die Käfige; ich hatte die Vögel versorgt und bürstete über meinem Gehrock. Da kam sie dicht an mich heran und sagte mir leise in's Ohr: Wenn Sie noch einmal Madame Adelaide sehen, sehen Sie mich nie mehr. Sie haben die Wahl. Dabei war sie fast so bleich, als da sie am Tiger ihren Sonnenschirm zer- schlug, meine Hand zu retten. Jch fürchtete, sie werde wieder umsinken."
"Doch ehe ich noch antworten konnte, war sie verschwunden. Natürlich blieb ich, wo ich war, legte meinen Gehrock wieder in den Kasten, band eine Schürze vor und half den Knechten, um nur etwas zu beginnen. Aber ich wußte nicht, wie mir geschehen, noch was ich that. Jch wußte auch nicht, sollte ich wüthend sein, weil mir das Vergnügen zu reiten untersagt wurde, oder sollte ich entzückt sein über Laura's Eifersucht? Denn, daß es Eifersucht ist, was sie zornig macht, darüber bleibt mir jetzt kein Zweifel mehr."
"Also Laura interessirt sich für mich? Die schöne stolze Frau, meiner Herrschaft Tochter, für mich, den Korbmacherjungen? Nein, wenn sie das in Liebenau wüßten!"
"Eine Stunde später kam Madame Simonelli,
die Kaͤfige; ich hatte die Voͤgel verſorgt und buͤrſtete uͤber meinem Gehrock. Da kam ſie dicht an mich heran und ſagte mir leiſe in’s Ohr: Wenn Sie noch einmal Madame Adelaide ſehen, ſehen Sie mich nie mehr. Sie haben die Wahl. Dabei war ſie faſt ſo bleich, als da ſie am Tiger ihren Sonnenſchirm zer- ſchlug, meine Hand zu retten. Jch fuͤrchtete, ſie werde wieder umſinken.“
„Doch ehe ich noch antworten konnte, war ſie verſchwunden. Natuͤrlich blieb ich, wo ich war, legte meinen Gehrock wieder in den Kaſten, band eine Schuͤrze vor und half den Knechten, um nur etwas zu beginnen. Aber ich wußte nicht, wie mir geſchehen, noch was ich that. Jch wußte auch nicht, ſollte ich wuͤthend ſein, weil mir das Vergnuͤgen zu reiten unterſagt wurde, oder ſollte ich entzuͤckt ſein uͤber Laura’s Eiferſucht? Denn, daß es Eiferſucht iſt, was ſie zornig macht, daruͤber bleibt mir jetzt kein Zweifel mehr.“
„Alſo Laura intereſſirt ſich fuͤr mich? Die ſchoͤne ſtolze Frau, meiner Herrſchaft Tochter, fuͤr mich, den Korbmacherjungen? Nein, wenn ſie das in Liebenau wuͤßten!“
„Eine Stunde ſpaͤter kam Madame Simonelli,
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die Kaͤfige; ich hatte die Voͤgel verſorgt und buͤrſtete
uͤber meinem Gehrock. Da kam ſie dicht an mich
heran und ſagte mir leiſe in’s Ohr: Wenn Sie noch
einmal Madame Adelaide ſehen, ſehen Sie mich nie
mehr. Sie haben die Wahl. Dabei war ſie faſt ſo
bleich, als da ſie am Tiger ihren Sonnenſchirm zer-
ſchlug, meine Hand zu retten. Jch fuͤrchtete, ſie werde
wieder umſinken.“
„Doch ehe ich noch antworten konnte, war ſie
verſchwunden. Natuͤrlich blieb ich, wo ich war, legte
meinen Gehrock wieder in den Kaſten, band eine
Schuͤrze vor und half den Knechten, um nur etwas
zu beginnen. Aber ich wußte nicht, wie mir geſchehen,
noch was ich that. Jch wußte auch nicht, ſollte ich
wuͤthend ſein, weil mir das Vergnuͤgen zu reiten
unterſagt wurde, oder ſollte ich entzuͤckt ſein uͤber
Laura’s Eiferſucht? Denn, daß es Eiferſucht iſt, was
ſie zornig macht, daruͤber bleibt mir jetzt kein Zweifel
mehr.“
„Alſo Laura intereſſirt ſich fuͤr mich? Die ſchoͤne
ſtolze Frau, meiner Herrſchaft Tochter, fuͤr mich, den
Korbmacherjungen? Nein, wenn ſie das in Liebenau
wuͤßten!“
„Eine Stunde ſpaͤter kam Madame Simonelli,
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/310>, abgerufen am 24.11.2024.
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