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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682.

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Zehenden Buchs/ Andrer Theil/ Seidenwürme.
[Spaltenumbruch] gleichsam eine Instruction der vor wenig Jahren und
bald auf die Orientalische Compagnie folgenden aufge-
richteten Seiden-Compagnia, welcher Vorhaben ist/
die Arbeit der Seiden-Wahren/ wie in Italia und
Franckreich gebräuchig/ auch schon vorher an etlichen
Orten in Teutschland geschehen/ in Oesterreich aufzu-
richten/ ja auch die meiste darzu bedörfftige Seiden/
selbst in unserm Vatterland zu zeugen; wie dann nun-
[Spaltenumbruch] mehr der Anfang mit zimlichen progreß gemacht ist/
auch zu hoffen/ es möchte mit der Zeit nicht mit wenigern
Nutzen und Einkommen/ das sonsten edle und fruchtbare
Land noch mehr bereichern.

Als habe ich nicht unterlassen können/ auch in die-
sem meinem vorhabenden Werck eines und das andere
beyzufügen/ damit ein vernünfftiger Hausvatter wissen
möchte/ wie er sich hierinnen zu verhalten hätte.

Cap. II.
Wie die Seidenwürm in unsere Europaeische Länder kommen sind.
[Spaltenumbruch]

DEr berühmte Griechische Historicus Joh. Zona-
ras,
der von Constantino Magno an/ biß auf die
Regierung Alexii Comneni geschrieben/ er-
zehlet Tom. 3. Histor. in Justiniani vita, daß die Grie-
chen von den Mönchen die Seidenwürme erstlich be-
kommen/ und die Kunst/ die Seiden zu wircken/ erlanget
hätten; diese Mönche wären aus India nach Constan-
tinopel
kommen/ von dem Ursprung dieses Wurms er-
zehlet/ und dabey versprochen hätten/ daß sie Seiden-
würm-Eyer oder Saamen mit sich bringen/ und wei-
sen wolten/ wie man sie brüten und aushecken/ und dar-
durch zum Besitz der schönen und theuren seidenen Zeuge
gelangen könte. Die habe Kayser Justinianus mit vie-
len Geschencken und noch mehrern Verheissungen dahin
vermögt/ daß sie diese Wurm-Eyer mit sich heraus ge-
bracht/ und in einem Mist ausgebrütet/ zu Würmen
gemacht/ ernährt/ auferzogen/ und die Seiden-Arbeit
also die Griechen und Römer gelehret haben.

Zwar wird wol des Serici auch bey den Alten ge-
dacht; Plinius aber hat vermeynt/ es sey eine Wolle/ die
von den Bäumen genommen wird/ wie es auch Virgi-
lius
bezeuget:

Quid Nemora AEthiopum molli canentia Lana
Velleraque ut foliis depectant tenuia Seres!

Deren auch Ovidius in seinem 15 Buch von den Ver-
wandlungen nicht undeutlich gedencket/ wann er also
sagt:

Quaeque solent canis frondes intexere filis
Agreftes tineae, res observata Colonis,
Fatali mutant cum papilione figuram.

Sie haben zwar etwas/ aber nicht alles gewust/ dessen
Ursach zweifelsohne/ weil sowol dieser Wurm/ als auch
der Maulbeerbaum zur selbigen Zeit sehr rar gewesen/
daher auch die aus India überbrachte seidene Zeuge so
theuer gewesen/ daß man Gold in gleichem Gewicht da-
für hat bezahlen müssen.

Petronius nennt sie Ventum textilem, weil es sei-
ner subtilen Leichtigkeit von den Winden leichtlich be-
wogen/ und Nebulam lineam, einen leinenen Nebel/
weil es mehr einem Nebel/ als einem Tuch/ zu verglei-
chen/ indem die Weibsbilder schier entblösset/ als durch
einen Nebel/ gesehen werden.

Jn Italia ist es zu Pancirolli Zeiten/ ohngefähr fünff-
zig Jahr vorhero/ also gemein worden/ daß allein der Ve-
nediger Gebiet Jährlich 500000/ und sein Vatterland
Reggio in Lombardia Jährlich auf 100000 Ducaten
durch dieses Gewerb erhalten; und noch viel mehr Ge-
winn haben die Sicilianer von diesem Seiden-Handel/
wie dann auch von der Stadt Palermo die erste Seiden
[Spaltenumbruch] durch etliche Leute/ so Rogerius im Krieg gefangen be-
kommen/ gewircket/ und also weiter bekannt gemacht
worden.

Jn Franckreich ist die Wissenschafft/ nach Herrn
de Serres Zeugnis/ zu Zeiten Caroli Octavi ankom-
men/ als er seinen Kriegs-Zug Anno 1494 in das Nea-
politanische Königreich verrichtet/ und theils von seinem
Adel den Reichthum dieses Seidenhandels vermerckt/
und den Lust darzu/ in ihr Vatterland mitgebracht hat-
ten/ ist von ihnen/ nach geendetem Jtaliänischen Kriegs-
wesen auf Napoli geschickt/ etliche weisse junge Maul-
beerbäum daselbst abgehohlt/ und erstlich in Provence,
wo es mit Dauphine gräntzet/ gepflantzet/ und von einer
Gegend in die andere gebracht worden. Von dannen
ist es in Holland kommen/ und sagt/ daß die Herzogin
von Arscott zu Leiden aus der Seidenwürmer Gespünft/
die sie selbst gehabt/ Kleider für sich und ihr Frauenzim-
mer/ mit Jedermanns Verwunderung/ machen lassen.
Der Unterscheid ist allein/ daß man an einem Ort früher/
an dem andern später/ die Seiden-Arbeit anfangen
kan; was aber hat das zu bedeuten/ wann gleich die Zeit
nach des Gewitters wärmerer oder kühlerer Constitu-
tion
unterschieden/ wann nur der Gewinn einerley und
gleich einträglich sich einstellet.

Henricus IV. der dapffere Kriegsheld/ hat diese
Wissenschafft in Franckreich wieder erneuret/ und un-
serm Herrn Olivier de Serres (des fürtrefflichen Histo-
rici Jean de Serres
Brudern) die Commission gegeben/
die Maulbeerbäume weiter in Franckreich zu pflantzen/
so er auch mit solchem Fleiß gethan/ daß An. 1601 in die 15
biß 20000 solche Bäume nach Paris in die Gärten des
Tuilleries
gesetzt/ und mit guten Glück aufgebracht
worden/ darauf hat der König Anno 1602/ durch gewisse
Commissarien/ mit den Kauffleuten tractiren und einen
Seidenhandel also aufrichten lassen/ damit sein gantzes
Königreich dessen geniessen konnte/ zu dem Ende er zu
Paris/ Orleans/ Tours und Lion Befehl ertheilet/ al-
lenthalben Maulbeerbäume zu zügeln. Und sagt Herr
de Serres/ diß sey so glücklich von statten gangen/ daß er
hoffe/ Franckreich würde in kurtzer Zeit/ über vier Mil-
lionen Gold ersparen können/ die sie jährlich um Er-
kauffung der seidenen Wahren an fremde ausländische
Ort spendiren müssen. Und habe Mons. Santot 1603 zu
Paris die ersten Werckstätte/ Seiden zu verfertigen und
zu wircken allda angestellet/ wie es der berühmte Histo-
ricus Thuanus lib.
129 bezeuget.

Und wie die AEmulation sonderlich in so nutzbaren und
Geld-eintragenden Wirthschafften sich bald einfindet;
also ist/ meines Erachtens/ aus unsern Teutschen Fürsten
der erste gewesen Fridericus Herzog zu Würtenberg/ ein

Lob-

Zehenden Buchs/ Andrer Theil/ Seidenwuͤrme.
[Spaltenumbruch] gleichſam eine Inſtruction der vor wenig Jahren und
bald auf die Orientaliſche Compagnie folgenden aufge-
richteten Seiden-Compagnia, welcher Vorhaben iſt/
die Arbeit der Seiden-Wahren/ wie in Italiâ und
Franckreich gebraͤuchig/ auch ſchon vorher an etlichen
Orten in Teutſchland geſchehen/ in Oeſterreich aufzu-
richten/ ja auch die meiſte darzu bedoͤrfftige Seiden/
ſelbſt in unſerm Vatterland zu zeugen; wie dann nun-
[Spaltenumbruch] mehr der Anfang mit zimlichen progreß gemacht iſt/
auch zu hoffen/ es moͤchte mit der Zeit nicht mit wenigern
Nutzen und Einkommen/ das ſonſten edle und fruchtbare
Land noch mehr bereichern.

Als habe ich nicht unterlaſſen koͤnnen/ auch in die-
ſem meinem vorhabenden Werck eines und das andere
beyzufuͤgen/ damit ein vernuͤnfftiger Hausvatter wiſſen
moͤchte/ wie er ſich hierinnen zu verhalten haͤtte.

Cap. II.
Wie die Seidenwuͤrm in unſere Europæiſche Laͤnder kommen ſind.
[Spaltenumbruch]

DEr beruͤhmte Griechiſche Hiſtoricus Joh. Zona-
ras,
der von Conſtantino Magno an/ biß auf die
Regierung Alexii Comneni geſchrieben/ er-
zehlet Tom. 3. Hiſtor. in Juſtiniani vitâ, daß die Grie-
chen von den Moͤnchen die Seidenwuͤrme erſtlich be-
kommen/ und die Kunſt/ die Seiden zu wircken/ erlanget
haͤtten; dieſe Moͤnche waͤren aus India nach Conſtan-
tinopel
kommen/ von dem Urſprung dieſes Wurms er-
zehlet/ und dabey verſprochen haͤtten/ daß ſie Seiden-
wuͤrm-Eyer oder Saamen mit ſich bringen/ und wei-
ſen wolten/ wie man ſie bruͤten und aushecken/ und dar-
durch zum Beſitz der ſchoͤnen und theuren ſeidenen Zeuge
gelangen koͤnte. Die habe Kayſer Juſtinianus mit vie-
len Geſchencken und noch mehrern Verheiſſungen dahin
vermoͤgt/ daß ſie dieſe Wurm-Eyer mit ſich heraus ge-
bracht/ und in einem Miſt ausgebruͤtet/ zu Wuͤrmen
gemacht/ ernaͤhrt/ auferzogen/ und die Seiden-Arbeit
alſo die Griechen und Roͤmer gelehret haben.

Zwar wird wol des Serici auch bey den Alten ge-
dacht; Plinius aber hat vermeynt/ es ſey eine Wolle/ die
von den Baͤumen genommen wird/ wie es auch Virgi-
lius
bezeuget:

Quid Nemora Æthiopum molli canentia Lanâ
Velleraquè ut foliis depectant tenuia Seres!

Deren auch Ovidius in ſeinem 15 Buch von den Ver-
wandlungen nicht undeutlich gedencket/ wann er alſo
ſagt:

Quæquè ſolent canis frondes intexere filis
Agreftes tineæ, res obſervata Colonis,
Fatali mutant cum papilione figuram.

Sie haben zwar etwas/ aber nicht alles gewuſt/ deſſen
Urſach zweifelsohne/ weil ſowol dieſer Wurm/ als auch
der Maulbeerbaum zur ſelbigen Zeit ſehr rar geweſen/
daher auch die aus India uͤberbrachte ſeidene Zeuge ſo
theuer geweſen/ daß man Gold in gleichem Gewicht da-
fuͤr hat bezahlen muͤſſen.

Petronius nennt ſie Ventum textilem, weil es ſei-
ner ſubtilen Leichtigkeit von den Winden leichtlich be-
wogen/ und Nebulam lineam, einen leinenen Nebel/
weil es mehr einem Nebel/ als einem Tuch/ zu verglei-
chen/ indem die Weibsbilder ſchier entbloͤſſet/ als durch
einen Nebel/ geſehen werden.

Jn Italiâ iſt es zu Pancirolli Zeiten/ ohngefaͤhr fuͤnff-
zig Jahr vorhero/ alſo gemein worden/ daß allein der Ve-
nediger Gebiet Jaͤhrlich 500000/ und ſein Vatterland
Reggio in Lombardia Jaͤhrlich auf 100000 Ducaten
durch dieſes Gewerb erhalten; und noch viel mehr Ge-
winn haben die Sicilianer von dieſem Seiden-Handel/
wie dann auch von der Stadt Palermo die erſte Seiden
[Spaltenumbruch] durch etliche Leute/ ſo Rogerius im Krieg gefangen be-
kommen/ gewircket/ und alſo weiter bekannt gemacht
worden.

Jn Franckreich iſt die Wiſſenſchafft/ nach Herrn
de Serres Zeugnis/ zu Zeiten Caroli Octavi ankom-
men/ als er ſeinen Kriegs-Zug Anno 1494 in das Nea-
politaniſche Koͤnigreich verrichtet/ und theils von ſeinem
Adel den Reichthum dieſes Seidenhandels vermerckt/
und den Luſt darzu/ in ihr Vatterland mitgebracht hat-
ten/ iſt von ihnen/ nach geendetem Jtaliaͤniſchen Kriegs-
weſen auf Napoli geſchickt/ etliche weiſſe junge Maul-
beerbaͤum daſelbſt abgehohlt/ und erſtlich in Provence,
wo es mit Dauphiné graͤntzet/ gepflantzet/ und von einer
Gegend in die andere gebracht worden. Von dannen
iſt es in Holland kommen/ und ſagt/ daß die Herzogin
von Arſcott zu Leiden aus der Seidenwuͤrmer Geſpuͤnft/
die ſie ſelbſt gehabt/ Kleider fuͤr ſich und ihr Frauenzim-
mer/ mit Jedermanns Verwunderung/ machen laſſen.
Der Unterſcheid iſt allein/ daß man an einem Ort fruͤher/
an dem andern ſpaͤter/ die Seiden-Arbeit anfangen
kan; was aber hat das zu bedeuten/ wann gleich die Zeit
nach des Gewitters waͤrmerer oder kuͤhlerer Conſtitu-
tion
unterſchieden/ wann nur der Gewinn einerley und
gleich eintraͤglich ſich einſtellet.

Henricus IV. der dapffere Kriegsheld/ hat dieſe
Wiſſenſchafft in Franckreich wieder erneuret/ und un-
ſerm Herꝛn Olivier de Serres (des fuͤrtrefflichen Hiſto-
rici Jean de Serres
Brudern) die Commiſſion gegeben/
die Maulbeerbaͤume weiter in Franckreich zu pflantzen/
ſo er auch mit ſolchem Fleiß gethan/ daß An. 1601 in die 15
biß 20000 ſolche Baͤume nach Paris in die Gaͤrten des
Tuilleries
geſetzt/ und mit guten Gluͤck aufgebracht
worden/ darauf hat der Koͤnig Anno 1602/ durch gewiſſe
Commiſſarien/ mit den Kauffleuten tractiren und einen
Seidenhandel alſo aufrichten laſſen/ damit ſein gantzes
Koͤnigreich deſſen genieſſen konnte/ zu dem Ende er zu
Paris/ Orleans/ Tours und Lion Befehl ertheilet/ al-
lenthalben Maulbeerbaͤume zu zuͤgeln. Und ſagt Herꝛ
de Serres/ diß ſey ſo gluͤcklich von ſtatten gangen/ daß er
hoffe/ Franckreich wuͤrde in kurtzer Zeit/ uͤber vier Mil-
lionen Gold erſparen koͤnnen/ die ſie jaͤhrlich um Er-
kauffung der ſeidenen Wahren an fremde auslaͤndiſche
Ort ſpendiren muͤſſen. Und habe Monſ. Santot 1603 zu
Paris die erſten Werckſtaͤtte/ Seiden zu verfertigen und
zu wircken allda angeſtellet/ wie es der beruͤhmte Hiſto-
ricus Thuanus lib.
129 bezeuget.

Und wie die Æmulation ſonderlich in ſo nutzbaren und
Geld-eintragenden Wirthſchafften ſich bald einfindet;
alſo iſt/ meines Erachtens/ aus unſern Teutſchen Fuͤrſten
der erſte geweſen Fridericus Herzog zu Wuͤrtenberg/ ein

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[407/0425] Zehenden Buchs/ Andrer Theil/ Seidenwuͤrme. gleichſam eine Inſtruction der vor wenig Jahren und bald auf die Orientaliſche Compagnie folgenden aufge- richteten Seiden-Compagnia, welcher Vorhaben iſt/ die Arbeit der Seiden-Wahren/ wie in Italiâ und Franckreich gebraͤuchig/ auch ſchon vorher an etlichen Orten in Teutſchland geſchehen/ in Oeſterreich aufzu- richten/ ja auch die meiſte darzu bedoͤrfftige Seiden/ ſelbſt in unſerm Vatterland zu zeugen; wie dann nun- mehr der Anfang mit zimlichen progreß gemacht iſt/ auch zu hoffen/ es moͤchte mit der Zeit nicht mit wenigern Nutzen und Einkommen/ das ſonſten edle und fruchtbare Land noch mehr bereichern. Als habe ich nicht unterlaſſen koͤnnen/ auch in die- ſem meinem vorhabenden Werck eines und das andere beyzufuͤgen/ damit ein vernuͤnfftiger Hausvatter wiſſen moͤchte/ wie er ſich hierinnen zu verhalten haͤtte. Cap. II. Wie die Seidenwuͤrm in unſere Europæiſche Laͤnder kommen ſind. DEr beruͤhmte Griechiſche Hiſtoricus Joh. Zona- ras, der von Conſtantino Magno an/ biß auf die Regierung Alexii Comneni geſchrieben/ er- zehlet Tom. 3. Hiſtor. in Juſtiniani vitâ, daß die Grie- chen von den Moͤnchen die Seidenwuͤrme erſtlich be- kommen/ und die Kunſt/ die Seiden zu wircken/ erlanget haͤtten; dieſe Moͤnche waͤren aus India nach Conſtan- tinopel kommen/ von dem Urſprung dieſes Wurms er- zehlet/ und dabey verſprochen haͤtten/ daß ſie Seiden- wuͤrm-Eyer oder Saamen mit ſich bringen/ und wei- ſen wolten/ wie man ſie bruͤten und aushecken/ und dar- durch zum Beſitz der ſchoͤnen und theuren ſeidenen Zeuge gelangen koͤnte. Die habe Kayſer Juſtinianus mit vie- len Geſchencken und noch mehrern Verheiſſungen dahin vermoͤgt/ daß ſie dieſe Wurm-Eyer mit ſich heraus ge- bracht/ und in einem Miſt ausgebruͤtet/ zu Wuͤrmen gemacht/ ernaͤhrt/ auferzogen/ und die Seiden-Arbeit alſo die Griechen und Roͤmer gelehret haben. Zwar wird wol des Serici auch bey den Alten ge- dacht; Plinius aber hat vermeynt/ es ſey eine Wolle/ die von den Baͤumen genommen wird/ wie es auch Virgi- lius bezeuget: Quid Nemora Æthiopum molli canentia Lanâ Velleraquè ut foliis depectant tenuia Seres! Deren auch Ovidius in ſeinem 15 Buch von den Ver- wandlungen nicht undeutlich gedencket/ wann er alſo ſagt: Quæquè ſolent canis frondes intexere filis Agreftes tineæ, res obſervata Colonis, Fatali mutant cum papilione figuram. Sie haben zwar etwas/ aber nicht alles gewuſt/ deſſen Urſach zweifelsohne/ weil ſowol dieſer Wurm/ als auch der Maulbeerbaum zur ſelbigen Zeit ſehr rar geweſen/ daher auch die aus India uͤberbrachte ſeidene Zeuge ſo theuer geweſen/ daß man Gold in gleichem Gewicht da- fuͤr hat bezahlen muͤſſen. Petronius nennt ſie Ventum textilem, weil es ſei- ner ſubtilen Leichtigkeit von den Winden leichtlich be- wogen/ und Nebulam lineam, einen leinenen Nebel/ weil es mehr einem Nebel/ als einem Tuch/ zu verglei- chen/ indem die Weibsbilder ſchier entbloͤſſet/ als durch einen Nebel/ geſehen werden. Jn Italiâ iſt es zu Pancirolli Zeiten/ ohngefaͤhr fuͤnff- zig Jahr vorhero/ alſo gemein worden/ daß allein der Ve- nediger Gebiet Jaͤhrlich 500000/ und ſein Vatterland Reggio in Lombardia Jaͤhrlich auf 100000 Ducaten durch dieſes Gewerb erhalten; und noch viel mehr Ge- winn haben die Sicilianer von dieſem Seiden-Handel/ wie dann auch von der Stadt Palermo die erſte Seiden durch etliche Leute/ ſo Rogerius im Krieg gefangen be- kommen/ gewircket/ und alſo weiter bekannt gemacht worden. Jn Franckreich iſt die Wiſſenſchafft/ nach Herrn de Serres Zeugnis/ zu Zeiten Caroli Octavi ankom- men/ als er ſeinen Kriegs-Zug Anno 1494 in das Nea- politaniſche Koͤnigreich verrichtet/ und theils von ſeinem Adel den Reichthum dieſes Seidenhandels vermerckt/ und den Luſt darzu/ in ihr Vatterland mitgebracht hat- ten/ iſt von ihnen/ nach geendetem Jtaliaͤniſchen Kriegs- weſen auf Napoli geſchickt/ etliche weiſſe junge Maul- beerbaͤum daſelbſt abgehohlt/ und erſtlich in Provence, wo es mit Dauphiné graͤntzet/ gepflantzet/ und von einer Gegend in die andere gebracht worden. Von dannen iſt es in Holland kommen/ und ſagt/ daß die Herzogin von Arſcott zu Leiden aus der Seidenwuͤrmer Geſpuͤnft/ die ſie ſelbſt gehabt/ Kleider fuͤr ſich und ihr Frauenzim- mer/ mit Jedermanns Verwunderung/ machen laſſen. Der Unterſcheid iſt allein/ daß man an einem Ort fruͤher/ an dem andern ſpaͤter/ die Seiden-Arbeit anfangen kan; was aber hat das zu bedeuten/ wann gleich die Zeit nach des Gewitters waͤrmerer oder kuͤhlerer Conſtitu- tion unterſchieden/ wann nur der Gewinn einerley und gleich eintraͤglich ſich einſtellet. Henricus IV. der dapffere Kriegsheld/ hat dieſe Wiſſenſchafft in Franckreich wieder erneuret/ und un- ſerm Herꝛn Olivier de Serres (des fuͤrtrefflichen Hiſto- rici Jean de Serres Brudern) die Commiſſion gegeben/ die Maulbeerbaͤume weiter in Franckreich zu pflantzen/ ſo er auch mit ſolchem Fleiß gethan/ daß An. 1601 in die 15 biß 20000 ſolche Baͤume nach Paris in die Gaͤrten des Tuilleries geſetzt/ und mit guten Gluͤck aufgebracht worden/ darauf hat der Koͤnig Anno 1602/ durch gewiſſe Commiſſarien/ mit den Kauffleuten tractiren und einen Seidenhandel alſo aufrichten laſſen/ damit ſein gantzes Koͤnigreich deſſen genieſſen konnte/ zu dem Ende er zu Paris/ Orleans/ Tours und Lion Befehl ertheilet/ al- lenthalben Maulbeerbaͤume zu zuͤgeln. Und ſagt Herꝛ de Serres/ diß ſey ſo gluͤcklich von ſtatten gangen/ daß er hoffe/ Franckreich wuͤrde in kurtzer Zeit/ uͤber vier Mil- lionen Gold erſparen koͤnnen/ die ſie jaͤhrlich um Er- kauffung der ſeidenen Wahren an fremde auslaͤndiſche Ort ſpendiren muͤſſen. Und habe Monſ. Santot 1603 zu Paris die erſten Werckſtaͤtte/ Seiden zu verfertigen und zu wircken allda angeſtellet/ wie es der beruͤhmte Hiſto- ricus Thuanus lib. 129 bezeuget. Und wie die Æmulation ſonderlich in ſo nutzbaren und Geld-eintragenden Wirthſchafften ſich bald einfindet; alſo iſt/ meines Erachtens/ aus unſern Teutſchen Fuͤrſten der erſte geweſen Fridericus Herzog zu Wuͤrtenberg/ ein Lob-

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Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica02_1682/425>, abgerufen am 20.11.2024.