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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852.

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ich es nicht wehren. Wir werden ja sehen, wohin
sie endlich führt? Und um dazu nach und nach zu
gelangen, bleibt uns nichts übrig, als das sechste
Kapitel zu beschließen.



Siebentes Kapitel.

Langweilige Tage sonder Lust und Freude. Anton ist fleißig, ohne zu wissen,
warum? Aus Tagen werden Wochen, bis die Erndte heran kommt. Komödian-
ten ziehen ein. Nasus verliebt sich.

Jch mag die vorräthigen Notizen, so den Stoff zu
dieser höchstwahrhaftigen, durch meine schwache Feder
auszuarbeitenden Lebensgeschichte liefern, nachdem
solche mit reinster Gewissenhaftigkeit zusammengestellt
wurden, durchmustern wie ich will, -- nichts findet
sich vor, unser siebentes Kapitel nur einigermaßen
wirksam zu beginnen; was doch schon der mystischen
Zahl Sieben zu Ehren, eben so wichtig, als nützlich
wäre. Die gewöhnlichsten Zustände laufen, einem
sommerlich ausgetrockneten Bache ähnlich, durch das
unerquickliche Bett des allergewöhnlichsten Daseins.
Und weil Anton, wenn ich mich so ausdrücken darf,
seither vom Baume der Erkenntniß naschet, geht ihm
jene kindliche Unbefangenheit verloren, welche sich mit

ich es nicht wehren. Wir werden ja ſehen, wohin
ſie endlich fuͤhrt? Und um dazu nach und nach zu
gelangen, bleibt uns nichts uͤbrig, als das ſechste
Kapitel zu beſchließen.



Siebentes Kapitel.

Langweilige Tage ſonder Luſt und Freude. Anton iſt fleißig, ohne zu wiſſen,
warum? Aus Tagen werden Wochen, bis die Erndte heran kommt. Komödian-
ten ziehen ein. Naſus verliebt ſich.

Jch mag die vorraͤthigen Notizen, ſo den Stoff zu
dieſer hoͤchſtwahrhaftigen, durch meine ſchwache Feder
auszuarbeitenden Lebensgeſchichte liefern, nachdem
ſolche mit reinſter Gewiſſenhaftigkeit zuſammengeſtellt
wurden, durchmuſtern wie ich will, — nichts findet
ſich vor, unſer ſiebentes Kapitel nur einigermaßen
wirkſam zu beginnen; was doch ſchon der myſtiſchen
Zahl Sieben zu Ehren, eben ſo wichtig, als nuͤtzlich
waͤre. Die gewoͤhnlichſten Zuſtaͤnde laufen, einem
ſommerlich ausgetrockneten Bache aͤhnlich, durch das
unerquickliche Bett des allergewoͤhnlichſten Daſeins.
Und weil Anton, wenn ich mich ſo ausdruͤcken darf,
ſeither vom Baume der Erkenntniß naſchet, geht ihm
jene kindliche Unbefangenheit verloren, welche ſich mit

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[85/0101] ich es nicht wehren. Wir werden ja ſehen, wohin ſie endlich fuͤhrt? Und um dazu nach und nach zu gelangen, bleibt uns nichts uͤbrig, als das ſechste Kapitel zu beſchließen. Siebentes Kapitel. Langweilige Tage ſonder Luſt und Freude. Anton iſt fleißig, ohne zu wiſſen, warum? Aus Tagen werden Wochen, bis die Erndte heran kommt. Komödian- ten ziehen ein. Naſus verliebt ſich. Jch mag die vorraͤthigen Notizen, ſo den Stoff zu dieſer hoͤchſtwahrhaftigen, durch meine ſchwache Feder auszuarbeitenden Lebensgeſchichte liefern, nachdem ſolche mit reinſter Gewiſſenhaftigkeit zuſammengeſtellt wurden, durchmuſtern wie ich will, — nichts findet ſich vor, unſer ſiebentes Kapitel nur einigermaßen wirkſam zu beginnen; was doch ſchon der myſtiſchen Zahl Sieben zu Ehren, eben ſo wichtig, als nuͤtzlich waͤre. Die gewoͤhnlichſten Zuſtaͤnde laufen, einem ſommerlich ausgetrockneten Bache aͤhnlich, durch das unerquickliche Bett des allergewoͤhnlichſten Daſeins. Und weil Anton, wenn ich mich ſo ausdruͤcken darf, ſeither vom Baume der Erkenntniß naſchet, geht ihm jene kindliche Unbefangenheit verloren, welche ſich mit

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/101>, abgerufen am 18.12.2024.