p>„Rath und Huͤlfe gegen Seelenleiden bei mir?<lb/>
Bei mir, dem groͤßten Hypochonder im ganzen Koͤnig-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[100/0102]
„Sie ſind kein Franzoſe?“
Jch bin ein geborener Deutſcher.
„Und fuͤhren nur eine franzoͤſiſche Etikette, wie
leider unſer Champagner bisweilen thut. Ja, ja, ich
beſinne mich, davon gehoͤrt zu haben: romantiſche
Geſchichte, mit Jntrigue, Entfuͤhrung und dergleichen.
Sie ſind noch ſehr jung! — Aber nehmen Sie
Platz. Jch freue mich, Sie bei mir zu ſehen. Jhr
Violinſpiel zu Pferde hat eigenthuͤmliche Empfindun-
gen in mir hervorgebracht: es liegt Seele in ihrem
Ton. — Sind Sie nun wieder ganz hergeſtellt?“
Koͤrperlich wohl. Aber ....
„Aha, es ſteckt’ was im Herzen? Jhr Herren
von der Kunſtreiterei ſollt ſehr empfaͤnglich ſein fuͤr
Leiden und Freuden dieſer Gattung.“
Mein Leid iſt anderer Art. Es erfuͤllt den ganzen
Menſchen. Es iſt ein Herzeleid und ein Seelen-
leiden, gegen welche ich Rath und Huͤlfe bei Jhnen
holen will.
„Bei mir?“
Sie ſind der Einzige, der mir beides geben kann;
der Einzige zu dem ich unbedingtes Vertrauen hege.
„Rath und Huͤlfe gegen Seelenleiden bei mir?
Bei mir, dem groͤßten Hypochonder im ganzen Koͤnig-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/102>, abgerufen am 17.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.