gar nicht von ihm trennen, und wäre nicht die Speise- stunde herangerückt, ich säße, scheint mir, noch darauf. Herr Guillaume entließ mich nur, nachdem ich fest gelobt, wieder zu kommen. Der Stallmeister ver- sicherte mich, solches Talent sei ihm noch nicht begeg- net und ich müsse von Vorfahren abstammen, die mehr auf dem Pferde, als auf dem Erdboden gelebt hätten. Meines Vaters, des Kavallerie-Offizieres gedenkend, wollt' ich schon zustimmend erklären, wie das zusammenhänge; aber ich gedachte auch meiner armen Mutter und verstummte wieder."
"Bei Tische erzählt' ich den Vorfall. Madame Simonelli warnte mich, auf die Avancen, die man mir dort gemacht, nichts zu geben. Sie möchten mir, äußerte sie, einen netten Burschen abspenstig machen und Du, mein, Sohn hättest, wenn Du Dich verfüh- ren ließest, auch nichts davon, als Reitknecht zu wer- den, mit viel Plage und wenig Geld."
"Madame Amelot, die schon vorher über Kopf- schmerz geklagt, verließ die Tafel, ohne zu essen. Jch sah sie nicht mehr, den ganzen Tag."
"Heute Vormittag, eben wie ich mich zurecht machte, um wieder in die Manege zu gehen, trat sie in unsere Bude; Pierre und der Rothbart reinigten
gar nicht von ihm trennen, und waͤre nicht die Speiſe- ſtunde herangeruͤckt, ich ſaͤße, ſcheint mir, noch darauf. Herr Guillaume entließ mich nur, nachdem ich feſt gelobt, wieder zu kommen. Der Stallmeiſter ver- ſicherte mich, ſolches Talent ſei ihm noch nicht begeg- net und ich muͤſſe von Vorfahren abſtammen, die mehr auf dem Pferde, als auf dem Erdboden gelebt haͤtten. Meines Vaters, des Kavallerie-Offizieres gedenkend, wollt’ ich ſchon zuſtimmend erklaͤren, wie das zuſammenhaͤnge; aber ich gedachte auch meiner armen Mutter und verſtummte wieder.“
„Bei Tiſche erzaͤhlt’ ich den Vorfall. Madame Simonelli warnte mich, auf die Avancen, die man mir dort gemacht, nichts zu geben. Sie moͤchten mir, aͤußerte ſie, einen netten Burſchen abſpenſtig machen und Du, mein, Sohn haͤtteſt, wenn Du Dich verfuͤh- ren ließeſt, auch nichts davon, als Reitknecht zu wer- den, mit viel Plage und wenig Geld.“
„Madame Amelot, die ſchon vorher uͤber Kopf- ſchmerz geklagt, verließ die Tafel, ohne zu eſſen. Jch ſah ſie nicht mehr, den ganzen Tag.“
„Heute Vormittag, eben wie ich mich zurecht machte, um wieder in die Manège zu gehen, trat ſie in unſere Bude; Pierre und der Rothbart reinigten
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gar nicht von ihm trennen, und waͤre nicht die Speiſe-
ſtunde herangeruͤckt, ich ſaͤße, ſcheint mir, noch darauf.
Herr Guillaume entließ mich nur, nachdem ich feſt
gelobt, wieder zu kommen. Der Stallmeiſter ver-
ſicherte mich, ſolches Talent ſei ihm noch nicht begeg-
net und ich muͤſſe von Vorfahren abſtammen, die
mehr auf dem Pferde, als auf dem Erdboden gelebt
haͤtten. Meines Vaters, des Kavallerie-Offizieres
gedenkend, wollt’ ich ſchon zuſtimmend erklaͤren, wie
das zuſammenhaͤnge; aber ich gedachte auch meiner
armen Mutter und verſtummte wieder.“
„Bei Tiſche erzaͤhlt’ ich den Vorfall. Madame
Simonelli warnte mich, auf die Avancen, die man
mir dort gemacht, nichts zu geben. Sie moͤchten mir,
aͤußerte ſie, einen netten Burſchen abſpenſtig machen
und Du, mein, Sohn haͤtteſt, wenn Du Dich verfuͤh-
ren ließeſt, auch nichts davon, als Reitknecht zu wer-
den, mit viel Plage und wenig Geld.“
„Madame Amelot, die ſchon vorher uͤber Kopf-
ſchmerz geklagt, verließ die Tafel, ohne zu eſſen. Jch
ſah ſie nicht mehr, den ganzen Tag.“
„Heute Vormittag, eben wie ich mich zurecht
machte, um wieder in die Manège zu gehen, trat ſie
in unſere Bude; Pierre und der Rothbart reinigten
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/309>, abgerufen am 24.11.2024.
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