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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852.

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Raume diplomatische Konferenzen mit seinem Kollegen,
dem Rothbart. Anton, zu sehr in das Affenthum ver-
tieft, um zu bemerken, was von den Bewegungen des
Menschen ihm galt, wurde endlich durch das Erschei-
nen der Damen aufgestört. Madame Simonelli nahm
das Wort. Madame Amelot, auf ihrem Nacken den
wiedergefundenen Koko, ihr französisches Lesebuch vor
den Augen, schien stumme Zeugin bleiben zu wollen.
Man stellte ihm den Antrag, wenn er vielleicht für
seine Zukunft keine bestimmten Absichten hege, in den
Dienst des Hauses zu treten. Seine Gagen sollten
denen des böslich Entwichenen gleich kommen und an
den Trinkgeldern, von Schaulustigen in die Büchse
geworfen, würde ihm sein Dritttheil nicht entgehen.
"Wir brauchen einen zierlichen jungen Mann von
Lebensart und der sich gut auszudrücken weiß. Denn
wir wollen uns auch darin vor Anderen auszeichnen.
Eine Schwierigkeit nur könnte hinderlich sein, wenn
vielleicht, durch was immer für einen "Accident" die
"Papiere" des Reisenden nicht in der Regel wären?"

Welche Papiere? fragte Anton, in seiner gänz-
lichen Unwissenheit über ein Papier, welches man
Reisepaß nennt.

Als ihm die Sache deutlich gemacht wurde, stand

Raume diplomatiſche Konferenzen mit ſeinem Kollegen,
dem Rothbart. Anton, zu ſehr in das Affenthum ver-
tieft, um zu bemerken, was von den Bewegungen des
Menſchen ihm galt, wurde endlich durch das Erſchei-
nen der Damen aufgeſtoͤrt. Madame Simonelli nahm
das Wort. Madame Amelot, auf ihrem Nacken den
wiedergefundenen Koko, ihr franzoͤſiſches Leſebuch vor
den Augen, ſchien ſtumme Zeugin bleiben zu wollen.
Man ſtellte ihm den Antrag, wenn er vielleicht fuͤr
ſeine Zukunft keine beſtimmten Abſichten hege, in den
Dienſt des Hauſes zu treten. Seine Gagen ſollten
denen des boͤslich Entwichenen gleich kommen und an
den Trinkgeldern, von Schauluſtigen in die Buͤchſe
geworfen, wuͤrde ihm ſein Dritttheil nicht entgehen.
„Wir brauchen einen zierlichen jungen Mann von
Lebensart und der ſich gut auszudruͤcken weiß. Denn
wir wollen uns auch darin vor Anderen auszeichnen.
Eine Schwierigkeit nur koͤnnte hinderlich ſein, wenn
vielleicht, durch was immer fuͤr einen „Accident“ die
„Papiere“ des Reiſenden nicht in der Regel waͤren?“

Welche Papiere? fragte Anton, in ſeiner gaͤnz-
lichen Unwiſſenheit uͤber ein Papier, welches man
Reiſepaß nennt.

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[253/0269] Raume diplomatiſche Konferenzen mit ſeinem Kollegen, dem Rothbart. Anton, zu ſehr in das Affenthum ver- tieft, um zu bemerken, was von den Bewegungen des Menſchen ihm galt, wurde endlich durch das Erſchei- nen der Damen aufgeſtoͤrt. Madame Simonelli nahm das Wort. Madame Amelot, auf ihrem Nacken den wiedergefundenen Koko, ihr franzoͤſiſches Leſebuch vor den Augen, ſchien ſtumme Zeugin bleiben zu wollen. Man ſtellte ihm den Antrag, wenn er vielleicht fuͤr ſeine Zukunft keine beſtimmten Abſichten hege, in den Dienſt des Hauſes zu treten. Seine Gagen ſollten denen des boͤslich Entwichenen gleich kommen und an den Trinkgeldern, von Schauluſtigen in die Buͤchſe geworfen, wuͤrde ihm ſein Dritttheil nicht entgehen. „Wir brauchen einen zierlichen jungen Mann von Lebensart und der ſich gut auszudruͤcken weiß. Denn wir wollen uns auch darin vor Anderen auszeichnen. Eine Schwierigkeit nur koͤnnte hinderlich ſein, wenn vielleicht, durch was immer fuͤr einen „Accident“ die „Papiere“ des Reiſenden nicht in der Regel waͤren?“ Welche Papiere? fragte Anton, in ſeiner gaͤnz- lichen Unwiſſenheit uͤber ein Papier, welches man Reiſepaß nennt. Als ihm die Sache deutlich gemacht wurde, ſtand

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/269>, abgerufen am 24.11.2024.