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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852.

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Hütten am unteren Ufer kaum Zeit gefunden, ihr
Leben zu retten. Die hölzernen Häuser schwammen
stückweis auf dem Strome fort. Bildhauers Neubau
war zusammengestürzt. Von den Seinigen Niemand
gerettet, weil dies Haus am tiefsten gelegen. Chri-
stinens Leichnam spülte das Wasser eine Meile weiter
hinab auf eine Wiese. Die Uebrigen wurden nicht
gefunden, auch Deine Mutter nicht, lieber Anton."

Hier brach die alte Goksch ihre Erzählung ab.
Sie konnte vor Schluchzen nicht weiter sprechen.

Anton hatte keine Thränen. Schweigend erhob er
sich vom Boden, wo er gesessen, siel seiner Großmutter
um den Hals, drückte einen langen Kuß auf ihre
welken Lippen. Dann gingen sie mit einander in's
Häuschen, und ohne eine Schnitte Brot zu berühren,
legten sie sich auf ihr reinliches Lager, während die
Vögel auf den Bäumen rings umher ihnen ein
Abendlied zwitscherten.



Huͤtten am unteren Ufer kaum Zeit gefunden, ihr
Leben zu retten. Die hoͤlzernen Haͤuſer ſchwammen
ſtuͤckweis auf dem Strome fort. Bildhauers Neubau
war zuſammengeſtuͤrzt. Von den Seinigen Niemand
gerettet, weil dies Haus am tiefſten gelegen. Chri-
ſtinens Leichnam ſpuͤlte das Waſſer eine Meile weiter
hinab auf eine Wieſe. Die Uebrigen wurden nicht
gefunden, auch Deine Mutter nicht, lieber Anton.“

Hier brach die alte Gokſch ihre Erzaͤhlung ab.
Sie konnte vor Schluchzen nicht weiter ſprechen.

Anton hatte keine Thraͤnen. Schweigend erhob er
ſich vom Boden, wo er geſeſſen, ſiel ſeiner Großmutter
um den Hals, druͤckte einen langen Kuß auf ihre
welken Lippen. Dann gingen ſie mit einander in’s
Haͤuschen, und ohne eine Schnitte Brot zu beruͤhren,
legten ſie ſich auf ihr reinliches Lager, waͤhrend die
Voͤgel auf den Baͤumen rings umher ihnen ein
Abendlied zwitſcherten.



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[28/0044] Huͤtten am unteren Ufer kaum Zeit gefunden, ihr Leben zu retten. Die hoͤlzernen Haͤuſer ſchwammen ſtuͤckweis auf dem Strome fort. Bildhauers Neubau war zuſammengeſtuͤrzt. Von den Seinigen Niemand gerettet, weil dies Haus am tiefſten gelegen. Chri- ſtinens Leichnam ſpuͤlte das Waſſer eine Meile weiter hinab auf eine Wieſe. Die Uebrigen wurden nicht gefunden, auch Deine Mutter nicht, lieber Anton.“ Hier brach die alte Gokſch ihre Erzaͤhlung ab. Sie konnte vor Schluchzen nicht weiter ſprechen. Anton hatte keine Thraͤnen. Schweigend erhob er ſich vom Boden, wo er geſeſſen, ſiel ſeiner Großmutter um den Hals, druͤckte einen langen Kuß auf ihre welken Lippen. Dann gingen ſie mit einander in’s Haͤuschen, und ohne eine Schnitte Brot zu beruͤhren, legten ſie ſich auf ihr reinliches Lager, waͤhrend die Voͤgel auf den Baͤumen rings umher ihnen ein Abendlied zwitſcherten.

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/44>, abgerufen am 23.11.2024.