Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852.Deutung geben und Auswege finden, sie zu umgehen! Bei unserem Anton war das nun freilich ein an- Einige Wochen waren ihm unter Arbeit und trü- Vom Schlosse vernahm er nur durch Andere. Der 14 *
Deutung geben und Auswege finden, ſie zu umgehen! Bei unſerem Anton war das nun freilich ein an- Einige Wochen waren ihm unter Arbeit und truͤ- Vom Schloſſe vernahm er nur durch Andere. Der 14 *
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Deutung geben und Auswege finden, ſie zu umgehen!
Man vernimmt haͤufig im Volke jenes albern-klingende
Wort: wenn der Verſtorbene das wuͤßte, im Grabe
wuͤrd’ er ſich umkehren! Und ſo albern es klingt, es
iſt uns Allen gewiß auch ſchon wider unſern eigenen
Willen auf die Zunge gekommen, wenn wir mit an-
ſehen mußten, wie herzloſe Erben, oder auch der
„große Zeitgeiſt“ unter ihre Fuͤße traten, was edle
Stifter auf immer zu gruͤnden bemuͤht geweſen.
Bei unſerem Anton war das nun freilich ein an-
derer Fall. Er wuͤrde aus freiem eigenen Willen
nichts unternommen haben, was er mit ſeiner Anhaͤng-
lichkeit fuͤr die Verſtorbene nicht vereinbar gefunden.
Man zwang ihn dazu.
Einige Wochen waren ihm unter Arbeit und truͤ-
bem Sinnen verſtrichen; der wilde Schmerz fing an
ſich in wehmuͤthiger Trauer zu beſaͤnftigen; mitunter
zuckte auch ſchon wieder ein Blitz jugendlich-feuriger
Lebensluſt ihm durch die Adern, — doch er gedachte
an die Warnungen ſeiner Sterbenden und ergab ſich
entſagender Geduld.
Vom Schloſſe vernahm er nur durch Andere. Der
Bankerott war erklaͤrt. Die natuͤrlichen Erbinnen
des Baron’s wagten nicht, ihre Rechte in Anſpruch
14 *
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Zitationshilfe: | Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/227>, abgerufen am 16.02.2025. |