Ochsen-Knechten des Hoses umherzuschwenken, wurde eiligst abgemacht, die kranztragenden Mägde rasch beschenkt, durch eine Anweisung auf Bier und Brann- tewein für's Dorfwirthshaus so schnell als möglich beseitigt, und kaum waren die leicht Befriedigten fort- geschickt, als andere Musikanten, -- ob bessere? steht dahin, -- ihre widerspännstigen Geigen und Klari- netten ergriffen, den "herrschaftlichen Ball" zu eröffnen. Er war nun eben nicht sehr herrschaftlich, dieser Ball. Die Gesellschaft eine, gelind ausgedrückt, sehr gemischte, wie schon aus den uns bekannten Ein- leitungen für die Festlichkeit entnommen werden mag. Drei Figuren sind es, die sich ausnahmsweise hervor- thun, dem Ganzen einigen Glanz zu verleihen. Zuerst, wie billig, nennen wir die jüngste Tochter des Hauses. Ottilie, anspruchslos gekleidet, gewährte, ohne voll- kommen schön zu sein, einen angenehmen Anblick und benahm sich, wie man sich in der höheren Welt benimmt. Sie konnte nicht anders. Neben ihr zeigte sich Theodor als wohlerzogen und zierlich; nur daß er durch Hochmuth und gelangweilte Theilnahmlosig- keit, die er offen, ja absichtsvoll zur Schau trug, den günstigen Eindruck verdarb. Er konnte auch nicht anders.
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Ochſen-Knechten des Hoſes umherzuſchwenken, wurde eiligſt abgemacht, die kranztragenden Maͤgde raſch beſchenkt, durch eine Anweiſung auf Bier und Brann- tewein fuͤr’s Dorfwirthshaus ſo ſchnell als moͤglich beſeitigt, und kaum waren die leicht Befriedigten fort- geſchickt, als andere Muſikanten, — ob beſſere? ſteht dahin, — ihre widerſpaͤnnſtigen Geigen und Klari- netten ergriffen, den „herrſchaftlichen Ball“ zu eroͤffnen. Er war nun eben nicht ſehr herrſchaftlich, dieſer Ball. Die Geſellſchaft eine, gelind ausgedruͤckt, ſehr gemiſchte, wie ſchon aus den uns bekannten Ein- leitungen fuͤr die Feſtlichkeit entnommen werden mag. Drei Figuren ſind es, die ſich ausnahmsweiſe hervor- thun, dem Ganzen einigen Glanz zu verleihen. Zuerſt, wie billig, nennen wir die juͤngſte Tochter des Hauſes. Ottilie, anſpruchslos gekleidet, gewaͤhrte, ohne voll- kommen ſchoͤn zu ſein, einen angenehmen Anblick und benahm ſich, wie man ſich in der hoͤheren Welt benimmt. Sie konnte nicht anders. Neben ihr zeigte ſich Theodor als wohlerzogen und zierlich; nur daß er durch Hochmuth und gelangweilte Theilnahmloſig- keit, die er offen, ja abſichtsvoll zur Schau trug, den guͤnſtigen Eindruck verdarb. Er konnte auch nicht anders.
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Ochſen-Knechten des Hoſes umherzuſchwenken, wurde
eiligſt abgemacht, die kranztragenden Maͤgde raſch
beſchenkt, durch eine Anweiſung auf Bier und Brann-
tewein fuͤr’s Dorfwirthshaus ſo ſchnell als moͤglich
beſeitigt, und kaum waren die leicht Befriedigten fort-
geſchickt, als andere Muſikanten, — ob beſſere? ſteht
dahin, — ihre widerſpaͤnnſtigen Geigen und Klari-
netten ergriffen, den „herrſchaftlichen Ball“ zu
eroͤffnen. Er war nun eben nicht ſehr herrſchaftlich,
dieſer Ball. Die Geſellſchaft eine, gelind ausgedruͤckt,
ſehr gemiſchte, wie ſchon aus den uns bekannten Ein-
leitungen fuͤr die Feſtlichkeit entnommen werden mag.
Drei Figuren ſind es, die ſich ausnahmsweiſe hervor-
thun, dem Ganzen einigen Glanz zu verleihen. Zuerſt,
wie billig, nennen wir die juͤngſte Tochter des Hauſes.
Ottilie, anſpruchslos gekleidet, gewaͤhrte, ohne voll-
kommen ſchoͤn zu ſein, einen angenehmen Anblick und
benahm ſich, wie man ſich in der hoͤheren Welt
benimmt. Sie konnte nicht anders. Neben ihr zeigte
ſich Theodor als wohlerzogen und zierlich; nur daß
er durch Hochmuth und gelangweilte Theilnahmloſig-
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/147>, abgerufen am 22.11.2024.
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