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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682.

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Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Spaltenumbruch] derlich wo sie an Hungarn angräntzen/ ein fürtreffliches/
berühmtes und allenthalben wolbekanntes Gewächse/ zu
grossem Nutz der Jnnwohner geben/ indem sie bey guten
Jahren so gut und überflüssig wachsen/ daß offtermals
Fässer ermangeln/ solche einzufüllen.

Nicht weniger gibts auch um Retz/ Pulcka/ Retz-
bach/ Polstooff und der Orten/ starcke und kräfftige
Wein/ sonderlich wann sie abgelegen/ die aber meistes-
theils in Böhmen und Märhen verführet werden. Wie
auch der gantze Thonau-Strom von Jpps und Krembs
aus/ biß nach Wien und Preßburg etliche zwantzig Meil
wegs lang/ auf beeden Seiten/ nicht allein mit liebli-
chen Gärten/ Fruchtbringenden Feldern/ lustigen Auen/
und nutzbaren Weyden/ sondern auch mit den schönsten
und trächtigsten Weingebürgen bekrönet; von Vieh-
zucht/ Trayd- und Wein-Wachs Jährlich ein reiches
und überflüssiges Einkommen zu tragen pfleget.

Zu Varronis Zeiten sind weder in Teutschland noch
Franckreich Weinberge gewesen/ itzt aber ist die Do-
nau/ der Mayn/ der Rhein/ die Mosel und der Neccar/
damit überflüssig versehen. Wie aber und zu welcher
Zeit der Wein-Wachs in Oesterreich und ins gantze
Teutschland kommen/ ist leichtlich zu errahten/ daß es
durch die Römer/ die vor alten Zeiten ihre Colonias und
Besatzungen hin und wieder gehabt/ geschehen/ und die
Reben aus Jtalien in Friaul, von dar in Steyr/ Hun-
garn und Oesterreich/ und so fort durch gantz Teutsch-
land/ (wo es anders des Himmels und der Erden ge-
deyliche Einstimmung zugeben wollen/) ausgebreitet.
Wie in die Ost- und West-Jndianische Provintzen/
nunmehr aller ley von unsern Gewächsen von den See-
fahrenden Europaeern so wol hinein/ als von den Jhrigen
Fremden zu uns heraus geführt und gepflantzet worden
sind. Und wiewol viel der Meynung sind/ die Weingart-
Arbeit seye diejenige/ welche ihrem Herrn den Unkosten
am wenigsten bezahle/ und am öfftersten die Hoffnung
betriege/ so ist doch dißfalls ein gewisser Unterschied zu
[Spaltenumbruch] machen/ und erstlich/ wann der Grund nicht wol gear-
tet/ und die Lufft nicht darzu dienlich ist/ daher auch der
Wein entweder nicht wol gerahten/ oder doch schlecht
und sauer werden muß; Da ist freylich nicht zu rahten/
so viel Mühe und Unkosten anzuwenden/ da die Unmög-
lichkeit der Natur die Vergeltung hindert und zunichte
macht. Wo aber der Grund gut/ das Wetter leident-
lich/ und der Situs wol gelegen; da muß der Mangel
entweder herrühren/ daß man nicht rechte trächtige Re-
ben hat/ oder daß man deren nicht mit gebührendem Fleiß
wartet. Wo aber alles miteinander wol correspondirt,
so ist versichert der Weinbau eines von denen Sachen/ die
am meisten in der Wirthschafft eintragen/ und ihren
Platz/ samt denen darauf angewandten Unkosten/ Mü-
he und Arbeit/ wol bezahlen. Nicht rede ich von denen
dürfftigen und armen Hauß-Wirthen/ die/ aus Mangel
der Lebens-Mittel/ so bald der Most in den Keller ge-
bracht worden/ solchen alsobald verkauffen.

Wer aber die Wein/ die sich gerne vierdigen las-
sen/ und viel Jahr bleiben/ zur Zeit eines guten Wein-
Jahrs kan beysammen halten; einen tauglichen kalten
Keller hat/ sauber und aufsichtig darmit umgehet/ der
kan ihn so lang ligen lassen/ biß der Wein einmal in gu-
ten Werth kommt; und alsdann eine grosse Summa
miteinander darum einnehmen.

Wer von der Weingebürge nützlichen Fruchtbar-
keit will lesen/ der lese den alten Columellam lib. 3.
cap.
3. daß nach Catonis und Varronis Zeiten ein vier-
tel Weingarten 300 Eimer Wein gegeben/ und daß
noch zu seiner Zeit des Senecae Weinberg ein Viertel
160 Eimer; Ja daß es in seinem des Columellae eignen
Weingarten geschehen ist/ daß an einem Hecken-Stock
über 2000 Trauben gehangen haben/ sagt auch/ Er ha-
be 80 Stöcke/ die innerhalb zweyen Jahren 140 Eimer
Weins gebracht/ und Plinius setzt einen grossen Cata-
logum
derjenigen/ die ihrer Weingärten mit grossem
Nutzen gebauet haben.

Cap. II.
Warum das Weingebäu itzo nicht so hoch/ als bey den
Alten/ kommet.
[Spaltenumbruch]
WEr des Jtaliänischen Sprichwortes Krafft und
Eigenschafft verstehet/ wann sie sagen: Chi
vuole, vada, chi non vuole, manda,
der
wird leicht aufhören/ sich deßwegen zu verwundern. Jn-
dem die alten Weingarts-Jnnhaber sich selbst auf die
Reben verstanden/ wo nicht selbst mit Hand angelegt/
doch zum wenigsten ihren Arbeitern gute Anleitung und
Unterweisung geben können/ wie sie alles zu rechter Zeit/
und mit besserer Vernunfft angreiffen möchten; Da
hingegen itzt die wenigsten Herren/ so die meisten Wein-
berge besitzen/ das geringste davon verstehen/ oder zu ler-
nen begehren; sondern sich allein auf ihrer Weinziedel
ungewisse und zweiffelhaffte Versorgung und Treu ver-
lassen; welche/ mit Ersparung und Vernachlässigung
der erforderten Arbeiten/ nichts desto weniger die Unko-
sten verdoppeln/ der Reben übel warten/ die Wein-
berge in Abbau bringen/ und den Herren/ an statt ver-
hofften Genusses/ mit Schaden und Schulden belä-
stigen.
2. Weil man ins gemein sich selbsten überredet/ der
[Spaltenumbruch] schlechteste/ untauglichste Grund/ der weder Korn/
noch Gras/ noch Bäume trägt/ sey schon dienlich/ einen
Weinberg anzurichten/ da doch die Erkanntnus des
Grundes das vornehmste Stuck ist/ darauf man seine
Anstalt fussen solle. Jndem ein Erdreich/ das von sich
selbst weder Gras noch Kräuter trägt/ die Anzeigung
gibt/ daß ihre Schoß gantz erkaltet/ von widerwärtigen
mineralischen schädlichen Vermischungen an der Tracht
verhindert seye/ folgends auch die Reben allda nimmer-
mehr gedeyen/ oder da sie schon aufkommen/ doch ge-
ring und kleinwächsig bleiben/ und wenige den Unkosten
niemal vergeltende Früchte bringen können.
3. Jst man auch zu nachlässig/ entweder um gute
Reben/ oder rechte früchtige Arten zu trachten/ weil
nicht alle Stöcke an allen Orten gleich gerahten/ daher
ein fleissiger Haußvatter wol umzusehen/ was für Art/
in seiner Gegend an Güte und Fruchtbarkeit/ die andern
übertreffe/ solche ihm bey rechter Zeit zu bestellen/ und
soll dißfalls keinen Unkosten ansehen/ weil dieses das
Fundament der gantzen Wein-Wirthschafft ist/ und
wann

Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Spaltenumbruch] derlich wo ſie an Hungarn angraͤntzen/ ein fuͤrtreffliches/
beruͤhmtes und allenthalben wolbekanntes Gewaͤchſe/ zu
groſſem Nutz der Jnnwohner geben/ indem ſie bey guten
Jahren ſo gut und uͤberfluͤſſig wachſen/ daß offtermals
Faͤſſer ermangeln/ ſolche einzufuͤllen.

Nicht weniger gibts auch um Retz/ Pulcka/ Retz-
bach/ Polſtooff und der Orten/ ſtarcke und kraͤfftige
Wein/ ſonderlich wann ſie abgelegen/ die aber meiſtes-
theils in Boͤhmen und Maͤrhen verfuͤhret werden. Wie
auch der gantze Thonau-Strom von Jpps und Krembs
aus/ biß nach Wien und Preßburg etliche zwantzig Meil
wegs lang/ auf beeden Seiten/ nicht allein mit liebli-
chen Gaͤrten/ Fruchtbringenden Feldern/ luſtigen Auen/
und nutzbaren Weyden/ ſondern auch mit den ſchoͤnſten
und traͤchtigſten Weingebuͤrgen bekroͤnet; von Vieh-
zucht/ Trayd- und Wein-Wachs Jaͤhrlich ein reiches
und uͤberfluͤſſiges Einkommen zu tragen pfleget.

Zu Varronis Zeiten ſind weder in Teutſchland noch
Franckreich Weinberge geweſen/ itzt aber iſt die Do-
nau/ der Mayn/ der Rhein/ die Moſel und der Neccar/
damit uͤberfluͤſſig verſehen. Wie aber und zu welcher
Zeit der Wein-Wachs in Oeſterreich und ins gantze
Teutſchland kommen/ iſt leichtlich zu errahten/ daß es
durch die Roͤmer/ die vor alten Zeiten ihre Colonias und
Beſatzungen hin und wieder gehabt/ geſchehen/ und die
Reben aus Jtalien in Friaul, von dar in Steyr/ Hun-
garn und Oeſterreich/ und ſo fort durch gantz Teutſch-
land/ (wo es anders des Himmels und der Erden ge-
deyliche Einſtimmung zugeben wollen/) ausgebreitet.
Wie in die Oſt- und Weſt-Jndianiſche Provintzen/
nunmehr aller ley von unſern Gewaͤchſen von den See-
fahrenden Europæern ſo wol hinein/ als von den Jhrigen
Fremden zu uns heraus gefuͤhrt und gepflantzet worden
ſind. Und wiewol viel der Meynung ſind/ die Weingart-
Arbeit ſeye diejenige/ welche ihrem Herrn den Unkoſten
am wenigſten bezahle/ und am oͤffterſten die Hoffnung
betriege/ ſo iſt doch dißfalls ein gewiſſer Unterſchied zu
[Spaltenumbruch] machen/ und erſtlich/ wann der Grund nicht wol gear-
tet/ und die Lufft nicht darzu dienlich iſt/ daher auch der
Wein entweder nicht wol gerahten/ oder doch ſchlecht
und ſauer werden muß; Da iſt freylich nicht zu rahten/
ſo viel Muͤhe und Unkoſten anzuwenden/ da die Unmoͤg-
lichkeit der Natur die Vergeltung hindert und zunichte
macht. Wo aber der Grund gut/ das Wetter leident-
lich/ und der Situs wol gelegen; da muß der Mangel
entweder herruͤhren/ daß man nicht rechte traͤchtige Re-
ben hat/ oder daß man deren nicht mit gebuͤhrendem Fleiß
wartet. Wo aber alles miteinander wol correſpondirt,
ſo iſt verſichert der Weinbau eines von denẽ Sachen/ die
am meiſten in der Wirthſchafft eintragen/ und ihren
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he und Arbeit/ wol bezahlen. Nicht rede ich von denen
duͤrfftigen und armen Hauß-Wirthen/ die/ aus Mangel
der Lebens-Mittel/ ſo bald der Moſt in den Keller ge-
bracht worden/ ſolchen alſobald verkauffen.

Wer aber die Wein/ die ſich gerne vierdigen laſ-
ſen/ und viel Jahr bleiben/ zur Zeit eines guten Wein-
Jahrs kan beyſammen halten; einen tauglichen kalten
Keller hat/ ſauber und aufſichtig darmit umgehet/ der
kan ihn ſo lang ligen laſſen/ biß der Wein einmal in gu-
ten Werth kommt; und alsdann eine groſſe Summa
miteinander darum einnehmen.

Wer von der Weingebuͤrge nuͤtzlichen Fruchtbar-
keit will leſen/ der leſe den alten Columellam lib. 3.
cap.
3. daß nach Catonis und Varronis Zeiten ein vier-
tel Weingarten 300 Eimer Wein gegeben/ und daß
noch zu ſeiner Zeit des Senecæ Weinberg ein Viertel
160 Eimer; Ja daß es in ſeinem des Columellæ eignen
Weingarten geſchehen iſt/ daß an einem Hecken-Stock
uͤber 2000 Trauben gehangen haben/ ſagt auch/ Er ha-
be 80 Stoͤcke/ die innerhalb zweyen Jahren 140 Eimer
Weins gebracht/ und Plinius ſetzt einen groſſen Cata-
logum
derjenigen/ die ihrer Weingaͤrten mit groſſem
Nutzen gebauet haben.

Cap. II.
Warum das Weingebaͤu itzo nicht ſo hoch/ als bey den
Alten/ kommet.
[Spaltenumbruch]
WEr des Jtaliaͤniſchen Sprichwortes Krafft und
Eigenſchafft verſtehet/ wann ſie ſagen: Chi
vuole, vada, chi non vuole, manda,
der
wird leicht aufhoͤren/ ſich deßwegen zu verwundern. Jn-
dem die alten Weingarts-Jnnhaber ſich ſelbſt auf die
Reben verſtanden/ wo nicht ſelbſt mit Hand angelegt/
doch zum wenigſten ihren Arbeitern gute Anleitung und
Unterweiſung geben koͤnnen/ wie ſie alles zu rechter Zeit/
und mit beſſerer Vernunfft angreiffen moͤchten; Da
hingegen itzt die wenigſten Herren/ ſo die meiſten Wein-
berge beſitzen/ das geringſte davon verſtehen/ oder zu ler-
nen begehren; ſondern ſich allein auf ihrer Weinziedel
ungewiſſe und zweiffelhaffte Verſorgung und Treu ver-
laſſen; welche/ mit Erſparung und Vernachlaͤſſigung
der erforderten Arbeiten/ nichts deſto weniger die Unko-
ſten verdoppeln/ der Reben uͤbel warten/ die Wein-
berge in Abbau bringen/ und den Herren/ an ſtatt ver-
hofften Genuſſes/ mit Schaden und Schulden belaͤ-
ſtigen.
2. Weil man ins gemein ſich ſelbſten uͤberredet/ der
[Spaltenumbruch] ſchlechteſte/ untauglichſte Grund/ der weder Korn/
noch Gras/ noch Baͤume traͤgt/ ſey ſchon dienlich/ einen
Weinberg anzurichten/ da doch die Erkanntnus des
Grundes das vornehmſte Stuck iſt/ darauf man ſeine
Anſtalt fuſſen ſolle. Jndem ein Erdreich/ das von ſich
ſelbſt weder Gras noch Kraͤuter traͤgt/ die Anzeigung
gibt/ daß ihre Schoß gantz erkaltet/ von widerwaͤrtigen
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verhindert ſeye/ folgends auch die Reben allda nimmer-
mehr gedeyen/ oder da ſie ſchon aufkommen/ doch ge-
ring und kleinwaͤchſig bleiben/ und wenige den Unkoſten
niemal vergeltende Fruͤchte bringen koͤnnen.
3. Jſt man auch zu nachlaͤſſig/ entweder um gute
Reben/ oder rechte fruͤchtige Arten zu trachten/ weil
nicht alle Stoͤcke an allen Orten gleich gerahten/ daher
ein fleiſſiger Haußvatter wol umzuſehen/ was fuͤr Art/
in ſeiner Gegend an Guͤte und Fruchtbarkeit/ die andern
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[330/0348] Des Adelichen Land- und Feld-Lebens derlich wo ſie an Hungarn angraͤntzen/ ein fuͤrtreffliches/ beruͤhmtes und allenthalben wolbekanntes Gewaͤchſe/ zu groſſem Nutz der Jnnwohner geben/ indem ſie bey guten Jahren ſo gut und uͤberfluͤſſig wachſen/ daß offtermals Faͤſſer ermangeln/ ſolche einzufuͤllen. Nicht weniger gibts auch um Retz/ Pulcka/ Retz- bach/ Polſtooff und der Orten/ ſtarcke und kraͤfftige Wein/ ſonderlich wann ſie abgelegen/ die aber meiſtes- theils in Boͤhmen und Maͤrhen verfuͤhret werden. Wie auch der gantze Thonau-Strom von Jpps und Krembs aus/ biß nach Wien und Preßburg etliche zwantzig Meil wegs lang/ auf beeden Seiten/ nicht allein mit liebli- chen Gaͤrten/ Fruchtbringenden Feldern/ luſtigen Auen/ und nutzbaren Weyden/ ſondern auch mit den ſchoͤnſten und traͤchtigſten Weingebuͤrgen bekroͤnet; von Vieh- zucht/ Trayd- und Wein-Wachs Jaͤhrlich ein reiches und uͤberfluͤſſiges Einkommen zu tragen pfleget. Zu Varronis Zeiten ſind weder in Teutſchland noch Franckreich Weinberge geweſen/ itzt aber iſt die Do- nau/ der Mayn/ der Rhein/ die Moſel und der Neccar/ damit uͤberfluͤſſig verſehen. Wie aber und zu welcher Zeit der Wein-Wachs in Oeſterreich und ins gantze Teutſchland kommen/ iſt leichtlich zu errahten/ daß es durch die Roͤmer/ die vor alten Zeiten ihre Colonias und Beſatzungen hin und wieder gehabt/ geſchehen/ und die Reben aus Jtalien in Friaul, von dar in Steyr/ Hun- garn und Oeſterreich/ und ſo fort durch gantz Teutſch- land/ (wo es anders des Himmels und der Erden ge- deyliche Einſtimmung zugeben wollen/) ausgebreitet. Wie in die Oſt- und Weſt-Jndianiſche Provintzen/ nunmehr aller ley von unſern Gewaͤchſen von den See- fahrenden Europæern ſo wol hinein/ als von den Jhrigen Fremden zu uns heraus gefuͤhrt und gepflantzet worden ſind. Und wiewol viel der Meynung ſind/ die Weingart- Arbeit ſeye diejenige/ welche ihrem Herrn den Unkoſten am wenigſten bezahle/ und am oͤffterſten die Hoffnung betriege/ ſo iſt doch dißfalls ein gewiſſer Unterſchied zu machen/ und erſtlich/ wann der Grund nicht wol gear- tet/ und die Lufft nicht darzu dienlich iſt/ daher auch der Wein entweder nicht wol gerahten/ oder doch ſchlecht und ſauer werden muß; Da iſt freylich nicht zu rahten/ ſo viel Muͤhe und Unkoſten anzuwenden/ da die Unmoͤg- lichkeit der Natur die Vergeltung hindert und zunichte macht. Wo aber der Grund gut/ das Wetter leident- lich/ und der Situs wol gelegen; da muß der Mangel entweder herruͤhren/ daß man nicht rechte traͤchtige Re- ben hat/ oder daß man deren nicht mit gebuͤhrendem Fleiß wartet. Wo aber alles miteinander wol correſpondirt, ſo iſt verſichert der Weinbau eines von denẽ Sachen/ die am meiſten in der Wirthſchafft eintragen/ und ihren Platz/ ſamt denen darauf angewandten Unkoſten/ Muͤ- he und Arbeit/ wol bezahlen. Nicht rede ich von denen duͤrfftigen und armen Hauß-Wirthen/ die/ aus Mangel der Lebens-Mittel/ ſo bald der Moſt in den Keller ge- bracht worden/ ſolchen alſobald verkauffen. Wer aber die Wein/ die ſich gerne vierdigen laſ- ſen/ und viel Jahr bleiben/ zur Zeit eines guten Wein- Jahrs kan beyſammen halten; einen tauglichen kalten Keller hat/ ſauber und aufſichtig darmit umgehet/ der kan ihn ſo lang ligen laſſen/ biß der Wein einmal in gu- ten Werth kommt; und alsdann eine groſſe Summa miteinander darum einnehmen. Wer von der Weingebuͤrge nuͤtzlichen Fruchtbar- keit will leſen/ der leſe den alten Columellam lib. 3. cap. 3. daß nach Catonis und Varronis Zeiten ein vier- tel Weingarten 300 Eimer Wein gegeben/ und daß noch zu ſeiner Zeit des Senecæ Weinberg ein Viertel 160 Eimer; Ja daß es in ſeinem des Columellæ eignen Weingarten geſchehen iſt/ daß an einem Hecken-Stock uͤber 2000 Trauben gehangen haben/ ſagt auch/ Er ha- be 80 Stoͤcke/ die innerhalb zweyen Jahren 140 Eimer Weins gebracht/ und Plinius ſetzt einen groſſen Cata- logum derjenigen/ die ihrer Weingaͤrten mit groſſem Nutzen gebauet haben. Cap. II. Warum das Weingebaͤu itzo nicht ſo hoch/ als bey den Alten/ kommet. WEr des Jtaliaͤniſchen Sprichwortes Krafft und Eigenſchafft verſtehet/ wann ſie ſagen: Chi vuole, vada, chi non vuole, manda, der wird leicht aufhoͤren/ ſich deßwegen zu verwundern. Jn- dem die alten Weingarts-Jnnhaber ſich ſelbſt auf die Reben verſtanden/ wo nicht ſelbſt mit Hand angelegt/ doch zum wenigſten ihren Arbeitern gute Anleitung und Unterweiſung geben koͤnnen/ wie ſie alles zu rechter Zeit/ und mit beſſerer Vernunfft angreiffen moͤchten; Da hingegen itzt die wenigſten Herren/ ſo die meiſten Wein- berge beſitzen/ das geringſte davon verſtehen/ oder zu ler- nen begehren; ſondern ſich allein auf ihrer Weinziedel ungewiſſe und zweiffelhaffte Verſorgung und Treu ver- laſſen; welche/ mit Erſparung und Vernachlaͤſſigung der erforderten Arbeiten/ nichts deſto weniger die Unko- ſten verdoppeln/ der Reben uͤbel warten/ die Wein- berge in Abbau bringen/ und den Herren/ an ſtatt ver- hofften Genuſſes/ mit Schaden und Schulden belaͤ- ſtigen. 2. Weil man ins gemein ſich ſelbſten uͤberredet/ der ſchlechteſte/ untauglichſte Grund/ der weder Korn/ noch Gras/ noch Baͤume traͤgt/ ſey ſchon dienlich/ einen Weinberg anzurichten/ da doch die Erkanntnus des Grundes das vornehmſte Stuck iſt/ darauf man ſeine Anſtalt fuſſen ſolle. Jndem ein Erdreich/ das von ſich ſelbſt weder Gras noch Kraͤuter traͤgt/ die Anzeigung gibt/ daß ihre Schoß gantz erkaltet/ von widerwaͤrtigen mineraliſchen ſchaͤdlichen Vermiſchungen an der Tracht verhindert ſeye/ folgends auch die Reben allda nimmer- mehr gedeyen/ oder da ſie ſchon aufkommen/ doch ge- ring und kleinwaͤchſig bleiben/ und wenige den Unkoſten niemal vergeltende Fruͤchte bringen koͤnnen. 3. Jſt man auch zu nachlaͤſſig/ entweder um gute Reben/ oder rechte fruͤchtige Arten zu trachten/ weil nicht alle Stoͤcke an allen Orten gleich gerahten/ daher ein fleiſſiger Haußvatter wol umzuſehen/ was fuͤr Art/ in ſeiner Gegend an Guͤte und Fruchtbarkeit/ die andern uͤbertreffe/ ſolche ihm bey rechter Zeit zu beſtellen/ und ſoll dißfalls keinen Unkoſten anſehen/ weil dieſes das Fundament der gantzen Wein-Wirthſchafft iſt/ und wann

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Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682/348>, abgerufen am 20.11.2024.