als wolle er sie an die Apfelscene des Morgens mah- nen. Nachdem er dies gethan, machte er Miene, sich zu entfernen.
Madame Amelot jedoch ließ das nicht geschehen. Sie rief ihn zurück, hieß ihn, sich einen vierten Stuhl holen, lud ihn ein diesen zu benützen und stellte ihn, da er zögerte, dem Fremden in aller Form als -- Antoine, Diener und Freund des Hauses vor. Worauf der kleine Herr sich voll militairischen An- stands erhob und die Damen ersuchte, ihn gleichfalls zu präsentiren. Solche Mühe übernahm Madame "Mutter": sie bezeichnete und nannte den weltbe- rühmten Herrn Michaletto Sanchez, Künstler und Vater dreier allerliebsten Töchter, die als Equilibri- stinnen und Drahttänzerinnen ihres Gleichen suchen!
Michaletto wie Anton verbeugten sich gegenseitig, dann setzten sie sich wieder; Madame Simonelli kre- denzte ein großes Glas Bordeaux und Kuchen, Käse, Aepfel u. s. w. wurden, wie man sich heut' zu Tage darüber ausdrückt: in Angriff genommen.
Woher kommen Sie mein alter Freund Sanchez? fragte die Simonelli. Wie geh'n die Geschäfte?
"Abscheulich," antwortete dieser, während er mit der Rechten ein Stück Chesterkäse, mit der Linken
als wolle er ſie an die Apfelſcene des Morgens mah- nen. Nachdem er dies gethan, machte er Miene, ſich zu entfernen.
Madame Amelot jedoch ließ das nicht geſchehen. Sie rief ihn zuruͤck, hieß ihn, ſich einen vierten Stuhl holen, lud ihn ein dieſen zu benuͤtzen und ſtellte ihn, da er zoͤgerte, dem Fremden in aller Form als — Antoine, Diener und Freund des Hauſes vor. Worauf der kleine Herr ſich voll militairiſchen An- ſtands erhob und die Damen erſuchte, ihn gleichfalls zu praͤſentiren. Solche Muͤhe uͤbernahm Madame „Mutter“: ſie bezeichnete und nannte den weltbe- ruͤhmten Herrn Michaletto Sanchez, Kuͤnſtler und Vater dreier allerliebſten Toͤchter, die als Equilibri- ſtinnen und Drahttaͤnzerinnen ihres Gleichen ſuchen!
Michaletto wie Anton verbeugten ſich gegenſeitig, dann ſetzten ſie ſich wieder; Madame Simonelli kre- denzte ein großes Glas Bordeaux und Kuchen, Kaͤſe, Aepfel u. ſ. w. wurden, wie man ſich heut’ zu Tage daruͤber ausdruͤckt: in Angriff genommen.
Woher kommen Sie mein alter Freund Sanchez? fragte die Simonelli. Wie geh’n die Geſchaͤfte?
„Abſcheulich,“ antwortete dieſer, waͤhrend er mit der Rechten ein Stuͤck Cheſterkaͤſe, mit der Linken
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als wolle er ſie an die Apfelſcene des Morgens mah-
nen. Nachdem er dies gethan, machte er Miene, ſich
zu entfernen.
Madame Amelot jedoch ließ das nicht geſchehen.
Sie rief ihn zuruͤck, hieß ihn, ſich einen vierten Stuhl
holen, lud ihn ein dieſen zu benuͤtzen und ſtellte ihn,
da er zoͤgerte, dem Fremden in aller Form als —
Antoine, Diener und Freund des Hauſes vor.
Worauf der kleine Herr ſich voll militairiſchen An-
ſtands erhob und die Damen erſuchte, ihn gleichfalls
zu praͤſentiren. Solche Muͤhe uͤbernahm Madame
„Mutter“: ſie bezeichnete und nannte den weltbe-
ruͤhmten Herrn Michaletto Sanchez, Kuͤnſtler und
Vater dreier allerliebſten Toͤchter, die als Equilibri-
ſtinnen und Drahttaͤnzerinnen ihres Gleichen ſuchen!
Michaletto wie Anton verbeugten ſich gegenſeitig,
dann ſetzten ſie ſich wieder; Madame Simonelli kre-
denzte ein großes Glas Bordeaux und Kuchen, Kaͤſe,
Aepfel u. ſ. w. wurden, wie man ſich heut’ zu Tage
daruͤber ausdruͤckt: in Angriff genommen.
Woher kommen Sie mein alter Freund Sanchez?
fragte die Simonelli. Wie geh’n die Geſchaͤfte?
„Abſcheulich,“ antwortete dieſer, waͤhrend er mit
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/295>, abgerufen am 24.11.2024.
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