machte seiner Dummheit Ehre, begriff den Sinn des Befehles, wie ein Kluger ihn vielleicht kaum begriffen hätte und führte ihn so gründlich aus, daß er Schlag Ein Uhr an des Barons Schlafzimmer pochte, mit der Meldung: "Die Fräulen sei wieder bei'm Stadt- herren d'rin!"
Es war ein ziemlich langer Weg von einem Ende des weitläuftigen, halb zerfallenden Gebäu's bis zum anderen. Onkel Nasus, in einen brokatenen, ver- schossenen Schlafrock gehüllt, doch mit Reiterstiefeln, woran die Sporen klirrten, gerüstet; in der Linken eine Kerze auf silbernem Leuchter, in der Rechten sein Schwert führend, schritt voran. Jhm folgten der Gärtner, der Leibjäger, der Koch, -- denn er brauchte Zeugen!
Vor Theodor's Stubenthür angelangt, reichte er seinem Büchsenspanner den Leuchter hin und pochte sodann mit der linken Faust dreimal gewaltig an das morsche Getäfel, daß es schier aus seinen Fugen gewi- chen wäre.
Zum Teufel, was giebt's? erschallte Theodors Ruf von Jnnen; bist Du es, Christian? Brennt die alte Räuberhöhle? Was willst Du?
"Jch bin es, Herr Theodor van der Helfft, ich,
machte ſeiner Dummheit Ehre, begriff den Sinn des Befehles, wie ein Kluger ihn vielleicht kaum begriffen haͤtte und fuͤhrte ihn ſo gruͤndlich aus, daß er Schlag Ein Uhr an des Barons Schlafzimmer pochte, mit der Meldung: „Die Fraͤulen ſei wieder bei’m Stadt- herren d’rin!“
Es war ein ziemlich langer Weg von einem Ende des weitlaͤuftigen, halb zerfallenden Gebaͤu’s bis zum anderen. Onkel Naſus, in einen brokatenen, ver- ſchoſſenen Schlafrock gehuͤllt, doch mit Reiterſtiefeln, woran die Sporen klirrten, geruͤſtet; in der Linken eine Kerze auf ſilbernem Leuchter, in der Rechten ſein Schwert fuͤhrend, ſchritt voran. Jhm folgten der Gaͤrtner, der Leibjaͤger, der Koch, — denn er brauchte Zeugen!
Vor Theodor’s Stubenthuͤr angelangt, reichte er ſeinem Buͤchſenſpanner den Leuchter hin und pochte ſodann mit der linken Fauſt dreimal gewaltig an das morſche Getaͤfel, daß es ſchier aus ſeinen Fugen gewi- chen waͤre.
Zum Teufel, was giebt’s? erſchallte Theodors Ruf von Jnnen; biſt Du es, Chriſtian? Brennt die alte Raͤuberhoͤhle? Was willſt Du?
„Jch bin es, Herr Theodor van der Helfft, ich,
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machte ſeiner Dummheit Ehre, begriff den Sinn des
Befehles, wie ein Kluger ihn vielleicht kaum begriffen
haͤtte und fuͤhrte ihn ſo gruͤndlich aus, daß er Schlag
Ein Uhr an des Barons Schlafzimmer pochte, mit
der Meldung: „Die Fraͤulen ſei wieder bei’m Stadt-
herren d’rin!“
Es war ein ziemlich langer Weg von einem Ende
des weitlaͤuftigen, halb zerfallenden Gebaͤu’s bis zum
anderen. Onkel Naſus, in einen brokatenen, ver-
ſchoſſenen Schlafrock gehuͤllt, doch mit Reiterſtiefeln,
woran die Sporen klirrten, geruͤſtet; in der Linken
eine Kerze auf ſilbernem Leuchter, in der Rechten ſein
Schwert fuͤhrend, ſchritt voran. Jhm folgten der
Gaͤrtner, der Leibjaͤger, der Koch, — denn er brauchte
Zeugen!
Vor Theodor’s Stubenthuͤr angelangt, reichte
er ſeinem Buͤchſenſpanner den Leuchter hin und pochte
ſodann mit der linken Fauſt dreimal gewaltig an das
morſche Getaͤfel, daß es ſchier aus ſeinen Fugen gewi-
chen waͤre.
Zum Teufel, was giebt’s? erſchallte Theodors
Ruf von Jnnen; biſt Du es, Chriſtian? Brennt die
alte Raͤuberhoͤhle? Was willſt Du?
„Jch bin es, Herr Theodor van der Helfft, ich,
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/187>, abgerufen am 18.12.2024.
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