so daß ich die Flitterwochen hindurch schwarz einher gehen mußte, wie eine Amsel. Das hast Du alles schon gehört, Anton, ich kann Dir es aber jetzt nicht schenken, denn mein Kopf ist gar schwächlich, und wenn ich nicht die ganze Geschichte vom Anfang an- fange, bring' ich sie gar nicht zu Stande. Aber wo blieb ich denn?" --
Bei der Amsel, Großmutter!
"Richtig. So schwarz wie eine Amsel mußt' ich einhergehen. Und sammt meiner Trauerkleidung kam ich in's Wochenbett, mit einem kleinen Anton. Der machte aber nicht lange, so war er hin. Der arme kleine Kerl konnte die Thränen nicht verwinden, die ich um meine Mutter so gern geweint hätte, die ich aber verschlucken mußte, weil Dein Großvater zornig ward, wenn er mich weinen sah. Jch hab' das Kind meiner Mutter zu Füßen gelegt. Jch dachte in meiner Ein- falt, damit sie gleich einen Engel als Boten bei der Hand haben sollte, wenn sie vielleicht einmal Lust hätte, mir einen Gruß zu schicken aus ihrem Grabe, oder sonst etwas? Es hat sich jedoch nichts eingestellt. Mein zweites Kind -- lange nachher -- war ein Mädel. Das war Deine Mutter, Anton! Antonie haben wir sie genannt. Das heißt, Dein Großvater
ſo daß ich die Flitterwochen hindurch ſchwarz einher gehen mußte, wie eine Amſel. Das haſt Du alles ſchon gehoͤrt, Anton, ich kann Dir es aber jetzt nicht ſchenken, denn mein Kopf iſt gar ſchwaͤchlich, und wenn ich nicht die ganze Geſchichte vom Anfang an- fange, bring’ ich ſie gar nicht zu Stande. Aber wo blieb ich denn?“ —
Bei der Amſel, Großmutter!
„Richtig. So ſchwarz wie eine Amſel mußt’ ich einhergehen. Und ſammt meiner Trauerkleidung kam ich in’s Wochenbett, mit einem kleinen Anton. Der machte aber nicht lange, ſo war er hin. Der arme kleine Kerl konnte die Thraͤnen nicht verwinden, die ich um meine Mutter ſo gern geweint haͤtte, die ich aber verſchlucken mußte, weil Dein Großvater zornig ward, wenn er mich weinen ſah. Jch hab’ das Kind meiner Mutter zu Fuͤßen gelegt. Jch dachte in meiner Ein- falt, damit ſie gleich einen Engel als Boten bei der Hand haben ſollte, wenn ſie vielleicht einmal Luſt haͤtte, mir einen Gruß zu ſchicken aus ihrem Grabe, oder ſonſt etwas? Es hat ſich jedoch nichts eingeſtellt. Mein zweites Kind — lange nachher — war ein Maͤdel. Das war Deine Mutter, Anton! Antonie haben wir ſie genannt. Das heißt, Dein Großvater
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ſo daß ich die Flitterwochen hindurch ſchwarz einher
gehen mußte, wie eine Amſel. Das haſt Du alles
ſchon gehoͤrt, Anton, ich kann Dir es aber jetzt nicht
ſchenken, denn mein Kopf iſt gar ſchwaͤchlich, und
wenn ich nicht die ganze Geſchichte vom Anfang an-
fange, bring’ ich ſie gar nicht zu Stande. Aber wo
blieb ich denn?“ —
Bei der Amſel, Großmutter!
„Richtig. So ſchwarz wie eine Amſel mußt’ ich
einhergehen. Und ſammt meiner Trauerkleidung kam
ich in’s Wochenbett, mit einem kleinen Anton. Der
machte aber nicht lange, ſo war er hin. Der arme
kleine Kerl konnte die Thraͤnen nicht verwinden, die
ich um meine Mutter ſo gern geweint haͤtte, die ich aber
verſchlucken mußte, weil Dein Großvater zornig ward,
wenn er mich weinen ſah. Jch hab’ das Kind meiner
Mutter zu Fuͤßen gelegt. Jch dachte in meiner Ein-
falt, damit ſie gleich einen Engel als Boten bei der
Hand haben ſollte, wenn ſie vielleicht einmal Luſt
haͤtte, mir einen Gruß zu ſchicken aus ihrem Grabe,
oder ſonſt etwas? Es hat ſich jedoch nichts eingeſtellt.
Mein zweites Kind — lange nachher — war ein
Maͤdel. Das war Deine Mutter, Anton! Antonie
haben wir ſie genannt. Das heißt, Dein Großvater
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/24>, abgerufen am 24.11.2024.
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