für sie, die Heimathlosen, auch ein Gruß aus der glühenden Heimath. Nur "Bradipus ursinus" zeigte sich unruhig, Anton's Schritte und Tritte mit lüster- ner Lebhaftigkeit verfolgend, wie wenn er ihn auf sich aufmerksam machen wollte. Er fühlte sich vernach- lässiget. Und das mit Grund. Sein Gönner hatte ihm schon seit Wochen jene Näscherei vorenthalten, womit er ihn den ganzen Winter hindurch so reichlich beschenkt: die Aepfel wurden schon selten und theuer.
Ja, drücke Dich nur an die Stäbe, sagte Anton, wie ihn der Spaziergang wieder in die Nähe des lechzenden Bären führte; das hilft Dir nichts. Die Aepfel gehen zu Ende. Was noch Erträgliches zu finden ist, das heb' ich meinen Damen auf, für den Tisch. Madame Laura liebt Aepfel zum Dessert; und daß Madame Laura Amelot, geborene Simonelli, Dir vorgeht, wirst Du begreifen, dummer Tölpel; nicht wahr? -- Sollte man nicht darauf schwören, daß Beest verstände, was ich ihm vorrede? Wie es mich anschaut! Völlig mit menschlichem Blick! Ha, Du giebst Pfote? Du kokettirst mit mir, Monstrum? Jetzt sitzt es auf den Hinterbeinen, wie ein bittender Mops. Und wie höflich! Vor lauter Häßlichkeit wird es schön! Nun gut, weil Du gar so häßlich bist, und
fuͤr ſie, die Heimathloſen, auch ein Gruß aus der gluͤhenden Heimath. Nur „Bradipus ursinus“ zeigte ſich unruhig, Anton’s Schritte und Tritte mit luͤſter- ner Lebhaftigkeit verfolgend, wie wenn er ihn auf ſich aufmerkſam machen wollte. Er fuͤhlte ſich vernach- laͤſſiget. Und das mit Grund. Sein Goͤnner hatte ihm ſchon ſeit Wochen jene Naͤſcherei vorenthalten, womit er ihn den ganzen Winter hindurch ſo reichlich beſchenkt: die Aepfel wurden ſchon ſelten und theuer.
Ja, druͤcke Dich nur an die Staͤbe, ſagte Anton, wie ihn der Spaziergang wieder in die Naͤhe des lechzenden Baͤren fuͤhrte; das hilft Dir nichts. Die Aepfel gehen zu Ende. Was noch Ertraͤgliches zu finden iſt, das heb’ ich meinen Damen auf, fuͤr den Tiſch. Madame Laura liebt Aepfel zum Deſſert; und daß Madame Laura Amelot, geborene Simonelli, Dir vorgeht, wirſt Du begreifen, dummer Toͤlpel; nicht wahr? — Sollte man nicht darauf ſchwoͤren, daß Beeſt verſtaͤnde, was ich ihm vorrede? Wie es mich anſchaut! Voͤllig mit menſchlichem Blick! Ha, Du giebſt Pfote? Du kokettirſt mit mir, Monſtrum? Jetzt ſitzt es auf den Hinterbeinen, wie ein bittender Mops. Und wie hoͤflich! Vor lauter Haͤßlichkeit wird es ſchoͤn! Nun gut, weil Du gar ſo haͤßlich biſt, und
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fuͤr ſie, die Heimathloſen, auch ein Gruß aus der
gluͤhenden Heimath. Nur „Bradipus ursinus“ zeigte
ſich unruhig, Anton’s Schritte und Tritte mit luͤſter-
ner Lebhaftigkeit verfolgend, wie wenn er ihn auf ſich
aufmerkſam machen wollte. Er fuͤhlte ſich vernach-
laͤſſiget. Und das mit Grund. Sein Goͤnner hatte
ihm ſchon ſeit Wochen jene Naͤſcherei vorenthalten,
womit er ihn den ganzen Winter hindurch ſo reichlich
beſchenkt: die Aepfel wurden ſchon ſelten und theuer.
Ja, druͤcke Dich nur an die Staͤbe, ſagte Anton,
wie ihn der Spaziergang wieder in die Naͤhe des
lechzenden Baͤren fuͤhrte; das hilft Dir nichts. Die
Aepfel gehen zu Ende. Was noch Ertraͤgliches zu
finden iſt, das heb’ ich meinen Damen auf, fuͤr den
Tiſch. Madame Laura liebt Aepfel zum Deſſert; und
daß Madame Laura Amelot, geborene Simonelli,
Dir vorgeht, wirſt Du begreifen, dummer Toͤlpel;
nicht wahr? — Sollte man nicht darauf ſchwoͤren,
daß Beeſt verſtaͤnde, was ich ihm vorrede? Wie es
mich anſchaut! Voͤllig mit menſchlichem Blick! Ha,
Du giebſt Pfote? Du kokettirſt mit mir, Monſtrum?
Jetzt ſitzt es auf den Hinterbeinen, wie ein bittender
Mops. Und wie hoͤflich! Vor lauter Haͤßlichkeit wird
es ſchoͤn! Nun gut, weil Du gar ſo haͤßlich biſt, und
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/285>, abgerufen am 24.11.2024.
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