all' seiner Liebenswürdigkeit, wie ich Dich liebe in all' Deiner Dummheit. Aber ich bin katholisch, -- und eine katholische Ehe kann nicht gelöset werden. Merke Dir das, Teufelsbraten von einem Ketzer! Mich verbrennen zu lassen, weil ich einen zweiten Mann nahm, während der erste noch am Leben ist, trag ich kein Verlangen. Brennt mich doch schon heftig genug das Feuer für Dich, das in mir wüthet. -- Die Wagen sind da. Heute zu Nacht, mag es nun gehen, wie es und wo es wolle, müssen wir uns finden. Sei wach, aufmerksam und wenn es Dir möglich ist: sei nicht dumm. Jch will Dich belohnen. Adieu!"
Anton half ihr in die Kutsche. Beleidigtes Ehr- gefühl, gewissenhafte Sittsamkeit, Bewußtsein nie- driger unwürdiger Stellung, Groll gegen sie und sich schwellten ihm den Busen. Doch wie sie bei'm Einsteigen in den Wagen Gelegenheit suchte und fand, seine Hand zu ergreifen, sie zu drücken, an ihr Herz zu pressen, ... da versanken jene grollenden Gewalten in die Tiefen der See, welche am Pfade wogte und er vernahm nur noch: "Heute Nacht! -- Wir müssen uns finden! -- Jch will Dich belohnen!"
all’ ſeiner Liebenswuͤrdigkeit, wie ich Dich liebe in all’ Deiner Dummheit. Aber ich bin katholiſch, — und eine katholiſche Ehe kann nicht geloͤſet werden. Merke Dir das, Teufelsbraten von einem Ketzer! Mich verbrennen zu laſſen, weil ich einen zweiten Mann nahm, waͤhrend der erſte noch am Leben iſt, trag ich kein Verlangen. Brennt mich doch ſchon heftig genug das Feuer fuͤr Dich, das in mir wuͤthet. — Die Wagen ſind da. Heute zu Nacht, mag es nun gehen, wie es und wo es wolle, muͤſſen wir uns finden. Sei wach, aufmerkſam und wenn es Dir moͤglich iſt: ſei nicht dumm. Jch will Dich belohnen. Adieu!“
Anton half ihr in die Kutſche. Beleidigtes Ehr- gefuͤhl, gewiſſenhafte Sittſamkeit, Bewußtſein nie- driger unwuͤrdiger Stellung, Groll gegen ſie und ſich ſchwellten ihm den Buſen. Doch wie ſie bei’m Einſteigen in den Wagen Gelegenheit ſuchte und fand, ſeine Hand zu ergreifen, ſie zu druͤcken, an ihr Herz zu preſſen, ... da verſanken jene grollenden Gewalten in die Tiefen der See, welche am Pfade wogte und er vernahm nur noch: „Heute Nacht! — Wir muͤſſen uns finden! — Jch will Dich belohnen!“
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all’ ſeiner Liebenswuͤrdigkeit, wie ich Dich liebe in
all’ Deiner Dummheit. Aber ich bin katholiſch, —
und eine katholiſche Ehe kann nicht geloͤſet werden.
Merke Dir das, Teufelsbraten von einem Ketzer!
Mich verbrennen zu laſſen, weil ich einen zweiten
Mann nahm, waͤhrend der erſte noch am Leben iſt,
trag ich kein Verlangen. Brennt mich doch ſchon
heftig genug das Feuer fuͤr Dich, das in mir wuͤthet.
— Die Wagen ſind da. Heute zu Nacht, mag es
nun gehen, wie es und wo es wolle, muͤſſen wir
uns finden. Sei wach, aufmerkſam und wenn es
Dir moͤglich iſt: ſei nicht dumm. Jch will Dich
belohnen. Adieu!“
Anton half ihr in die Kutſche. Beleidigtes Ehr-
gefuͤhl, gewiſſenhafte Sittſamkeit, Bewußtſein nie-
driger unwuͤrdiger Stellung, Groll gegen ſie und
ſich ſchwellten ihm den Buſen. Doch wie ſie bei’m
Einſteigen in den Wagen Gelegenheit ſuchte und
fand, ſeine Hand zu ergreifen, ſie zu druͤcken, an ihr
Herz zu preſſen, ... da verſanken jene grollenden
Gewalten in die Tiefen der See, welche am Pfade
wogte und er vernahm nur noch: „Heute Nacht! —
Wir muͤſſen uns finden! — Jch will Dich belohnen!“
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/332>, abgerufen am 24.11.2024.
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