lebendig wie Du weißt; heute wo mein Kopf noch auf heilem Halse steht und blüht, wie eine Feuerlilie auf ihrem Stengel; heute schon im Voraus die Erlaub- niß, mich nicht länger zu beweinen, als drei Jahre, drei Monate, drei Wochen, drei Tage und drei Stun- den. Hat die Dritte ausgeschlagen, darfst Du Dich nach Deinem Dritten umschauen! Doch sieh zu, ob Du wieder einen Antoine findest!
"Nein ich finde keinen! Und stirbst Du, will ich mit Dir sterben! Jetzt erst bist Du schön! Jetzt erst lieb' ich Dich mit all' der Liebe, deren ich fähig bin. Du hast Recht: Leben und Wagen! Ohne Leben keine Liebe; ohne Gefahr kein Leben! Heute noch lass' uns Anstalten treffen zur Reise! Oh, ich sehe Dich zu Pferde! Du mußt entzückend sein: diese breite Brust, diese feine Taille, diese aristokratischen Knöchel; ganz comme il faut! Und wie will ich Dich kleiden. -- Fort mit den geschmacklosen traditionellen Lappen, wie sie um jene plumpen Stallknechte flattern! Fort damit! Wenn Du auftrittst, sollen alle Männer vor Neid gelb werden und alle Weiber aus Mißgunst bersten, weil Du nicht ihnen gehörst; weil Du mein bist! Was?? Madame Guillaume? Jch fürchte sie nicht. Wird sie wagen sich mit mir zu messen? Jch
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lebendig wie Du weißt; heute wo mein Kopf noch auf heilem Halſe ſteht und bluͤht, wie eine Feuerlilie auf ihrem Stengel; heute ſchon im Voraus die Erlaub- niß, mich nicht laͤnger zu beweinen, als drei Jahre, drei Monate, drei Wochen, drei Tage und drei Stun- den. Hat die Dritte ausgeſchlagen, darfſt Du Dich nach Deinem Dritten umſchauen! Doch ſieh zu, ob Du wieder einen Antoine findeſt!
„Nein ich finde keinen! Und ſtirbſt Du, will ich mit Dir ſterben! Jetzt erſt biſt Du ſchoͤn! Jetzt erſt lieb’ ich Dich mit all’ der Liebe, deren ich faͤhig bin. Du haſt Recht: Leben und Wagen! Ohne Leben keine Liebe; ohne Gefahr kein Leben! Heute noch laſſ’ uns Anſtalten treffen zur Reiſe! Oh, ich ſehe Dich zu Pferde! Du mußt entzuͤckend ſein: dieſe breite Bruſt, dieſe feine Taille, dieſe ariſtokratiſchen Knoͤchel; ganz comme il faut! Und wie will ich Dich kleiden. — Fort mit den geſchmackloſen traditionellen Lappen, wie ſie um jene plumpen Stallknechte flattern! Fort damit! Wenn Du auftrittſt, ſollen alle Maͤnner vor Neid gelb werden und alle Weiber aus Mißgunſt berſten, weil Du nicht ihnen gehoͤrſt; weil Du mein biſt! Was?? Madame Guillaume? Jch fuͤrchte ſie nicht. Wird ſie wagen ſich mit mir zu meſſen? Jch
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lebendig wie Du weißt; heute wo mein Kopf noch
auf heilem Halſe ſteht und bluͤht, wie eine Feuerlilie
auf ihrem Stengel; heute ſchon im Voraus die Erlaub-
niß, mich nicht laͤnger zu beweinen, als drei Jahre,
drei Monate, drei Wochen, drei Tage und drei Stun-
den. Hat die Dritte ausgeſchlagen, darfſt Du Dich
nach Deinem Dritten umſchauen! Doch ſieh zu, ob
Du wieder einen Antoine findeſt!
„Nein ich finde keinen! Und ſtirbſt Du, will ich
mit Dir ſterben! Jetzt erſt biſt Du ſchoͤn! Jetzt erſt
lieb’ ich Dich mit all’ der Liebe, deren ich faͤhig bin.
Du haſt Recht: Leben und Wagen! Ohne Leben keine
Liebe; ohne Gefahr kein Leben! Heute noch laſſ’ uns
Anſtalten treffen zur Reiſe! Oh, ich ſehe Dich zu
Pferde! Du mußt entzuͤckend ſein: dieſe breite Bruſt,
dieſe feine Taille, dieſe ariſtokratiſchen Knoͤchel; ganz
comme il faut! Und wie will ich Dich kleiden. —
Fort mit den geſchmackloſen traditionellen Lappen,
wie ſie um jene plumpen Stallknechte flattern! Fort
damit! Wenn Du auftrittſt, ſollen alle Maͤnner vor
Neid gelb werden und alle Weiber aus Mißgunſt
berſten, weil Du nicht ihnen gehoͤrſt; weil Du mein
biſt! Was?? Madame Guillaume? Jch fuͤrchte ſie
nicht. Wird ſie wagen ſich mit mir zu meſſen? Jch
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/355>, abgerufen am 23.11.2024.
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